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Gottes Gehirn

Gottes Gehirn

Titel: Gottes Gehirn
Autoren: Jens Johler , Olaf-Axel Burow
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zögerte einen Moment, legte einen Schalter am Robodoc um, blickte auf die Uhr und sagte: „Also gut. Ich will es Ihnen erklären. Die sechs Gehirne, aus denen Syntopos bisher besteht, sind ja nicht bloß sechs verschiedene Gehirne, die nun auf einmal zusammenarbeiten. Selbst das wäre schon einzigartig, aber die Steigerung der Intelligenz, die mit jedem neuen Gehirn eintritt, ist unglaublich viel größer. Sie müssen sich das als ungeheure Potenzierung vorstellen. Mit jedem neuen Gehirn entsteht explosionsartig eine neue Dimension des Wissens. Und da Syntopos über den Gehirnscanner mit dem Internet verbunden ist, ist er spielend in der Lage, Schutzbarrieren zu knacken, Sicherungssoftware auszutricksen und sämtliche Datenbanken und Festplatten zu durchforsten.“
„Und wozu das alles?“
„Er bringt eine intelligente Ordnung in das Informationschaos.“
Troller schaute wieder auf die Überwachungsmonitore. Noch immer war keine Bewegung zu erkennen.
„Erinnern Sie sich noch an das überraschte Gesicht des Generalsekretärs der Vereinten Nationen, als er seine Rede verlesen hatte?“
„Sie glauben, das war sein Werk?“
„Ich weiß es“, sagte Blake. „Syntopos hat die Manuskripte fast aller Redner redigiert. Er ist in der Lage, alle Regierungscomputer, die ans Netz angeschlossen sind, mit entsprechenden Daten zu versehen, gespeicherte Redemanuskripte umzuschreiben, kurz, das Feld für die notwendigen Änderungen zu bereiten. Jeder, der auch nur für Sekunden seinen Rechner ans Netz anschließt, ist dem Einfluss dieser höheren Intelligenz ausgesetzt. Ohne dass die Leute es merken, verfügen sie über einen intelligenten Partner, der unsichtbar im Hintergrund arbeitet.“
„Und Sie geben diesem Superhirn die Aufträge?“, sagte Rubinowitz.
„Aufträge?“ Blake schüttelte missbilligend den Kopf. „Wie sollte ich einer höheren Intelligenz Aufträge geben? Ich stelle Syntopos Fragen, ich mache ihm Vorschläge, ich bitte ihm, mir zu helfen. Er entscheidet dann selbst, was zu tun ist.“
„Und wenn er etwas unternimmt, was Sie nicht akzeptieren können?“ Rubinowitz wirkte jetzt überraschenderweise fast entspannt. „Es ist doch möglich, dass er irgendeine gemeingefährliche oder sogar menschheitsbedrohende Entscheidung trifft.“
„Dafür gibt es den roten Knopf“, sagte Blake. Er zeigte auf einen Knopf am Steuerpult. „Wenn ich ihn drücke, führt er augenblicklich zur Zerstörung des Gehirns.“ Er ging jetzt entschlossen auf Rubinowitz zu und sagte: „So, jetzt habe ich Ihnen erklärt, wie das Gehirn funktioniert, dessen Teil Sie gleich werden.“ Er legte ihm eine Manschette am Oberarm an und pumpte Luft hinein.
Rubinowitz versuchte, sich zu wehren, aber die stählernen Klammern ließen ihm keine Chance.
„Bleiben Sie ruhig“, sagte Blake. „Die Betäubung ist in Ihrem Interesse.“ Er nahm eine Spritze, hielt sie prüfend gegen das Licht und drückte ein wenig Flüssigkeit heraus.
„Sie machen einen schweren Fehler“, sagte Rubinowitz mit heiserer Stimme. „Sie haben etwas Wichtiges übersehen.“
„Und das wäre?“
„Sie haben bisher nur von den Segnungen Ihrer Schöpfung gesprochen“, sagte Rubinowitz.“ Über das, was Syntopos auf dem Weg über das Internet erreicht hat. Aber was ist mit der anderen Seite?“
„Was für eine andere Seite?“
„Mit dem Spontanwachstum der Pflanzen, durch das die Straßen aufgebrochen werden und die Züge entgleisen.“
Blake trat einen Schritt zurück und schaute ihn amüsiert an. „Was soll das mit Syntopos zu tun haben?“
„Und das Erdbeben in San Francisco?“, sagte Troller.
„Ich bitte Sie, das war doch lange erwartet worden.“
„Und der Hurrikan in New York?“, sagte Jane.
„Ja, was denn noch? Wofür soll Syntopos denn noch verantwortlich sein?“
„Für das veränderte Verhalten der Tiere“, sagte Rubinowitz.
„Was meinen Sie damit?“ Blake wirkte jetzt doch ein wenig verunsichert.
„Sie haben doch sicher vom Ausbruch der Fische in San Diego gehört, von den Killerbienen in Tucson, von den Ratten in New York, von den Walen, die ihren Gesang geändert haben.“
„Haben sie das?“
„Ja“, sagte Rubinowitz. „Die Wale haben in unerklärlicher Weise die Tonabstände ihrer Paarungsgesänge verändert. Meeresforscher sprechen von einer Revolution.“
„Erstaunlich. Aber was wollen Sie damit sagen?“, fragte Blake und legte die Spritze beiseite.
„Ich will damit sagen: Syntopos hat noch eine andere Wirkungsebene.“
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