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Gottes erste Diener

Gottes erste Diener

Titel: Gottes erste Diener
Autoren: Peter de Rosa
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Kommunismus,
Träumer, Teilzeitpoet. Eines seiner Gedichte, »Der Rüstungsarbeiter«, beginnt:
»Ich kann das Schicksal der Welt nicht beeinflussen.«
    Die Gläubigen, die sich vor ihm
zur Messe versammelt haben, denken im Gegenteil, daß er den größten Einfluß zum
Guten in der Welt hat. Seine Integrität leuchtet hell. Hier ist ein Mann, der
sich nicht kaufen und verkaufen läßt, ein Kirchenfürst vom Format Thomas
Becketts, der lieber starb, als die Ansprüche der Kirche schmälern zu lassen.
Während er zum Altar schreitet, um den Kanon der Messe zu beginnen, strahlt
seine Gegenwart eine Art Erhabenheit aus.
    Johannes Paul ist der letzte
absolute Monarch. Die Katholiken im Petersdom, die nun still geworden sind,
würden es nicht anders wollen. Er ist das höchste Orakel, Herr der Kirche,
Stellvertreter Christi. Für sie besitzt er eine Unfehlbarkeit, der zum
Göttlichen nicht viel fehlt. Es tröstet sie zu wissen, daß durch seine
Heiligkeit Gott zu ihnen unter allen religiösen Völkern der Welt — Juden,
Hindus, Protestanten, Buddhisten — auf besondere Weise spricht. Ihr geistliches
Leben strömt aus ihm; er als Kirchenoberhaupt vereint sie mit Gott und
miteinander. Viele meinen, wenn auch irrigerweise, ihr Glaube sei von ihm
abgeleitet, und Bischöfe bekämen ihre Macht von ihm. Zu dieser Festtagsmesse im
Petersdom sind nicht wenige Nichtkatholiken gekommen, die ebenfalls finden,
Papst Johannes Paul II. sei das beste Bollwerk gegen den atheistischen
Kommunismus im Osten und den weitverbreiteten, subtileren Atheismus des
verweltlichten Westens.
    Leise, aber deutlich spricht
der Papst die Worte der Messe. Jede Geste entspricht den Rubriken, denn er
weiß, wenn er davon abweicht, werden die Priester überall auf die Idee kommen,
ihre eigenen Modifikationen anzubringen. Währenddessen fragen sich die
Gläubigen in der Basilika, wie Johannes Paul sich selbst sieht. In gewisser
Hinsicht ist das nicht schwer zu wissen. Trotz seiner Reisen, seiner endlosen
Ansprachen, selbst nach dem II. Vatikanischen Konzil — vielleicht wegen des
Konzils — ist ihm klar, daß dieser Aufzug im Petersdom nicht die ganze Wahrheit
der Kirche ist, der er vorsteht. Wenn er innehält, um der Lebenden zu gedenken,
seiner weitverstreuten Herde, dann ist sein Gebet von all den deprimierenden
Statistiken beeinflußt, die sich auf seinem Schreibtisch türmen.
     
    Seine erste Sorge sind die
Priester. 1971 bekam die Presse Wind von einer Studie, die die
Glaubenskongregation in Auftrag gegeben hatte. Sie offenbarte, daß von 1963 bis
1969 über 8000 Priester um die Entbindung von ihren Gelübden gebeten hatten und
daß weitere 3000 gegangen waren, ohne auf den Dispens zu warten. Die Studie
schätzte, daß in den nächsten fünf Jahren 20000 Priester gehen würden. Die
Schätzung erwies sich als viel zu vorsichtig.
    Am schlimmsten war es in den
Ländern, die den Päpsten zuverlässig Missionare geliefert hatten. Holland
produzierte zum Beispiel früher über 300 Priester pro Jahr. Inzwischen sind
Priesterweihen dort fast so selten wie Berge. In Irland gab es Ende 1987 6000
Priester und über 1000 Expriester. In den USA rechnet man mit 17 000
Expriestern. Das Durchschnittsalter derer, die bleiben, ist mit 54 außerordentlich
hoch. Die Zukunft sieht ebenfalls düster aus. In den letzten zwanzig Jahren ist
die Zahl der Priesterkandidaten in den USA von 50 000 auf 12 000
zurückgegangen.
    Der Papst betet für die Laien
mit ihren vielfältigen Sorgen. Er betet für die, die anwesend sind, und für die
überall auf der Welt, die begonnen haben, ihren Ungehorsam offen zu zeigen. Vor
seiner Reise nach Amerika im September 1987 muß er eine Umfrage der Zeitschrift Time gelesen haben. Sie offenbarte, daß 93% der Katholiken meinen, »es ist
möglich, anders zu denken als der Papst und trotzdem gut katholisch zu sein«.
Selbst in Irland zeigte eine Umfrage zur gleichen Zeit, daß nur einer von drei
jungen Menschen seine Auffassung zur Empfängnisverhütung teilt. Alle
Indikatoren zeigen eine weltweite Gemeinschaft auf dem napoleonischen Rückzug.
Die Kirche lehrt noch, aber immer weniger Menschen hören ihr zu.
    Die Messe sollte dem Oberhirten
eine Atempause von den Sorgen und Lasten seines Amtes geben. In gewisser Weise
verstärkt sie seine Sorgen. Er muß sich von Jesus, dessen Opfer er nun gedenken
will, seine Lasten abnehmen lassen.
    Während die Wandlung
näherkommt, geht Johannes Pauls Denken vielleicht zurück zu seiner Kindheit in
Wardowice,
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