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Gottesdienst

Titel: Gottesdienst
Autoren: M Gardiner
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»Du bist nicht seine Mutter.«
    Chenille hatte Luke also tatsächlich nicht wegen einer Austauschforderung kidnappen lassen. Sie wollte ihn für sich, für sich persönlich. Tabitha zog Luke an sich.
    »Tabitha war nur die Gebärmaschine. Er entstammt Brians Samen, und den habe ich auch schon empfangen. Man darf sich nicht mit Details aufhalten, wenn es ums große Ganze geht.«
    Tabitha blickte Brian entgeistert an. Und bei mir stellte sich das flaue Gefühl im Magen ein, das man bekommt, wenn die schlimmsten Befürchtungen eintreten.
    Chenille trat jetzt auf Tabitha zu. »Du hast dieses Kind nicht verdient. Du weißt, dass er in Wirklichkeit nicht dir gehört. Deshalb hast du ihn auch verlassen.« Sie streckte die Hände aus. »Und jetzt gibst du ihn mir.«
    Brian fegte Chenilles Hände beiseite und schubste sie von sich fort. Sie drängte auf ihn zu, ihr Gesicht glühte wie ein Hochofen. »Erschieß ihn!«
    Und Brian sprang. Er stürzte sich auf das Gewehr und versuchte es wegzuschlagen. Er wusste, dass eine Schrotladung dieses Kalibers uns alle erwischen würde. Für einen Moment gelang es ihm, nach dem Lauf zu greifen.
    Paxton drückte ab.
    Der Krach waren ohrenbetäubend. Brian wurde zur Seite geschleudert. Ich schrie auf. Tabitha warf sich schützend über Luke. Ich ließ mich neben Brian zu Boden fallen. Der Schuss hatte ihn nicht voll getroffen, aber aus einer Wunde an seiner Hüfte quoll rhythmisch das Blut. Sofort war Tabitha zur Stelle und drückte ihre Hände auf die Wunde, versuchte die Blutung zu stillen. In ihren Armen schluchzte Luke. Brians Mund war weit aufgerissen.
    Chenilla grabschte Tabitha am Hemdkragen und riss sie von Brian weg. Luke fiel mit ihr um. Chenille deutete auf mich und schrie Paxton zu: »Und jetzt sie!«
    Paxton hob das Jagdgewehr. Ich sah sein Gesicht, den polierten Lauf und die klaffende schwarze Mündung – die Tür zwischen den Welten, die er mit einem dröhnenden Blitz öffnen wollte.
    »Um Gottes willen«, stammelte ich.
    Die Hütte erzitterte unter einem erneuten Donnerschlag. Die Wände wackelten. Ein Fenster zersprang, Glassplitter regneten auf den Boden. Von draußen ertönte ein schnelles Pop-Pop-Pop wie von Feuerwerkskörpern. Die Bombe in der Garage war hochgegangen.
     
    Durch die Tür der Hütte konnte ich die Ecke der Garage sehen. Orangerote Flammen leckten an dem Gebäude, Rauch stieg auf, knisternd verfärbte sich das Holz schwarz, Munitionskisten explodierten.
    »Jesse!« Ich wirbelte herum und kroch auf die Tür zu. »Oh nein!«
    Chenilles ausgestreckter Finger folgte mir. »Erschieß sie! Erschieß sie!«
    Ich sah über die Schulter, wie Paxton mich wieder aufs Korn nahm. Ich hatte keine Chance. Er hatte mich genau im Visier.
    Dann explodierte das Vorderfenster. Paxtons Kehle verschwand in einem rosa Nebel, und er stürzte wie ein gefällter Baum zu Boden.
    Für einen Moment wusste ich gar nichts mehr. Konnte nicht denken, nicht fühlen, nichts verstehen. Luke schrie wie am Spieß. Tabitha heulte. Paxton lag auf dem Rücken mit einem Loch im Hals. Er war tot. Aus dem Rahmen des Vorderfensters klirrte immer noch Glas zu Boden.
    Auf der Veranda kniete Jesse. Mit beiden Händen umklammerte er eine Pistole.
    Er blinzelte mich aus fiebrigen Augen an. »Schnapp dir das Gewehr.«
    Die Schrotflinte lag unter Paxton begraben. Ich stolperte zu ihm hinüber, ergriff den heißen blutverschmierten Lauf und zog sie unter ihm heraus. Draußen hörte ich Jesse husten. Schwarzer Rauch hüllte ihn ein, und er atmete schwer. Ich taumelte zu ihm auf die Veranda.
    »Du hast doch nicht gedacht, ich würde diese ganzen Waffen einfach so da rumliegen lassen?« Dann senkte er die Pistole und kippte nach hinten gegen das Verandageländer.
    Brian atmete unregelmäßig. Unter ihm breitete sich eine dickflüssige Blutlache aus, Brians Herz pumpte sein Leben direkt auf die Holzbretter. Seine Augen starrten in den Himmel. Seine Hand hielt Tabithas Arm umklammert.
    »Mami«, kreischte Luke.
    Ich blickte auf. Chenille hatte ihn am Arm geschnappt und schleifte ihn in Richtung eines der hinteren Zimmer. Bevor ich noch reagieren konnte, warf sie die Tür zu. Dann wurde der Schlüssel umgedreht.
    Tabitha sprang auf, rannte zur Tür, riss am Türgriff und trat gegen das Holz.
    »Aus dem Weg«, sagte ich und rammte den Gewehrkolben gegen das Türschloss. Das Schloss verbog sich, aber es ging nicht auf.
    Sie trommelte gegen die Tür. »Chenille! Nein!«
    Wir konnten Luke weinen hören. Von
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