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Gott im Unglück

Gott im Unglück

Titel: Gott im Unglück
Autoren: A. Lee Martinez
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richtig. Heute Abend wird dich jemand anders mitnehmen müssen. Ich bin über eine Radkappe gefahren, die Radachse ist gebrochen.«
    »Verdammt, weißt du, was uns das kosten wird?«
    »Mehr als ein Glas Pennys«, antwortete sie. »Ich will nicht darüber reden. Ich will einfach nur, dass es in Ordnung kommt. Sofort.«
    Er hörte einen dumpfen Schlag durch die Leitung.
    »Au, Scheiße noch mal! Mir ist gerade mein Briefbeschwerer auf den Fuß gefallen. Mann, das tut weh! Phil …«
    »Ich kümmere mich darum. Mach dir keine Sorgen.«
    »Mach schnell, okay?«, sagte sie. »Ich habe um zwei ein wichtiges Meeting, und ich weiß, wenn es damit endet, dass ich den Sitzungssaal in Brand setze, bekomme ich vermutlich eine Abmahnung.«
    Er legte auf und versuchte, seine Arbeit zu sichern. Kränkliches Grün füllte seinen Monitor aus, während Rauch vom Computer aufstieg. Hastig zog Phil den Stecker.
    Elliot tauchte auf. »Riecht hier was verbrannt?«
    Phil wedelte den Rauch weg. »Ich muss mir dein Auto leihen.«
    Misstrauisch verengte Elliot die Augen. »Warum hast du nicht deins?«
    »Hab ’nen Platten.«
    »Das hat doch nichts mit göttlichem Zorn zu tun, oder?«
    Phil dachte kurz daran zu lügen, aber er war nicht besonders gut darin. »Vielleicht.«
    »Vergiss es.«
    »Weißt du noch, als ich dich und Ginger beim Frühlingsfest in der Besenkammer erwischt habe?«, sagte Phil. »Und deine Frau hätte dich auch gleich entdeckt, wenn ich sie nicht abgelenkt hätte, falls ich mich recht erinnere.«
    »Das ist nicht fair. Ich war betrunken. Wir haben sowieso nur ein bisschen rumgemacht. Nichts Ernstes.«
    »Ich bin mir sicher, Amy hätte es nichts ausgemacht, dich und Ginger zwischen den Mopps fummeln zu sehen.«
    Elliot warf Phil seinen Autoschlüssel zu.
    »Wir sind quitt. Aber sei bitte vorsichtig mit dem Wagen. Ich hab ihn gerade erst gekauft, und meine Versicherung deckt keine höhere Gewalt ab.«

VIER
    Bonnie würde später darüber nachdenken, wie willkürlich dies alles war und wie sich ein ganzes Leben wegen eines gestohlenen Motorrades ändern konnte. Der Dieb wurde nie gefasst. Manchmal gefiel ihr der Gedanke, dass es Schicksal war, dass ein Gesandter des Schicksals sich ihre geliebte Harley als Teil eines höheren Planes geschnappt hatte. Vielleicht wurde das Motorrad jetzt dazu benutzt, die Sonne über den Himmel zu schleppen. Damit konnte sie leben.
    Sie wusste es besser. Wenn es eines gab, das ihr Handel mit dem Göttlichen sie gelehrt hatte, dann war es, dass es keinen höheren Plan gab. Das mochte den Sterblichen nicht gefallen. Die Götter mochten es leugnen, so gut sie konnten. Doch Launenhaftigkeit war der wahre Herrscher des Universums. Bonnie hatte ihre Harley aus einer Laune heraus gekauft. Jemand hatte sie aus einer anderen Laune heraus gestohlen. Es war eine Laune der Verkehrsbetriebe, dass es nur einen Häuserblock von ihrer Wohnung entfernt eine Bushaltestelle gab. Und es war eine Laune der Natur, dass der Morgen so schön war, dass sie früher das Haus verließ, um sich auf die Bank zu setzen und das frische Wetter zu genießen.
    Eine einsame Frau saß auf der Bank. Sie wirkte ungepflegt und hatte schmutzige, braune Haare. Ihr Kleid war vielleicht vor einem Jahrzehnt schön gewesen, jetzt aber zerfetzt und schmutzig. Sie saß in sich zusammengesunken da. Ihr Gesicht war nicht zu sehen, außerdem trug sie Handschuhe, sodass Bonnie ihr Alter nicht einschätzen konnte. Sie fragte sich, ob die Frau obdachlos war oder ein ausgebrannter Hippie oder noch etwas ganz anderes. Bonnie hatte mehr Menschen erwartet, es war schließlich die morgendliche Pendlerzeit, aber vielleicht hatte die Frau sie alle vertrieben.
    Bonnie wäre auch beinahe gegangen, fand das dann aber voreingenommen. Sie wollte sich nicht von einem vorschnellen Urteil den Tag verderben lassen.
    »Hallo«, sagte sie also so warmherzig sie konnte.
    Die Frau wandte ihr den Kopf zu. Die Haare fielen ihr über die Augen und verbargen alles bis auf ihr Kinn. Es war glatt und blass. Zu blass. Als wäre ihre Haut nie dem Sonnenlicht ausgesetzt gewesen. Oder überhaupt irgendwelchem Licht. Wie ein Albino. Sie lächelte nicht.
    »Hallo.« Ihre ausdruckslose Stimme klang leicht rau.
    »Schöner Tag, nicht?«
    »Ach ja?« Die Frau hob den Kopf, das Haar klebte ihr am Gesicht. »Hatte ich gar nicht bemerkt.«
    Bonnie beschloss, diese Frau sei seltsam, aber harmlos. Wenn sie die anderen Pendler verjagt hatte, bot das Bonnie nur mehr Platz auf der
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