Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gorki Park

Gorki Park

Titel: Gorki Park
Autoren: Martin Cruz-Smith
Vom Netzwerk:
der >Muskelmann<.«
    »Nicht deutlich genug«, widersprach Arkadi. »Die >Schönheit< und das >Ungeheuer< - das passt eher, finde ich. >Kümmerling< für den zweiten.«
    »In Wirklichkeit hat er rote Haare gehabt«, warf Pascha ein. »Ich schlage vor, dass wir ihn >Rotkopf< nennen.«
    »>Schönheit<, >Ungeheuer< und >Rotkopf<. Unsere erste wichtige Entscheidung, Fet«, sagte Arkadi.
    »Weiß jemand, wie das Labor mit den Schlittschuhen vorangekommen ist?«
    »Die Sache mit den Schlittschuhen könnte ein Trick sein«, meinte Fet. »Ich halte es für kaum vorstellbar, dass man im Gorki-Park drei Menschen erschießen kann, ohne dass jemand etwas davon hört. Die Ermordeten können anderswo erschossen worden sein; danach hat man ihnen Schlittschuhe angezogen und sie nachts in den Park geschafft.«
    »Es ist tatsächlich schwer zu glauben, dass drei Leute im Gorki-Park erschossen werden, ohne dass jemand etwas hört«, antwortete der Chefinspektor. »Aber versucht mal, einem Toten Schlittschuhe anzuziehen! Außerdem ist ausgerechnet der Gorki-Park der einzige Ort, der sich zu keiner Zeit als Versteck für drei Leichen eignet.«
    »Aber wir haben die letzte Kugel in der Erde gefunden«, wandte der junge Kriminalbeamte ein. »Das beweist doch, dass die drei dort erschossen worden sind.«
    »Das beweist lediglich, dass der Mann dort - tot oder lebendig - einen Kopfschuss erhalten hat«, stellte Arkadi richtig. »Wir haben keine Patronenhülsen gefunden. Hätte der Täter eine Pistole benützt, wären die Hülsen ausgeworfen worden.«
    »Er könnte sie aufgesammelt haben«, protestierte Fet.
    »Wozu? Die Geschosse sind ebenso verräterisch wie die Hülsen.«
    »Er könnte aus einiger Entfernung geschossen haben.«
    »Das hat er aber nicht getan«, stellte Arkadi fest.
    »Vielleicht hat er die Hülsen aufgesammelt, weil er Angst hatte, jemand würde sie finden und daraufhin nach einer Leiche suchen.« Arkadi schüttelte den Kopf. »Die nach dem Schuss glühendheißen Hülsen wären längst im Schnee verschwunden, bevor die Leichen eingeschneit worden wären. Aber mich interessiert etwas anderes.« Er warf Fet einen fragenden Blick zu. »Warum gehen Sie von einem Einzeltäter aus?«
    »Wir haben es nur mit einer Waffe zu tun.«
    »Soviel wir wissen, sind alle Schüsse aus derselben Waffe abgegeben worden. Können Sie sich vorstellen, wie schwierig es für einen einzelnen Schützen wäre, drei Menschen dazu zu bringen, stillzuhalten und sich aus kürzester Entfernung erschießen zu lassen - es sei denn, er hätte bewaffnete Komplizen bei sich?« Arkadi zuckte mit den Schultern. »Jedenfalls fassen wir den Täter! Wir haben erst zu arbeiten angefangen!« Er sah auf seine Uhr. »Ein langer Tag, was? Eure Schicht ist längst zu Ende.« - Fet verschwand hastig.
    »Da fliegt unser Vögelchen«, sagte Pascha, bevor er ebenfalls ging.
    »Hoffentlich erweist er sich als Papagei.«
     
    Als Arkadi allein war, rief er das Hauptquartier in der Petrowka-Strasse an und veranlasste, dass in der Sowjetunion westlich des Urals ein Fahndungsaufruf verbreitet wurde, damit der Milizdirektor zufrieden war. Dann versuchte er, erneut in der Schule anzurufen. Aber die Genossin Lehrerin Renko leitete eine Kritikversammlung für Schülereltern und konnte nicht an den Apparat kommen.
    Die anderen Ermittlungsbeamten verließen ihre Büros und setzten ihre Freizeitgesichter auf. Arkadi hatte keinen Hunger, aber er wusste, dass ein Spaziergang ihm Appetit machen würde. Er zog seinen Mantel an und verließ das gelbe Gebäude.
    Er ging bis zum Paweletser-Bahnhof und kehrte dann in eine Schnellimbissstube ein, in der es am Büfett Weißfisch und in Essig schwimmenden Kartoffelsalat gab. Arkadi trat an die Bar und bestellte ein Bier. Auf den anderen Hockern saßen Eisenbahner und junge Soldaten, die sich mit billigem Sekt betranken: mürrische Gesichter zwischen grünen Flaschen.
    Zu seinem Bier wurde Arkadi eine Scheibe Roggenbrot mit Butter und Kaviar serviert. »He, woher kommt das?«
    »Vom Himmel«, sagte der Geschäftsführer.
    »Es gibt keinen Himmel.«
    »Doch, für uns ist dies hier jetzt der Himmel.« Der Geschäftsführer grinste Arkadi mit seinem blitzenden Stahlgebiss an und schob ihm das Kaviarbrot hin.
    »Na ja, ich hab heute noch keine Zeitung gelesen«, gab Arkadi zu.
    Die Frau des Geschäftsführers, eine zwergenhafte Gestalt in einem weißen Kittel, kam aus der Küche.
    Als sie Arkadi sah, lächelte sie so strahlend, dass ihr verhärmtes
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher