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Grablichter - Almstädt, E: Grablichter

Grablichter - Almstädt, E: Grablichter

Titel: Grablichter - Almstädt, E: Grablichter
Autoren: Eva Almstädt
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hinunter und zog die Bodenluke wieder zu. Als sie zu dritt in dem kleinen Vorraum standen, roch Pia Rauch. »Haben Sie den Heizlüfter in der Küche angelassen?«
    »Wieso?« Die Mühlberg betastete mit schmerzverzerrtem Gesicht ihr Schultergelenk.
    Jetzt wurde auch Gerlach auf den Geruch aufmerksam. Er ging zu der schmalen Tür, die zum Flur führte. »Es riecht verbrannt«, stellte er fest.
    In diesem Moment sahen sie auch schon den Rauch, der sich über den Galeriegang ausbreitete.
    »Verdammt! Mach schnell die Tür zu!«, sagte Pia zu Gerlach. »Wenn das Treppenhaus brennt, haben wir ein Problem!«
    »Wir müssen hier oben auf die Feuerwehr warten«, sagte Gerlach und zog sein Telefon hervor.
    »Hast du hier oben ein Netz?«, fragte Pia.
    Er schüttelte stumm den Kopf. »Wir haben keine Zeit mehr. Die Holzverkleidungen und all das morsche Zeug hier oben brennen wie Zunder. Wir müssen sofort raus.«
    Sie sahen die Mühlberg an. »Gibt es noch eine andere Möglichkeit, rauszukommen? Ein Fenster oder eine zweite Treppe?«
    Henriettes Stimme klang merkwürdig emotionslos. »Raus auf die Galerie, nach links und dann geradeaus. Hinter der dritten Tür links ist die Hintertreppe. Sie wurde früher nur vom Personal benutzt. Mit etwas Glück steckt ein Schlüssel. Ansonsten …« Sie klimperte mit dem Schlüsselbund. Gerlach nahm ihn ihr aus der Hand.
    »Dann los. Versucht, die Luft anzuhalten. Wenn ich die Tür öffne, laufen wir los. Sie auch, Frau Mühlberg. Hier drinnen kann uns keiner mehr helfen!«, kommandierte Pia. Sie legte ihre Hand an die Innenseite der Tür. Das Holz fühlte sich bereits warm an. Als sie die Tür zum Gang wieder öffnete, war alles vor ihr schwarz!

24. Kapitel
    P ia hielt die Luft an und streckte ihren linken Arm aus, um sich an der linken Wand entlang zu orientieren. Es knisterte und knackte unter ihr, und sie glaubte unterhalb der Brüstung einen orangefarbenen Lichtschein zu sehen. Hier oben sah sie nichts. Hinter sich hörte sie Gerlach. Hoffentlich war Henriette Mühlberg direkt hinter ihm!
    Sie trug feste Stiefel, wie eigentlich immer um diese Jahreszeit, das war jetzt ein Vorteil. Ein paar Schritte ging es vorwärts, dann prallte sie mit dem Kopf gegen eine Kante, vermutlich eine der Stützen auf der Galerie. Für einen Moment verlor sie den Kontakt zur Wand, und ihre Hände tasteten panisch ins Leere. In welche Richtung sollte sie weitergehen? Sie musste etwa in Höhe der Haupttreppe sein. Jetzt hörte und sah sie auch die anderen nicht mehr. Sie tastete sich weiter vorwärts. Sie brauchte dringend Luft! Ihre Hand bekam Metall zu fassen: eine Türklinke! Der Impuls, endlich wieder Luft zu holen, war unwiderstehlich. War hier der Durchgang zu dem Raum mit der Hintertreppe? Sie stürzte hinein, es wurde augenblicklich kühler, aber es war genauso dunkel. Ihre Augen tränten, und jede Faser ihres Körpers lechzte nach Sauerstoff. Durch einen Schleier aus Tränen starrte sie auf brennende Vorhänge an der anderen Seite des Raumes. Flammenzungen leckten über vergilbte Tapeten und waberten an den Deckenbalken entlang.
    Es war ein Schlafzimmer, kein Treppenhaus, aber es gab ein Fenster!
    Hinter ihr im Gang rauschte und toste es, als würde eineU-Bahn durch einen engen Schacht fahren. Die hölzerne Galerie brannte lichterloh. Pia ging in die Knie, holte Luft und robbte in Richtung Fenster. Ich hätte in die Berge fahren und mit Hinnerk in die Sterne schauen können, dachte sie plötzlich. Wo waren die anderen? Hatten sie den Ausgang gefunden?
    Sie zog sich am Fenstersims hoch, ertastete einen Griff und versuchte, den Fensterflügel hochzuschieben. Das morsche Holz war aufgequollen, und die Rahmen hatten sich ineinander verkeilt. Sie stieß ihren Ellbogen ein paar Mal gegen das Glas, bis es knackte und dann zersplitterte. Gierig sog sie kalte, frische Nachtluft ein.
    Mit tränenden Augen und dröhnendem Kopf versuchte Pia ihre Lage abzuschätzen. Sie befand sich etwa vier Meter über dem Erdboden. Unter sich erkannte sie die Umrisse eines Daches, und sie erinnerte sich, dass der angebaute Schuppen auf dieser Seite des Hauses liegen musste. Ob das Dach sie halten würde? Pia zog ihre Jacke aus und legte sie über den Fensterrahmen. Dann kletterte sie über die Brüstung und tastete mit dem rechten Fuß nach einem Halt. Endlich, viel tiefer, als sie vermutete hatte, fand sie das mit Teerpappe belegte leicht abschüssige Dach. Sie ließ sich fallen, es knackte unheilvoll, doch das Dach hielt.
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