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Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion

Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion

Titel: Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion
Autoren: Friedrich Glauser
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gebrauchte seine Hand als Fächer.
    »Nennen wir ihn Alscott«, sagte Pierrard.
    »Ja, ja, Alscott, oder Doyle, oder Smith, wollen wir ihn nicht Smith nennen? Vielleicht war ich's, obwohl ich nie Hauptmann war«, prustete Smith los, fand seinen Witz so ausgezeichnet, daß er sich auf die Schenkel klatschte, Todd anstieß, zu Lös hinüberlangte, alles Einladungen, doch endlich mitzulachen und die Komik seines Ausspruches gebührend zu würdigen.
    Doch auch dieser offensichtliche Hohn schien Pierrard nicht zu stören. Er wandte sich wieder ausschließlich an Lös, der sich an dem Grinsen der anderen nicht beteiligt hatte.
    Dieser Hauptmann blieb also ein paar Monate auf unserem Schloß. Dann fuhr er fort. Nach England zurück. Meine Frau schien ihn nicht zu vermissen, sie sprach nie von ihm. Doch dann, ein Jahr war vielleicht vergangen, begann sie kleine Reisen zu unternehmen. Sie blieb nie länger als eine Woche fort. Sie erzählte mir, sie fahre zu ihrem Vater nach England, und ich erhielt auch immer Briefe von dort. Dann erzählte mir ein Fliegeroffizier, Vonzugarten hieß er« (Pierrard stieß den Namen stolz heraus, so als wolle er sagen: Seht ihr, wie gut ich mich erinnern kann), »daß er meine Frau so oft in Brüssel sehe. ›In Brüssel?‹ frage ich. ›Das ist doch nicht möglich. Ich bekomme doch immer Briefe aus Middlesex, wo Lord Chesterfield sein Landgut hat.‹ ›Ja‹, sagt Vonzugarten, ›das kann schon sein, aber ich habe sie in Brüssel getroffen, in Begleitung eines jungen Engländers. Übrigens wohnt sie immer im Splendid‹. Da bin ich hingefahren. Ich hatte so eine kleine Walterpistole, die man bequem in der Westentasche tragen kann. Sehr praktisch, sag ich euch. Man greift mit zwei Fingern in die Tasche, so, als wolle man sein Zigarettenetui herausholen. Ich bin also einmal am Morgen ins Splendid gegangen. Die beiden liegen noch im Bett, wie ich ins Zimmer trete. Und dann hab' ich sie einfach erschossen. Die Pistole hat wenig Lärm gemacht. Ich hab' noch ohne Aufsehen das Hotel verlassen können. Dann hab' ich mich in Lille anwerben lassen. Ja, in Lille. Viel gesoffen hab' ich dort und die Kameraden alle freigehalten.« Pierrard schwieg, als sei eine Feder plötzlich abgelaufen. Wieder floß der dicke Wein in die Blechtasse. Pierrard trank. Dann sog er noch gierig die Tropfen von seinem Schnurrbart, damit nichts von der kostbaren Flüssigkeit verloren gehe.
    »Als ich im Ballett der Berliner Oper tanzte, im Tannhäuser, kam nach der Vorstellung immer ein Baron von Löwendjoul in meine Garderobe und machte mir Anträge. War das ein Verwandter von dir?«
    Pierrard schaute mißtrauisch auf, ob der andere sich über ihn lustig mache. Aber Patschuli sah ganz ernst drein. Er stützte das Kinn auf den Handrücken, spreizte geziert den kleinen Finger und zog die Lippen zu einem kleinen dunklen Kreis zusammen.
    »Ja, ich habe wohl einen Vetter, der solch unnatürlichen Neigungen frönt«, sagte Pierrard und sein Gesicht verzog sich, der Oberkörper straffte sich. Hochmütige Verachtung strahlte von ihm aus. »Ich weiß, es ist in der Legion eine alltägliche Sache, niemand regt sich mehr darüber auf. Aber mir ist sie widerlich.«
    Patschuli ließ seine Blicke erst über die Gesichter der Anwesenden streifen, wohl um der Stellungnahme der anderen sicher zu sein. Die Gleichgültigkeit, die er fand, gab ihm Mut, und er ließ ein helles Lachen los, das fast natürlich klang: wohl die Frucht langer Übung. So ansteckend war dieses Lachen, daß auch die Münder der übrigen sich strafften und sie ihre Lustigkeit durch lautes Schnaufen kundgaben.
    »Ha, du findest wohl, ein Doppelmord sei anständiger? Wie? Oder hast du alles nur erfunden, um uns zu imponieren?« Patschuli ging zum Angriff über. Doch Peschke war wachsam. Er fühlte sich für die Aufführung seines Freundes verantwortlich.
    »Kusch«, sagte er trocken. Patschuli zog ein Mäulchen, rollte sich zusammen und schwieg einen Augenblick. Dann begann er wieder mit sanfter singender Stimme:
    »Als ich beim Theater war, waren die feinsten Lebemänner meine Freunde. Ein großer englischer Dichter, Oskar Wilde hieß er«, Patschuli sprach den Namen deutsch aus, »war mein Freund. Er brachte mir immer gelbe Orchideen mit.«
    Lös lachte laut.
    »Der ist doch schon lange tot, Patschuli.«
    »Dann war es sein Sohn.« Patschuli streckte die Hand anklagend gegen seinen Unterbrecher aus. »Es kann auch sein, daß ich den Namen verwechselt habe. Aber es war
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