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Gorki Park

Gorki Park

Titel: Gorki Park
Autoren: Martin Cruz-Smith
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Gewehr am Ende des Mittelganges. Arkadi warf mit dem Zobel nach ihm. Osborne trat zur Seite, riss das Gewehr wieder hoch und schoss. Arkadi war inzwischen zu Boden gegangen, weil sein Bein nachgegeben hatte, und schoss ebenfalls. Die beiden ersten Schüsse trafen Osborne in den Magen. Osborne lud nach. Arkadis nächste Schüsse trafen Osbornes Herz. Der fünfte Schuss traf Osbornes Kehle, als er zusammensackte. Und der sechste Schuss ging daneben.
    Arkadi schleppte sich ins Freie. Osborne lag mit geschlossenen Augen auf dem Rücken. Er hielt noch immer sein Gewehr umklammert. Arkadi nahm ihm erschöpft den Gürtel ab, um sein blutendes Bein damit abzubinden. Er merkte nicht gleich, dass Irina über ihnen stand. Sie starrte den Toten an. Sprach aus Osbornes Gesichtsausdruck nicht der Triumph eines Mannes, der schließlich doch Sieger geblieben war?
    »Wohin fahren wir jetzt?«
    »Du fährst«, stellte Arkadi richtig.
    »Ich bin gekommen, um dich zu holen«, sagte Irina. »Wir können flüchten, wir können in Amerika bleiben.«
    »Ich will nicht hier bleiben.« Arkadi sah auf. »Ich wollte niemals bleiben. Ich bin nur gekommen, weil Osborne dich sonst ermordet hätte.«
    »Dann fahren wir beide heim.«
    »Du bist hier zu Hause. Du bist eine Amerikanerin, Irina, du bist, was du schon immer sein wolltest.«
    Er lächelte. »Du bist keine Russin mehr. Wir sind immer verschieden gewesen, und ich weiß jetzt, was uns unterscheidet.«
    »Du kannst dich auch ändern.«
    »Ich bin Russe.« Er klopfte an seine Brust. »Je länger ich hier bin, desto russischer werde ich.«
    »Nein!« Sie schüttelte aufgebracht den Kopf.
    »Sieh mich an.« Arkadi kam mühsam hoch. Das verletzte Bein war gefühllos. »Nein, nicht weinen. Sieh mich an: Arkadi Renko, ehemals Parteimitglied und Chefinspektor. Wenn du mich liebst, sagst du mir ehrlich, wie amerikanisch ich jemals sein könnte. Los, sag’s schon!« verlangte er erregt.
    »Warum gibst du nicht zu«, fuhr er leiser fort, »dass du einen Russen vor dir hast?«
    »Ich lass dich nicht allein zurück, Arkascha! Ich … «
    »Du verstehst mich nicht.« Er nahm Irinas Gesicht zwischen die Hände. »Ich bin nicht so tapfer wie du, nicht tapfer genug, um zu bleiben. Bitte, lass mich zurück gehen. Ich werde dich immer lieben.« Er küsste sie leidenschaftlich. »Los, lauf zu!«
    »Die Zobel …«
    »Die kannst du mir überlassen. Lauf schon!« Er stieß sie an. »Aber geh auf keinen Fall zum FBI; geh zur New Yorker Polizei oder zum Außenministerium - nur nicht zum FBI!«
    »Ich liebe dich.« Sie versuchte, seine Hand festzuhalten.
    »Muss ich erst mit Steinen werfen?« fragte er.
    Irina ließ seine Hand los. »Dann gehe ich also«, sagte sie.
    »Alles Gute!«
    »Alles Gute, Arkascha.« Sie hörte auf zu weinen, strich sich die Haare aus dem Gesicht, sah sich um und holte tief Luft. »Ich bin eine gute Fahrerin. Und es schneit nicht mehr.«
    »Ja.«
    Irina machte ein Dutzend Schritte. »Höre ich jemals wieder von dir?« Ihr bleiches Gesicht mit den ausdrucksvollen Augen war tränennass.
    »Bestimmt! Irgendeine Möglichkeit gibt’s immer. Die Zeiten ändern sich.«
    Am Tor blieb sie erneut stehen. »Wie kann ich dich verlassen?«
    »Ich verlasse dich.«
    Irina ging durchs Tor. Arkadi fand Osbornes Zigarettenetui, rauchte und hörte den Wind in den Bäumen rauschen, bis in der Ferne ein Motor ansprang. Auch die Zobel hörten den anfahrenden Wagen; sie hatten scharfe Ohren.
    Es hat also drei Tauschgeschäfte gegeben, überlegte Arkadi sich. Zuerst Osbornes, dann Kirwills und jetzt meines. Ich kehre in die Sowjetunion zurück, damit der KGB Irina in Amerika bleiben lässt. Aber was habe ich außer mir zu bieten? Natürlich die Zobel. Auch sie müssen beseitigt werden.
    Er zog Osborne das Gewehr aus den Händen und humpelte in den Schuppen zurück. Wie viele Kugeln habe ich überhaupt? fragte er sich. Die Zobel hatten sich beruhigt; sie verfolgten seine Bewegungen mit ans Gitter gepressten Köpfen.
    »Ich bitte um Entschuldigung«, sagte Arkadi laut. »Ich weiß nicht, was die Amerikaner mit euch tun würden. Es hat sich gezeigt, dass wir keinem trauen dürfen.«
    Die pechschwarzen wachen Augen der Tiere in den Käfigen beobachteten ihn unverwandt.
    »Ich bin zum Scharfrichter ernannt worden«, fuhr Arkadi fort. »Und sie bekommen die Wahrheit aus mir heraus, Brüder; sie sind keine Männer, die sich mit Lügenmärchen zufrieden geben. Tut mir leid, dass es so gekommen ist.«
    Er bildete sich
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