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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener
Autoren: Peter de Rosa
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als den Bischof von Rom Papst zu nennen.
Vordem wurden viele Bischöfe liebevoll »Papa« (Papst) genannt. Selbst der Titel
»Bischof von Rom« ist heute mit Würden befrachtet, die er nicht immer hatte.
Ein Leiter oder Aufseher einer kleinen, frühchristlichen Gemeinde war kaum ein
moderner Bischof mit Macht und Rechtsprechung. Auch viele andere Fragen sind
alles andere als klar.
    Wie lange hat Petrus zum
Beispiel in Rom gelebt? Es gab einen Bericht aus dem späten vierten
Jahrhundert, daß er fünfundzwanzig Jahre dort war, doch dafür gibt es keine
historische Grundlage. Bekannt ist, daß der Apostel Paulus im Jahr 58 wieder
einmal einen Brief schrieb, diesmal an die Römer. Darin grüßte er ganze
Haushalte und nannte neunundzwanzig Personen mit Namen. Petrus aber grüßte er
nicht. Das ist sicher ein erstaunliches Versäumnis, wenn Petrus dort wohnte und
Bischof von Rom war. Außerdem schrieb der als Vater der Kirchengeschichte
anerkannte Eusebius von Cäsarea um 300: »Petrus soll den Juden in ganz Pontius,
Galatien, Bithynien und Kappadozien gepredigt haben und dann, als er sich in
Rom aufhielt, gekreuzigt worden sein.« Heute nehmen die Historiker an, daß
Petrus höchstens drei oder vier Jahre in Rom gelebt hat. Es gibt kein Zeugnis
darüber, daß er die Gemeinde dort leitete. Dies kann nicht automatisch
geschehen sein. Er war nach dem Tod Jesu nicht einmal Bischof von Jerusalem
geworden — das war Jakobus, der Bruder des Herrn. Dazu kommt folgende
überraschende Tatsache: In den frühesten Listen der römischen Bischöfe ist der
Name Petrus nie aufgetaucht. Irenäus zum Beispiel war von 178 bis 200 Bischof
von Lyon, ein Schüler des Bischofs von Smyrna, Polykarp, der seinerseits ein
Schüler des Apostels Johannes gewesen war. Er zählte alle römischen Bischöfe
bis zum zwölften, Eleutherius, auf. Nach Irenäus war der erste römische Bischof
nicht Petrus oder Paulus, sondern Linus. Die Apostolische Konstitution im Jahr
270 nannte ebenfalls Linus als den ersten Bischof von Rom, ernannt von Paulus.
Nach Linus kam Clemens, erwählt von Petrus. Das Geheimnis wird unergründlicher.
In all seinen Schriften sprach Eusebius nicht einmal von Petrus als Bischof von
Rom.
    Wie ist das zu erklären?
Anscheinend waren die Apostel in den Augen der frühchristlichen Kommentatoren
eine Klasse für sich. Sie gehörten keiner bestimmten Kirche an, nicht einmal,
wenn sie sie »pflanzten«, d. h. gründeten, wie Paulus das in ganz Kleinasien
tat. Die Apostel gehörten der ganzen Kirche an. Apostel zu sein, machte es
unmöglich, an einem Ort Bischof zu sein. Trotz seiner schwerwiegenden
Entscheidungen in Jerusalem, Antiochien und anderswo blieb auch Petrus ein
Apostel der gesamten Gemeinschaft.
     
    Die Kirche hat einen
Glaubensartikel daraus gemacht, daß Päpste Nachfolger Petri als Bischof von Rom
sind. Nur hatte Petrus diesen Titel nie; er wurde erst Jahrhunderte nach seinem
Tod damit bekleidet. Natürlich hätte er eine ungeheure moralische Autorität
über die jüdisch-christliche Gemeinde in Rom gehabt, doch anders als Paulus,
der römischer Bürger war, wäre er dort ein Ausländer gewesen. Fast zweitausend
Jahre später sitzt ein anderer Ausländer, ein Mann aus einem fernen Land, auf
dem sogenannten Stuhl Petri, und die Melodie einer Motette von Palestrina
steigt in die Kuppel empor.
     
    Es ist fast zehn Jahre her,
seit Karol Wojtyla aus Krakau Oberhirte wurde, nachdem der vielbetrauerte erste
Johannes Paul nach einem dreiunddreißigtägigen Pontifikat gestorben war. Albino
Luciani war nach seiner Wahl auf die Loggia des Petersdoms herausgetreten und
hatte mehr gelächelt, als sein Vorgänger, Paul VI., in fünfzehn Jahren
gelächelt hatte. Dann war er prophetisch, ohne der Menge ein Wort zu sagen, in
den Schatten des Vatikans zurückgetreten.
    Einem römischen Scherz zufolge
ist die älteste und mächtigste aller Institutionen die Heilige Kongregation für
die Verbreitung von Gerüchten. Wer glaubt in der Ewigen Stadt schon etwas, wenn
es nicht geflüstert wird? Wie ein Lauffeuer verbreitete sich das Gerücht,
Johannes Paul I. sei vergiftet worden. Seit Jahrhunderten wird so etwas gesagt,
wenn ein Papst plötzlich krank wird und stirbt. Viele dieser Gerüchte waren
unwahr aber nicht alle.
     
    Am 27. Juli 1304, neun Monate
nach Antritt seiner Herrschaft, war Benedikt XI. in Perugia; da bot ihm ein
junger Mann, verkleidet als dienende Schwester des Ordens der hl. Petronilla,
ein Silbertablett mit Feigen an. »Ein
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