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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener
Autoren: Peter de Rosa
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der
London Bridge stehenbleibt, um die Ruinen der St. Paul’s Cathedral zu
skizzieren.
     
    Die Gläubigen betreten den
Petersplatz mit seiner Einfassung von Berninis ehrfurchtgebietenden Kolonnaden;
mit den Augen suchen sie das Fenster im dritten Stock des apostolischen
Palastes, von dem der Papst sonntags um zwölf die Menge segnet. Wenige von
ihnen wissen, wie weitläufig der Palast tatsächlich ist. Als der alternde Leo
XIII. sich einen Ausflug durch die Vatikanischen Gärten gönnen wollte, setzte
er sich auf einen kleinen Stuhl in seinem Arbeitszimmer. Dann trugen ihn Träger
über Wendeltreppen, durch labyrinthische Gänge, durch Zimmer und Galerien mit
einigen der größten Kunstschätze der Welt an die zwei Kilometer weit durch den
Palast, um ihn zu seiner Pferdekutsche zu bringen.
     
    Vierzig Jahre nach Leos Tod
wurde der Vatikan angegriffen. Die einzigen Bomben, die je auf ihn fielen und
den Petersdom knapp verfehlten, waren zufällig made in Britain. In einer
mondlosen Nacht im Zweiten Weltkrieg warf ein deutsches Flugzeug vier in Tobruk
erbeutete Bomben ab, um den Eindruck zu erwecken, die Alliierten hätten das
wichtigste katholische Heiligtum angegriffen.
    Obwohl der Vatikan nicht größer
ist als ein Golfplatz, werden die Pilger von der Größe ihrer Umgebung
überwältigt. In der Mitte des Platzes steht der über 300 Tonnen schwere und
über 40 Meter hohe Obelisk des Caligula. Er stand ursprünglich in der Achse von
Neros Zirkus, nahe bei dem Ort, wo Petrus gekreuzigt wurde. Dieses Monument
erinnert sie daran, daß sie sich auf heiligem Boden befinden.
    Sie steigen die Steinstufen
empor und erreichen die Vorhalle. Auch sie ist riesig und angefüllt mit Geschichte.
Rechts ist die Heilige Pforte, jetzt verschlossen, weil es kein Heiliges Jahr
ist. Über dem Mittelbogen ist eine Darstellung der Navicella, Petrus’ kleines
Boot, das den Stürmen der Zeiten standhielt. Dieses Mosaikfragment hat den
Abriß der ersten Peterskirche überstanden; es ist ein Werk von Giotto, dem
Künstler des dreizehnten Jahrhunderts, der den Papst damit beeindruckte, daß er
aus freier Hand einen vollkommenen Kreis zeichnen konnte. Vor der Mitteltür ist
eine Porphyrscheibe in die Bodenplatten eingelassen. Sie bezeichnet den Punkt,
an dem Karl der Große am Weihnachtstag 800 von Leo III. die Krone des Heiligen
Römischen Reiches empfing, nachdem er jede Stufe auf den Knien erklommen und
geküßt hatte.
     
    Die Gläubigen schieben die
schweren Ledervorhänge beiseite und betreten die Basilika. Selbst an trüben
Tagen strömt goldenes Licht von den hohen, einfachen Fenstern hinab. Den Boden
bedecken über 24 000 qm farbigen Marmors. Das Kirchenschiff ist über 180 m lang
und über 24 m breit, und an seinem Ende erheben sich die spiralförmigen Säulen
von Berninis Kolonnade, höher als jeder Palast in Rom.
    Die korinthischen Säulen, an
diesem Fest der Apostel im Rot der Märtyrer drapiert, tragen ein gelbes Gewölbe
von 40 m Höhe. Die Weihwasserbecken sind so groß wie Badewannen, die Cherubim
über ihnen über 1,80 m groß. Rechts und links sind riesige Statuen und Kapellen
in der Größe von Kirchen. Michelangelos am meisten geliebtes Werk, die Pietä,
die er mit fünfundzwanzig schuf und als einzige mit seinem Namen signierte,
steht hinter ihrer Schutzscheibe. Es gibt Papstgräber, denen Bildhauer Jahre
ihres Lebens gewidmet haben. Chateaubriand, der französische Tagebuchautor, der
die Revolution miterlebte, schreibt in seinen Memoiren, in Rom gebe es mehr
Gräber als Leichen; und er stellt sich Skelette vor, die von einer Marmorgruft
zur anderen wechseln, um es kühl zu haben, wie ein Kranker von seinem Bett in
ein bequemeres umziehen könnte.
    Vor dem linken Gang ist ein
Altar, unter dem der Leichnam Papst Leos des Großen ruht. Er war einer der
edelsten Päpste und wurde im Jahr 688 als erster in der Peterskirche begraben.
Mit ihm begann die Sitte, in einem Gotteshaus mehr als einen Altar zu haben.
Heute ist der Petersdom mit mehr Altären angefüllt als jede andere Kirche der Christenheit.
    Hoch in der Apsis ist der
riesige Stuhl Petri aus vergoldeter Bronze, getragen von vier Kirchenlehrern.
Der Schmuck bedeckt eine gewöhnliche Sänfte, die mindestens aus dem zweiten
Jahrhundert stammt. Man könnte sie als den ältesten aller Throne bezeichnen.
Der »Stuhl im Stuhl« wurde zuletzt am Fest der Apostel 1867 gesehen. Was da zum
Vorschein kam, war ein Stück abgeschlagenes, abgenutztes Eichenholz, geflickt
mit
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