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Gorian 2

Gorian 2

Titel: Gorian 2
Autoren: Alfred Bekker
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drückten ihn nur noch ärger zu Boden, je mehr er sich dagegen auflehnte.
    »Torbas, warum tust du das? Wie konntest du mich so verraten? Ich habe dir vertraut!«
    »Ich dir nie. Wer in den Straßen von Thiskaren aufgewachsen ist, traut niemandem«, gab Torbas kühl zurück. Er wandte sich halb herum. »Komm her, Sheera!«, rief er. »Sofort! Jetzt ist der Augenblick gekommen, da du beweisen kannst, dass du Morygors Gunst wirklich verdienst!«
     
    Sheera stieg zögernd und mit ruckartigen, seltsam ungelenken Bewegungen vom Rücken des weißen dreizahnigen Riesenfledertiers. Langsam näherte sie sich. Ihre Schritte waren klein und unsicher, die dunklen Augen weit aufgerissen und wirkten aus der Entfernung wie die leeren Höhlen eines Totenschädels. Sie war bleich und zitterte leicht.
    Torbas trat einen Schritt zur Seite und warf ihr Sternenklinge zu. Sie hob die Hand und fing die Waffe sicher auf.
    »Töte ihn«, verlangte Torbas. »Jetzt! Das wird Morygor von deiner Treue überzeugen!«
    »Sheera!«, rief Gorian.
    »Tu, was ich dir sage!« Torbas steckte Schattenstich in die Schwertscheide seines Waffengehänges.
    Sheera trat weiter vor. Ihre Bewegungen wirkten marionettenhaft. Sie packte den Griff von Sternenklinge mit beiden Händen, hob das Schwert, als wollte sie es Gorian in die Brust rammen.

    Dann wirbelte sie herum, stieß einen Kraftschrei aus und wollte Torbas den Kopf abschlagen.
    Torbas hob nur seine Hand.
    Sternenklinge prallte von einer unsichtbaren Wand ab, so schien es, schnellte zurück – und durchschnitt Sheeras Kehle!
    Blut spritzte aus ihrer geöffneten Halsschlagader, während sie röchelnd zu Boden ging.
    Torbas ließ Sternenklinge in seine Hand schweben. Sheeras Blut troff von der Klinge, die er dicht neben Gorians Kopf in das Eis rammte.
    »Worauf wartest du?«, schrie Gorian entsetzt. »Töte mich!«
    »Ich habe dich schon besiegt.«
    »Dann mach ein Ende!«
    »Es ist mir nicht mehr bestimmt, dich zu töten, wie auch dir nicht mehr bestimmt ist, Morygors Schicksalslinie zu beenden. Was auf dem Turm geschah, hat alles verändert. Das Schicksal ganz Erdenrunds ist nicht mehr dasselbe. Auf dem Turm hätte ich dich töten sollen – hier nicht.«
    »Hat Morygor dir seine Voraussicht der Schicksalslinien offenbart?«, fragte Gorian ächzend.
    Torbas verzog das Gesicht zu einem kalten Lächeln. »Er fürchtet dich nicht mehr, denn er weiß, dass von dir keine Gefahr mehr für ihn ausgeht. Du wirst Morygor nicht töten, Gorian.«
    Dann wandte er sich der am Boden liegenden Sheera zu, deren Blut in den Schnee strömte und dort dampfend verrann.
    »Und du – heile dich selbst!«

25
    Eissturm
    Torbas drehte sich um und ging zu seinem Dreizahnigen, bestieg das weiße Riesenfledertier und flog davon.
    Gorian versuchte erneut, sich von den unsichtbaren magischen Fesseln zu befreien, aber er schaffte es immer noch nicht.
    Er sah, wie sich der Dreizahnige mit Torbas auf dem Rücken erhob und davonflog. Schneefall setzte ein, und der Eiswind wurde stärker.
    »Sheera?«, fragte er.
    Als Antwort erhielt er nur ein Röcheln. Er wandte den Kopf, doch sie war zu tief in den Schnee eingesunken, als dass er viel von ihr hätte erblicken können. Er konzentrierte sich auf die magischen Fesseln, es musste eine Möglichkeit geben, sie zu sprengen. Falls nicht, würde ihn die Kälte schon bald töten, zumal offenbar ein Schneesturm aufkam.
    Sheera murmelte etwas. Ob es eine magische Formel oder ein letztes Gebet zum Verborgenen Gott war, konnte Gorian nicht verstehen. Sie sprach zu verwaschen und undeutlich, sodass er allenfalls einzelne Worte mitbekam, die aber keinerlei Sinn ergaben.
    Er sammelte zunächst so viel der Alten Kraft wie möglich, um sich ein weiteres Mal gegen die Fesseln zu stemmen. Vergeblich. Sie hielten ihn fester als zuvor, sein Bewegungsspielraum
war noch geringer geworden. Fast so, als hätte er an einer Schlinge gezogen, die sich daraufhin noch enger um seinen Körper geschnürt hatte.
    Er versuchte es mit einer anderen Art von Magie: Anstatt Kräfte zu sammeln und aufzubieten, saugte er die Kraft der Fesseln in sich hinein, nahm sie auf, und siehe da, schon nach wenigen Augenblicken waren seine Hände frei und wenig später auch seine Füße, und er konnte sich wieder frei bewegen.
    Sofort kümmerte er sich um Sheera.
    Sie hatte viel Blut verloren, war aber noch am Leben. Zu Gorians Überraschung hatte sich die Wunde an ihrem Hals sogar schon beinahe geschlossen, das Blut darüber war
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