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Gorian 1: Das Vermächtnis der Klingen

Gorian 1: Das Vermächtnis der Klingen

Titel: Gorian 1: Das Vermächtnis der Klingen
Autoren: Alfred Bekker
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Greifenreiterkunst nicht mehr in der Lage, das majestätische Flugtier wieder höher steigen zu lassen. Die Gondel schwebte nur noch eine halbe Mastlänge weit über dem Eis, und wenn eine Schneeverwehung kam, schabte sie manchmal darüber hinweg.
    Schließlich veranlasste Centros Bal den Greifen, die Gondel abzusetzen. Der Greif landete daneben.
    In diesem Moment fiel die Lethargie von Gorian völlig ab. Alles, was er an Kleidung besaß, zog er an und gürtete sich jenes gewöhnliche, namenlose Schwert auf den Rücken, das ihn bis nach Basileia begleitet hatte.
    »Was hast du vor?«, fragte Sheera.
    »Der Greif kann der Aura nicht mehr widerstehen und ist schon weiter geflogen, als er es hätte tun sollen«, antwortete Gorian. »Aber das bedeutet nicht, dass ich aufgebe.«
    »Das werden wir ja sehen!«, entgegnete Thondaril, der erschreckend schwach und blass wirkte und mit ungewöhnlich dünner, brüchiger Stimme sprach. »Centros Bal schuldet uns eine vollständige Passage!«
    Die anderen Besatzungsmitglieder äußerten sich nicht dazu. Fentos Roon war inzwischen in einen so tiefen Schlaf gefallen, dass selbst die Heilschülerin Sheera ihn zunächst für tot hielt. Der andere Greifenreiter in Diensten Centros Bals redete nur noch wirres Zeug und knurrte hin und wieder wie ein wildes Tier. Gorian sah ihn an und murmelte: »Jetzt ist es an denen, weiterzugehen, die noch die Kraft dazu haben.«
    Insgeheim aber fragte er sich, ob er selbst noch dazugehörte.
    Thondaril trat als Erster ins Freie. Ein eisiger Wind wehte ihm feinen Schnee ins Gesicht.
    Centros Bal kümmerte sich um den Greifen, redete dem Tier gut zu, woraufhin dieses einen Laut ausstieß, der eher einem Röcheln ähnelte.
    »Ich fliege keine Meile mehr«, wandte sich der Greifenreiter an Thondaril. »Ihr könnt verlangen, was Ihr wollt, hier ist die äußerste Grenze. Wir hätten schon früher umkehren sollen.« Centros Bals Atem bildete ein Wölkchen vor Mund und Nase, als er laut seufzte. Dunkle Ringe hatten sich unter seinen Augen gebildet, deren Blick eigenartig flackerte. Immer wieder wandte er suchend den Kopf, sah in das undurchdringliche Schneegestöber. »Hört Ihr sie nicht, Thondaril? Die Stimmen … Sie sind so nahe und bedrängend …«
    »Ich höre gar nichts«, behauptete der Ordensmeister.
    »Sie scheinen Euch nicht zu mögen, Meister Thondaril – denn manche von ihnen versuchen mich dazu zu überreden, Euch zu töten! Und eins sage ich Euch: Wenn mein Greif diesen Höllenflug nicht überlebt, dann werde ich das sogar tun!«
    »Wir sind kurz vor dem Ziel«, entgegnete Thondaril mürrisch. »Und da wollt Ihr aufgeben?«
    »Wie weit ist es noch bis zum Speerstein?«, mischte sich Gorian ein.
    Centros Bal zuckte mit den Schultern. »Ein oder zwei Tage.«
    »Ihr meint mit einem Greifen!«
    »Ob zu Fuß oder mit einem Greifen, das ist kaum noch ein Unterschied!«, behauptete der Kaufmann. »Bei dem Gegenwind und vor allem dieser verfluchten Kraft, die uns alle schwächt und selbst meinen Greifen niederzwingt, kommt man ohnehin nur im Schneckentempo voran. Davon abgesehen kann ich euch nicht einmal genau sagen, wo wir sind.«
    Inzwischen hatten auch Torbas und Sheera die Gondel verlassen. Gorian wandte sich ihnen zu. »Jeder von euch muss nun für sich selbst entscheiden, ob er noch die nötige Kraft hat, um mit mir zu kommen.«
    »Was ist das für eine Frage!«, gab Torbas großspurig zurück. »Auch wenn mir diese Stimmen ziemlich auf den Geist gehen, das ist noch längst kein Grund, dich allein in den Untergang stiefeln zu lassen!« Seine Leichtigkeit wirkte aufgesetzt.
    »Und irgendwer wird dich ja auch heilen müssen«, sagte Sheera. »Ob nun von den Wunden, die du im Kampf davontragen könntest, oder von deinem Wahn, etwas zu vollbringen, wozu die ganze Armee des Kaisers und alle Ordensmeister bisher nicht in der Lage waren.«
    »Sparen wir uns das Gerede und gehen«, entschied Thondaril. Er deutete mit dem Finger in eine bestimmte Richtung und sagte: »Da lang!«
    »Also für mich sieht hier alles gleich aus«, meinte Gorian. »Ich hoffe nicht, dass wir auf den letzten Meilen zum Speerstein noch im Kreis herumlaufen!«
    »Wozu bist du ein Schüler der Magie?«, rief Thondaril, der schon ein paar Schritte gegangen war. »Du wolltest doch in allen fünf Häusern ausgebildet werden. Jetzt kannst du deine Ausbildung in einer Disziplin vervollständigen, die magische Orientierung genannt wird!«
     
    Das Schneegestöber nahm an Heftigkeit
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