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GONE Lügen

GONE Lügen

Titel: GONE Lügen
Autoren: Michael Grant
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verwandelte sich in seinem Albtraum aber zu einer kraftstrotzenden Pythonschlange, die ihm Hieb für Hieb die Haut abzog.
    Er hatte darum gebettelt, sterben zu dürfen. Er hatte den Psychopathen angefleht, ihn zu töten, es zu Ende zu bringen, ihn zu erlösen.
    Er war aber nicht gestorben. Hatte Qualen gelitten, die so grauenhaft waren, dass ihm die Worte fehlten, um sie zu beschreiben. Und dazu noch die Erniedrigung, denn Drake Merwin hatte gnadenlos weiter zugeschlagen und dabei die ganze Zeit gelacht.
    Sam fuhr schweißüberströmt aus dem Schlaf.
    Immer der gleiche Albtraum. Er ließ ihn einfach nicht mehr los. Obwohl Drake im Bergwerk unter Geröll und Felsen begraben lag und tot war, verfolgte er Sam mit seiner Peitschenhand und der Erinnerung an die erlittene Folter.
    »Alles okay?«
    Astrid. Bis auf ihre Konturen, die ein Hauch von Sternenlicht im Türrahmen nachzeichnete, war sie praktisch unsichtbar.
    Er wusste, wie sie aussah. Bildschön, mit mitfühlenden, intelligenten blauen Augen und blonden Haaren, die ihr flaumig und zerzaust vom Kopf stehen mussten, weil sie gerade erst aufgestanden war.
    All das konnte er sich mühelos vorstellen. Das Bild von ihr, das er in sich trug, war detaillierter als im echten Leben. Er rief es sich oft vor Augen, wenn er allein in seinem Bett lag. Viel zu oft und viel zu lange schon.
    »Mir geht’s gut«, log Sam.
    »Du hattest einen Albtraum.« Das war eine Feststellung.
    Sie kam herein. Er konnte das Rascheln ihres Nachthemds hören. Als sie sich auf seine Bettkante setzte, spürte er ihre Wärme. »Derselbe wie immer?«
    »Ja. Wird langsam langweilig«, scherzte er. »Ich weiß, wie er ausgeht.«
    »Du bleibst am Leben und wirst geheilt.«
    Sam erwiderte nichts. Es stimmte: Er hatte überlebt. Ja, er war am Leben. Aber geheilt?
    »Geh wieder schlafen, Astrid.«
    Sie streckte die Hand nach ihm aus, tastete nach seinem Gesicht und strich mit den Fingern über seine Wange. Als er sich abwenden wollte, damit sie seine Tränen nicht spürte, ließ sie es nicht zu.
    »Nicht«, flüsterte er. »Das macht es nur noch härter.«
    »Soll das ein Witz sein?«
    Er lachte und die Spannung löste sich. »Na ja, wenn, dann war er unbeabsichtigt.«
    »Es ist nicht so, dass ich es nicht will.« Sie beugte sich vor und küsste ihn auf den Mund.
    Er schob sie weg. »Du willst mich nur ablenken. Ich soll auf andere Gedanken kommen.«
    »Und? Funktioniert es?«
    »Ja. Ziemlich gut sogar.«
    »Ich geh jetzt besser.« Sie stand auf und er hörte, wie sie sich entfernte.
    Er wälzte sich aus dem Bett und stellte seine Füße auf den kalten Fußboden. »Ich muss meinen Rundgang machen.«
    Sie blieb in der Tür stehen. »Sam, du bist erst vor zwei Stunden heimgekommen, ich habe dich gehört. Du hast kaum geschlafen. In ein paar Stunden geht die Sonne auf. Bis dahin überlebt die Stadt auch ohne dich. Außerdem halten Edilios Kids Wache.«
    Sam schlüpfte in seine Jeans und zog den Reißverschluss hoch. Er überlegte, ob er ihr von Orsays Prophezeiungen erzählen sollte, aber das konnte er auch noch später tun. Das hatte keine Eile.
    »Da draußen spielen sich Dinge ab, mit denen Edilios Leute allein nicht fertig werden«, sagte er.
    »Zil?« Astrids Stimme wurde schlagartig kalt. »Sam, ich verachte diesen Mistkerl genauso wie du. Aber du kannst ihn dir noch nicht vorknöpfen. Zuerst brauchen wir ein funktionierendes Justizsystem. Zil ist kriminell.«
    »Er ist ein beschissener Feigling, der vor nichts zurückschreckt«, entgegnete Sam scharf. »Solange du dein tolles System nicht hast, muss ihn jemand im Auge behalten.« Bevor Astrid reagieren konnte, fügte er hinzu: »Entschuldige, war nicht so gemeint.«
    Astrid kam ins Zimmer zurück. Kurz hoffte er, es läge daran, dass er einfach zu unwiderstehlich war. Obwohl er sie nicht sehen konnte, spürte er, dass sie ihm ganz nahe war.
    »Sam, hör zu. Es lastet nicht mehr alles nur auf deinen Schultern.«
    Sam zog sich sein T-Shirt über den Kopf. Seit er seine Klamotten im Meer wusch, roch alles nach Salz, war steif wie ein Brett und kratzte auf der Haut. »Wenn ich mich recht erinnere, waren bis vor Kurzem noch alle dafür, dass ich die Verantwortung übernehme.«
    »Stimmt«, erwiderte Astrid. »Du bist zweifellos unser größter Held. Aber auf lange Sicht brauchen wir mehr als das. Wir brauchen Gesetze und Leute, die über die Gesetze wachen. Und keine n …« Sie biss sich gerade noch auf die Zunge.
    »Tyrannen?« Sam wurde langsam sauer.
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