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Gorki Park

Gorki Park

Titel: Gorki Park
Autoren: Martin Cruz-Smith
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auf dem Schreibtisch des Majors zwei rote Gummibälle mit elliptischen Bißspuren gefunden. Arkadi ließ eine Empfangs-Bestätigung für die Bälle zurück und nahm sie mit ins forensische Labor, wo festgestellt wurde, dass die Bißspuren genau den Zähnen der beiden Ermordeten entsprachen.
    Pribluda musste die betäubten Anstaltsinsassen zum Fluß gefahren, ihnen die Gummibälle als Knebel in den Mund gesteckt und sie erschossen haben. Um die Spuren zu verwischen, hatte er die Kugeln aus den Leichen herausgeschnitten. Die verstümmelten Leichen waren sofort gefroren.
    Da Haftbefehle vom Staatsanwalt ausgestellt wurden, meldete Arkadi sich bei Jamskoi, klagte Pribluda wegen Mordes an und beantragte zunächst einen Durchsuchungsbefehl für Pribludas Büro und seine Wohnung. Noch während der Chefinspektor mit dem Staatsanwalt sprach, kam ein Anruf, dass der KGB aus Gründen der Staatssicherheit die Ermittlungen im Fall der an der Kliasma aufgefundenen Leichen an sich ziehe. Sämtliche Ermittlungsunterlagen seien Major Pribluda zu übergeben.
     
    Vom Ballistiklabor aus machte sich Arkadi auf den Weg in sein Büro im Gebäude der Moskauer Staatsanwaltschaft. Diese lag südlich der Moskwa in der Nowokusnezkaja-Strasse, in einem Viertel mit Geschäftshäusern aus dem 19. Jahrhundert, und zwar in zwei nebeneinanderstehenden Gebäuden. Die Ermittlungsbehörde befand sich in einem gelben einstöckigen Bau, die Anklagebehörde war in einem zweistöckigen grauen Gebäude untergebracht. Arkadi betrat den gelben Bau und nahm auf der Treppe zum ersten Stock je zwei Stufen auf einmal. Oben im Korridor kamen ihm die Chefinspektoren Tschutschin (Sonderfälle) und Below (Industrie) entgegen.
    »Jamskoi hat nach dir gefragt«, warnte Tschutschin ihn.
    Arkadi ignorierte ihn und verschwand in seinem Büro am Ende des Korridors. Der Raum, drei mal vier Meter groß, hatte ein altmodisches Doppelfenster und war mit abgestoßenen Büromöbeln eingerichtet. Der Wandschmuck bestand aus einem Kalender, einem ungewöhnlichen Foto, das Lenin im Liegestuhl zeigte.
    Below kam herein. »Du behandelst Tschutschin ziemlich schlecht«, stellte er fest. Below war der älteste Kriminalbeamte und hegte laut eigener Aussage »unerschütterliche Zuneigung« für Arkadi.
    »Er ist ein Schwein!«
    »Er tut notwendige Arbeit.« Below kratzte sich sein kurzes, etwas schütteres Haar. »Wir spezialisieren uns alle.«
    »Ich habe nie behauptet, dass Schweine überflüssig seien.«
    »Genau das meine ich. Er befaßt sich mit gesellschaftlichem Abschaum.«
    Wsewolod Below, der Mann mit den ausgebeulten Anzügen. Der Veteran, der den Großen Vaterländischen Krieg nicht vergessen konnte. Großmütig - und zugleich ein instinktiver Reaktionär.
    Mit Fragen, die bestimmte Kreise betrafen, konnte Arkadi sich stets an Below wenden.
    »Onkel Sewa, wer färbt sich die Haare und trägt ein Sportsakko mit einem gefälschten ausländischen Etikett?«
    »Da hast du Pech«, antwortete Below mitfühlend. »Musiker oder Rocker. Jazzfanatiker und dergleichen. Von denen hast du keine Unterstützung zu erwarten.«
    »Erstaunlich! Du tippst also auf Gammler?«
    »Bei deiner Intelligenz musst du das selbst am besten wissen. Eine Maskerade mit gefärbtem Haar und ein gefälschtes Etikett lassen jedenfalls auf Gammler oder jemand mit starker Neigung zum Musiker- oder Gammlermilieu schließen.«
    »Drei Leute sind mit der gleichen Waffe erschossen worden. Danach hat jemand sie mit einem Messer verstümmelt. Sämtliche Taschen sind ausgeleert. Und Pribluda ist sofort zur Stelle, um die Leichen zu beschnüffeln.«
    Below schüttelte den Kopf. »Persönliche Differenzen zwischen Justizorganen sollten unsere gemeinsame Arbeit nicht behindern dürfen«, meinte er bekümmert.
    Arkadi legte seine Hände flach auf die Schreibtischplatte und lächelte. »Danke, Onkel Sewa. Du weißt, wie sehr ich dein Urteil schätze.«
    »Ah, das klingt schon besser … « Below ging erleichtert zur Tür. Er wollte nicht daran denken, weshalb Pribluda und Arkadi einander haßten. »Hast du deinen Vater in letzter Zeit wieder einmal besucht?«
    »Nein.« Arkadi breitete die vorläufigen Autopsieberichte auf seinem Schreibtisch aus und zog die Schreibmaschine zu sich heran.
    »Richtest du ihm einen Gruß von mir aus? Aber nicht vergessen!«
    »Bestimmt nicht.«
    Arkadi machte sich daran, einen ersten Ermittlungsbericht zu tippen.
    Während er die wenig aussageträchtigen Blätter noch einmal durchlas, kamen
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