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Gottes Gehirn

Gottes Gehirn

Titel: Gottes Gehirn
Autoren: Jens Johler , Olaf-Axel Burow
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Rubinowitz schien jetzt deutlich an Selbstvertrauen zu gewinnen.
„Eine andere Wirkungsebene“, murmelte Blake, „das ist doch unmöglich.“
Jetzt hat er ihn, dachte Troller. Er spürte, wie sein Herz schneller schlug. Mach weiter, Rubinowitz! Nicht nachlassen!
Jane hatte die Hände zu Fäusten geballt und verfolgte angespannt den Dialog.
„Auf der Ebene, die Sie beschrieben haben, scheint Syntopos tatsächlich segensreich zu wirken“, sagte Rubinowitz, „aber es gibt noch eine andere Ebene, eine andere Dimension, einen anderen Weg, auf dem er die Welt beeinflusst. Ich würde es die Resonanz-Ebene nennen.“
    In knappen Worten erläuterte Rubinowitz Behrmans Weltresonanztheorie. Blake hörte ihm aufmerksam zu und war offensichtlich beeindruckt, als er hörte, dass Behrman seit ungefähr zwei Wochen veränderte Frequenzen gemessen und deren Quelle in Kalifornien geortet hatte. „Sie haben doch selbst von einer neuen Melodie des Lebens gesprochen“, sagte Rubinowitz. „Diese Melodie entsteht in der Tat. Die Frage ist nur, ob sie der Menschheit dient oder ihr schadet.“
    Blake wirkte jetzt zutiefst erschüttert. Er hatte offenbar wirklich geglaubt, sein Werk sei ein reiner Segen für die Menschheit. Von einer dunklen Seite, wie Rubinowitz es nannte, davon, dass durch Syntopos die Resonanz der Welt verändert werden könnte, hatte er nichts geahnt. „Nehmen wir einmal an, Sie hätten Recht“, sagte er schließlich, „das würde doch bedeuten . . .“
    „. . . dass der Prozess der Zivilisation umgekehrt wird“, ergänzte Rubinowitz. „Dass die alte, auf Bach und Newton, Descartes und Bacon gegründete Ordnung aufbricht und der alte biblische Auftrag in sein Gegenteil verkehrt wird: Nicht der Mensch macht sich die Erde untertan, sondern die Erde macht sich den Menschen untertan.“
    „Aber ist es nicht das, was wir alle wollen? Dass die Natur wieder in ihr Recht eingesetzt wird?“, wandte Blake ein. „Dagegen wäre doch nichts zu sagen!“
    „Nein?“, rief Rubinowitz empört aus. „Haben Sie wirklich nichts gegen Erdbeben, gegen Hurrikans, gegen einen Aufstand der Pflanzen und Tiere? Haben Sie wirklich nichts gegen den Tod von Millionen und Abermillionen Menschen?“
Blake starrte ihn an.
Troller sah die Hoffnung in Rubinowitz’ Augen. Und die Spannung in seinem Gesicht. War es ihm gelungen, Blake zu überzeugen? War es ihm gelungen, mit Hilfe von Argumenten sein Leben zu retten? Sein Leben, und vielleicht auch das von Troller und Jane?
    Troller schaute zur anderen Seite, und sein Blick traf sich mit dem von Jane. Er sah ein Leuchten in ihren Augen, das ihn in einer anderen Situation als dieser verrückt gemacht hätte. Es war sicherlich nur die Erregung, die äußerste Anspannung, das immer noch besessene Festhalten an der Hoffnung auf einen Ausweg. Aber wenn er für den Bruchteil einer Sekunde diese verzweifelte Lage, in der sie sich befanden, vergaß, dann hätte er dieses Leuchten in Janes Augen für ein Zeichen ihrer Liebe gehalten.
    „Gut“, sagte Blake, der jetzt offenbar zu einem Entschluss gekommen war. „Sie mögen Recht haben. Vielleicht gibt es noch eine andere Ebene, auf der Syntopos wirkt. Vielleicht werden die Menschen sich anders verhalten, das wollen wir ja. Und dass die Tiere sich nicht weitere Millionen Jahre knechten und schinden lassen, ist ja nur gut. Aber Sie werden mir nicht weismachen, dass Hurrikans und Erdbeben auf Syntopos’ Konto gehen. Und wenn, dann liegt es daran, dass er noch unvollkommen ist.“
    „Soll das heißen . . . ?“ Rubinowitz Stimme, die eben noch so selbstbewusst, ja, beinahe ein wenig überheblich geklungen hatte, versagte ihren Dienst.
    „Ja“, sagte Blake. „Es ist so weit.“ Er griff erneut zur Spritze, prüfte noch einmal, ob das Betäubungsmittel herausfloss. Dann nahm er Rubinowitz’ linken Arm und führte die Spritze auf die Vene zu.
    „Stopp!“
    Janes Ruf kam mit einer solchen Bestimmtheit, dass Blake unwillkürlich zurückzuckte und von Rubinowitz abließ.
„Ich weiß, warum Sie Syntopos gebaut haben“, sagte Jane, „und ich bewundere Ihren Mut, Ihr Schöpfertum und Ihre Entschlossenheit, die Menschheit auf den richtigen Weg zu bringen. Aber die Gefahr jedes Genies ist, dass es nicht weiß, wo die Grenze ist. Wenn Sie das Gehirn von Rubinowitz in Syntopos einfügen, werden Sie die Welt nicht retten, sondern sie vernichten.“
„Ach, Unsinn“, sagte Blake gereizt. „Warum denn?“
„Weil es das siebte Gehirn ist.“
„Ja
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