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Grabkammer

Grabkammer

Titel: Grabkammer
Autoren: Tess Gerritsen
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Übersichtsaufnahme. Wenn Sie einmal einen Blick darauf werfen möchten.«
    Maura sah auf den Monitor und erblickte eine konventionelle Röntgenaufnahme, ähnlich denen, die sie in ihrem eigenen Sektionssaal an den Leuchtkasten hängte. Sie brauchte keinen Radiologen, um zu deuten, was sie da sah.
    »Jetzt besteht kaum noch ein Zweifel«, meinte Dr. Brier. Nein.
    Es besteht nicht der geringste Zweifel. Das ist eine Kugel, die da in dem Bein steckt.
    Maura zog ihr Handy aus der Tasche.
    »Dr. Isles?«, fragte Robinson. »Wen wollen Sie anrufen?«
    »Ich organisiere einen Transport ins Leichenschauhaus«, antwortete sie. »Madam X ist jetzt ein Fall für die Rechtsmedizin.«
     
    »Bilde ich mir das nur ein«, meinte Detective Barry Frost, »oder kriegen wir beide immer die besonders bizarren Fälle ab?«
    Madam X gehörte eindeutig zu den eher bizarren Fällen, dachte Detective Jane Rizzoli, als sie an den TV-Übertragungswagen vorbeifuhr und auf den Parkplatz des Rechtsmedizinischen Instituts einbog. Es war erst acht Uhr morgens, und schon kläffte die Meute der Hyänen, begierig nach Einzelheiten dieses höchst mysteriösen »Uralt-Falles« – eines Falles, den Jane mit ungläubigem Lachen quittiert hatte, als Maura sie am Abend zuvor angerufen hatte. Der Anblick der Übertragungswagen machte Jane allerdings klar, dass es Zeit wurde, die Sache ernst zu nehmen. Sie musste allmählich die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass das Ganze doch kein raffinierter Streich war, den ihr die sonst so auffallend humorlose Rechtsmedizinerin spielte.
    Sie parkte den Wagen und beäugte skeptisch die Ü-Wagen.
    Wie viele zusätzliche Kameras würden wohl auf sie und Frost warten, wenn sie das Gebäude wieder verließen?
    »Diese Leiche dürfte wenigstens nicht allzu unangenehm riechen«, meinte Jane.
    »Aber Mumien können Krankheiten übertragen.«
    Jane sah ihren Partner an, dessen blasses, jungenhaftes Gesicht ernsthaft beunruhigt aussah. »Welche Krankheiten?«, fragte sie.
    »Seit Alice weg ist, sehe ich ziemlich viel fern. Gestern Abend war da so eine Sendung auf dem Discovery Channel, und da ging es um Mumien, die mit soIchen Sporen verseucht sind.«
    »Ui, Sporen – da krieg ich ja richtig Angst!«
    »Das ist kein Witz«, beharrte er. »Die können einen krank machen.«
    »Mann, ich hoffe nur, dass Alice bald zurückkommt. Du leidest ja schon unter einer Überdosis Discovery Channel.«
    Sie kletterten hinaus in die drückend feuchte Luft, die Janes ohnehin schon widerspenstiges dunkles Haar in einen Wust krauser Wellen verwandelte. In den vier Jahren, die sie nun beim Morddezernat arbeitete, hatte sie diesen Weg vom Parkplatz in das Gebäude der Rechtsmedizin viele Male zurückgelegt, war im Januar über das Eis geschlittert, im März durch den Regen gehastet und im August über den glühend heißen Asphalt geschlurft. Diese paar Dutzend Schritte waren ihr bestens vertraut, wie auch das makabre Ziel ihres Weges. Sie hatte geglaubt, dass dieser Gang mit der Zeit leichter werden, dass sie irgendwann immun sein würde gegen die Schrecken des Seziertischs. Doch seit der Geburt ihrer Tochter Regina vor einem Jahr jagte ihr der Gedanke an den Tod mehr Angst ein als je zuvor. Die Mutterschaft machte eine Frau nicht stärker, sie machte sie lediglich verwundbarer und erfüllte sie mit Angst um das, was der Tod ihr rauben konnte.
    Doch die Leiche, die heute obduziert werden sollte, löste eher Faszination als Gruseln aus. Als Jane den Vorraum des Sektionssaals betrat, ging sie gleich nach vorn ans Sichtfenster. Sie konnte es kaum erwarten, einen Blick auf den Körper zu erhaschen, der bereits auf dem Edelstahltisch lag.
    Madam X, so hatte der Boston Globe die Mumie getauft ein einprägsamer Name, der Bilder einer heißblütigen Schönheit heraufbeschwor, einer dunkeläugigen Kleopatra.
     
    Doch Jane sah nur eine ausgetrocknete, in Lumpen gewickelte Hülle.
    »Sie sieht aus wie eine Frühlingsrolle mit zwei Beinen«, meinte Jane.
    »Wer ist denn das Mädchen?«, fragte Frost und starrte durch die Scheibe.
    Im Sektionssaal waren zwei Personen, die Jane nicht kannte.
    Der Mann war groß und schlaksig, mit einer Brille auf der Nase, die ihn wie einen zerstreuten Professor wirken ließ. Die junge Frau war eine zierliche Brünette, die unter ihrem Autopsiekittel Bluejeans trug. »Das müssen die Archäologen vom Museum sein. Sie sollten beide dabei sein.«
    »Die ist Archäologin? Wow!«
    Jane stieß ihm verärgert den Ellbogen in die
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