Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
GONE Lügen

GONE Lügen

Titel: GONE Lügen
Autoren: Michael Grant
Vom Netzwerk:
Wahrscheinlich würde sie zuerst einmal auf dem Recht auf Meinungsfreiheit herumreiten. Vielleicht auch nicht. Vielleicht würde sie die Gefahr erkennen. Solange es darum ging, theoretische Erklärungen zu finden, war Astrid unübertrefflich. Doch sie versagte, wenn es darauf ankam, auf die Leute zuzugehen und ihnen zu erklären, was Sache war.
    Er näherte sich dem kleinen Friedhof mit den behelfsmäßigen Holzkreuzen und mehreren aus der Erde ragenden schlichten Brettern. Die hölzernen Grabsteine waren fast alle umgeworfen und bis jetzt hatte sich noch niemand die Mühe gemacht, sie wieder aufzustellen.
    Sam hasste den Friedhof. Für ihn war jedes Kind, das dort begraben lag, eine persönliche Niederlage.
    Als sein Fuß plötzlich auf weiche Erde trat, blieb er verblüfft stehen. Warum war hier die Erde locker?
    Sam hob die linke Hand über seinen Kopf. Aus seiner Handfläche leuchtete zwar nur ein grünlicher Schimmer, er reichte aber aus, um zu erkennen, dass hier gegraben worden war. Davon zeugten die lockeren Erdklumpen und kleine, wie mit einer Schaufel zur Seite geworfene Erdhaufen.
    Mitten im Boden klaffte ein Loch. Sam verstärkte das Licht, dann kniete er sich hin und spähte vorsichtig über den Rand, bereit zuzuschlagen, sollte er angegriffen werden. Sein Herz schlug so heftig, dass es bis unter seine Schädeldecke zu dröhnen schien.
    Da bewegte sich etwas!
    Sam war mit einem Satz auf den Beinen und feuerte einen gleißenden Lichtstrahl in die Grube. Die Erde zischte und knackte in der Hitze und verschmolz binnen Sekunden zu steinharten Brocken.
    Gleichzeitig schrie er auf, stolperte rückwärts und fiel hin. Ihm war ein furchtbarer Fehler unterlaufen. Als er die Bewegung bemerkt hatte, war er so erschrocken, dass er sofort gefeuert, aber erst im grellen Licht seines Strahls erkannt hatte, was es war.
    Er kroch zurück, spähte noch einmal über den Rand und leuchtete mit einer Hand hinein.
    Aus der Grube starrte ihm die angstverzerrte Miene eines Mädchens entgegen. Die Haare der Kleinen waren schmutzig, an ihrer Kleidung klebte Erde, aber sie lebte. War nicht verbrannt. Ein Klebestreifen bedeckte ihren Mund und ihren geweiteten Nasenflügeln war deutlich anzusehen, dass sie kaum Luft bekam. Im Arm hielt sie eine Puppe, und ihre blauen Augen blickten ihn flehend an.
    Sam legte sich flach auf den Bauch, streckte ihr den Arm entgegen und packte ihre Hand.
    Ihm fehlte die Kraft, um sie auf Anhieb herauszuziehen. Er benötigte mehrere Anläufe, bis er sie schließlich über den Rand der Grube gehievt hatte.
    Als Erstes entfernte er den Klebestreifen, wobei sie lautlos weinte. Er war mehrmals um ihren Kopf gewickelt und hatte sich in ihren Haaren verheddert.
    »Wer bist du?«, fragte er und hob die leuchtende Hand vor ihr Gesicht. Erst jetzt bemerkte er, dass jemand mit einem Edding das Wort Freak auf ihre Stirn geschrieben hatte.
    Sams magisches Licht erlosch. Langsam und behutsam, damit sie sich nicht fürchtete, legte er einen Arm um ihre bebenden Schultern.
    »Keine Angst«, sagte er. »Es wird alles wieder gut.«
    »Si e … sie wolle n … waru m …?«, stammelte sie schluchzend und vergrub ihr Gesicht in seinem Hemd.
    »Du bist Jill. Entschuldige, dass ich dich nicht gleich erkannt habe.«
    Sie nickte und vergoss noch mehr Tränen. »Sie wollen nicht, dass ich singe.«
    Jetzt reicht’s!, dachte Sam. Auftrag Nummer eins: Knöpf dir Zil vor. Astrid und der Rat konnten ihm den Buckel runterrutschen. Jemand musste Zil stoppen.
    Doch dann blickte Sam in die Grube. Sah sie sich zum ersten Mal richtig an. Ein Loch im Boden, wo keines sein sollte. Hier stimmte was nicht.
    Sam sog scharf die Luft ein und spürte einen eiskalten Schauer über seinen Rücken laufen.
    Der Horror war nicht das Mädchen, das in die Grube gefallen war. Der Horror war die Grube selbst.

Fünf
    62 Stunden, 6 Minuten
    Sam brachte Jill zu Mary Terrafino in die Kita. Dann lief er zu Edilio, weckte ihn und kehrte mit ihm zur Plaza zurück.
    Edilio starrte in die Grube.
    »Die Kleine ist also hineingefallen, als sie im Dunkeln umherirrte?« Edilio rieb sich den Schlaf aus den Augen.
    »Ja. Sie hat das Loch nicht selbst gegraben. Sie ist nur hineingefallen.«
    »Wie ist es dann entstanden?«
    »Sag du es mir.«
    Edilio musterte die Grube. Er hatte von Anfang an die traurige Aufgabe übernommen, die Toten der FAYZ zu beerdigen. Er kannte sie alle und wusste genau, wer wo lag.
    »Oh mein Gott!«, flüsterte er plötzlich und sah Sam mit
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher