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GONE Lügen

GONE Lügen

Titel: GONE Lügen
Autoren: Michael Grant
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ob sie es wirklich genauer wissen wollte. Perdido Beach war zu einem Ort geworden, in dem permanent die Angst umging und Trauer und Verlust zum Alltag gehörten. Manchmal verloren ältere Geschwister die Nerven, waren mit den Kleinen überfordert, und dann gab es Typen wie Zil und seine Crew, die die ganze Stadt terrorisierten und nicht einmal vor kleinen Kindern haltmachten.
    »Also gut«, sagte sie und zog das Mädchen an sich. »Du wirst jetzt erst mal bei uns bleiben. Von Francis erfährst du die Regeln. Er ist der Große da drüben in der Ecke.«
    Jill drehte sich langsam um und machte ein paar zögerliche Schritte auf Francis zu. Dann wandte sie sich noch einmal zu Mary um. »Keine Angst, ich werde nicht singen.«
    Das ließ Mary aufhorchen. »Natürlich darfst du singen«, sagte sie verwundert.
    »Besser nicht.«
    »Welches Lied singst du denn am liebsten?«
    Jill wurde verlegen. »Weiß ich nicht.«
    Mary ließ nicht locker. »Ich würde dich sehr gerne singen hören.«
    Also fing Jill an zu singen. Ein Weihnachtslied.
    »What child is this who laid to rest
On Mary’s lap is sleeping?
Whom angels greet with anthems sweet
While shepherds watch are keeping…«
    Und die Welt stand still.
    Späte r – Mary hatte keine Ahnung, wie viel Zeit vergangen wa r – legte sich Jill mit ihrer Puppe im Arm auf eine der Pritschen und schlief sofort ein.
    Während sie gesungen hatte, war es im Raum mucksmäuschenstill gewesen. Alle Kinder hatten mit leuchtenden Augen innegehalten und auf ihren Gesichtern war ein verträumtes Lächeln aufgetaucht.
    Als Jill zu singen aufhörte, sah Mary Francis an. »Hast d u …?«
    Francis nickte. Er hatte Tränen in den Augen. »Mary, du musst ein wenig schlafen. Eliza und ich übernehmen die Frühstücksschicht.«
    »Ich setz mich nur kurz hin und ruh mich aus«, sagte Mary, wurde aber augenblicklich vom Schlaf übermannt.
    Als Francis sie weckte, fühlte es sich an, als hätte sie sich nur ein paar Minuten lang ausgeruht.
    »Ich muss jetzt los«, sagte er.
    »Ist es so weit?« Sie versuchte ihre Müdigkeit abzuschütteln. Ihr Blick war noch verschwommen. Ihre Augen schienen sich nicht scharf stellen zu wollen.
    »Bald. Ich muss mich erst von ein paar Leuten verabschieden.« Er legte eine Hand auf ihre Schulter. »Du bist ein toller Mensch, Mary. Hier ist noch ein wunderbarer Mensch und er möchte dich sprechen.«
    Mary stand auf. Es fiel ihr schwer, Francis’ Worten einen Sinn abzugewinnen, sie hatte lediglich verstanden, dass jemand gekommen war, um sie zu sehen.
    Es war Orsay. Sie wirkte so zerbrechlich, dass Mary sie instinktiv wie eines ihrer Kinder beschützen wollte.
    Francis berührte Orsays Hand und senkte ganz leicht den Kopf. »Prophetin«, sagte er. »Das ist Mary. Mary, das ist die Prophetin«, machte Francis die beiden förmlich miteinander bekannt. Mary kam es vor, als würde sie einem Staatsoberhaupt vorgestellt werden.
    »Bitte nicht«, sagte Orsay leise. »Ich heiße Orsa y – und das ist meine Freundin Nerezza.«
    Nerezza war anders als Orsay. Sie hatte grüne Augen, den Teint eines Models und schwarzes, blau schimmerndes Haar, das lang und glatt über eine ihrer Schultern hing. Mary konnte sich nicht erinnern, sie je zuvor gesehen zu haben. Andererseits saß sie die meiste Zeit in der Kita fest und kam nur selten unter Leute.
    Francis grinste, wirkte aber auch nervös.
    »Alles Gute zum Wiedergeburtstag«, sagte Nerezza.
    »Ja, äh, danke.« Francis spannte die Schultern an, nickte Nerezza zu und sagte an Orsay gewandt: »Ich muss noch ein paar Leute treffen und mir bleibt nicht mehr viel Zeit. Ich danke dir, Prophetin, dass du mir den Weg gewiesen hast.« Damit drehte er sich rasch um und ging.
    Orsay sah aus, als wäre ihr schlecht, als müsste sie sich übergeben. Sie blickte Francis angespannt nach und presste die Lippen aufeinander.
    Nerezza verzog keine Miene. Absichtlich, wie es Mary schien, als wollte sie eine starke Gefühlsregung verbergen.
    »Also, Orsa y …« Mary wusste nicht, was sie sagen sollte. Viele Kids glaubten, dass Orsay die Menschen hinter der Mauer wirklich sehen konnte, aber Mary hatte schon vor langer Zeit aufgehört, solche Dinge ernst zu nehmen. Die Leute erzählten ständig verrücktes Zeug. Auf Francis hatte sie aber sichtlich großen Eindruck gemacht.
    Orsay schien auch nicht zu wissen, was sie sagen sollte. Als sie Nerezza einen Blick zuwarf, sprang diese sofort ein. »Die Prophetin möchte dir helfen, Mary.«
    »Mir helfen?« Mary
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