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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener
Autoren: Peter de Rosa
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und Krematorien der
Nazi-Vernichtungslager.
    Es gibt andere wichtige Belange
in den Bereichen Macht, Wahrheit und Liebe, in denen die Kirche Jahrhundert für
Jahrhundert katastrophal geirrt hat. Das Zweite Vatikanische Konzil, das Papst
Johannes 1962 einberief, hat begonnen, dies zu akzeptieren. Auf revolutionäre
Weise wurde Johannes, der Oberhirte, zum Advocatus Diaboli der Kirche selbst.
    In den Kanonisierungsprozessen
hat der Advocatus Diaboli eine zentrale Funktion, denn die Heiligkeit eines
Heiligen in spe muß der gründlichsten Prüfung unterzogen werden. Es ist, als
lasse die Kirche dem Teufel freie Hand, um das Andenken des Heiligen mit allem
Dreck zu bewerfen, den er finden kann — um zu sehen, ob etwas davon hängenbleibt.
Nur dann wird dieser Mensch, Mann, Frau oder Kind, der öffentlichen Verehrung
würdig sein. Natürlich ist der Advocatus Diaboli in Wirklichkeit der Anwalt der
Kirche.
     
    Als Papst Johannes sagte, die
Kirche sei »immer zu reformieren«, schien er nahezulegen, sie bräuchte immer
einen Advocatus Diaboli. Als Historiker wußte er, daß die Kirche viel Unrecht
getan hatte. Als liebender und vergebender Mensch wußte er, daß jede andere
Institution, die so lange überdauert und soviel Macht besessen hätte, wahrscheinlich
weit mehr Unrecht und weit weniger Gutes getan hätte. Am Ende hinterließ er den
klaren Eindruck, daß das Unrecht seiner Kirche nicht verborgen und die
Geschichte nicht gefälscht werden darf.

TEIL I
    ------------

MACHT
     
     
     
    »Alle Macht neigt zur Korrumpierung; absolute Macht korrumpiert absolut.«
     
    Lord Acton in einem Brief an
Bischof Mandell Creighton, 1887

1. Kapitel

Von Golgotha zum Vatikan
     
     
     
     
     
     
     
    An diesem großen Festtag Peter
und Paul, dem neunundzwanzigsten Juni, sind sie von allen
Enden der Welt gekommen, jung und alt, Sünder und Heilige, um beim Bischof von
Rom zu sein, dem Stellvertreter Christi, dem Nachfolger der Apostel, dem
Pontifex maximus der Weltkirche, dem Patriarchen des Westens, Primas von
Italien, Erzbischof und Metropoliten der Provinz Rom, dem Staatsoberhaupt der
Vatikanstadt und Knecht der Knechte Gottes, Papst Johannes Paul II. Einige der
Pilger sind dunkel gekleidet, andere in den bunten Trachten ihrer Heimatländer.
Unter ihnen sind auch Touristen, doch die meisten sind Pilger. Ein Besuch in
Rom und die Teilnahme an einer päpstlichen Messe sind die Erfüllung eines
Lebenstraumes.
    Vor dem Morgengrauen haben sie
sich aus der Honigwabe Rom auf den Weg gemacht. Sie sind aus teuren Hotels auf
dem Veneto, aus stillen Klöstern und aus billigen Pensionen gekommen.
    Ihr kurzer Weg hat sie an
zerfallenden Villen vorbeigeführt, an Renaissancepalästen, deren riesige,
beschlagene Portale den Eindruck vermitteln, ihre Besitzer rüsteten sich für
einen neuen Einfall der Goten und Vandalen. Sie gehen über Piazzas mit
sprudelnden Springbrunnen, erkennen kaum eine von Roms vierhundert Kirchen, von
denen viele nur an einem Tag im Jahr geöffnet sind, wenn sie Patrozinium
feiern. Sie überqueren den Tiber, der der Stadt jahrhundertelang als Abwasserkanal
und inoffizieller Friedhof gedient hat. Der Tiber hat wahrscheinlich mehr
Menschenleben gefordert als jeder andere Fluß außerhalb Chinas; Tausende sind
darin an einem Tag ertrunken. An diesem Morgen ist er träge und braun wie der
Habit eines Franziskaners.
     
    Endlich finden sich die Pilger
auf der Via della Conciliazione, an deren Ende sie einer der beeindruckendsten
Anblicke der Welt erwartet. In der gleißenden Hitze des Sommers scheint die
Kuppel von St. Peter im Raum zu schweben. Mehr als jeder Papst hat
Michelangelo, der sie entworfen hat, die massive, dauerhafte Stärke der größten
Institution der Weltgeschichte ausgedrückt. Sie hat das Erbe der Antike
bewahrt. Sie gab den barbarischen Horden eine neue Religion und ein Gesetz. Sie
schuf Europa, indem sie den verschiedenen Völkern eine Loyalität und Bestimmung
gab, die über die Grenzen hinwegreichte. Wie Lord Macaulay vor über einem
Jahrhundert sagte, als er über die Kirche Roms nachdachte:
     
    Sie
war groß und geachtet, bevor die Sachsen ihren Fuß nach Britannien setzten,
bevor die Franzosen den Rhein überquert hatten, als griechische Beredtheit noch
in Antiochien blühte, als man im Tempel von Mekka noch Götzen anbetete. Und sie
wird vielleicht noch in ungeschmälerter Vitalität existieren, wenn ein Reisender
aus Neuseeland inmitten einer großen Einsamkeit auf dem gebrochenen Bogen
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