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Gomorrha

Gomorrha

Titel: Gomorrha
Autoren: Thomas Gifford
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zerbrechen. Er hatte auch nicht oft an Grant gedacht. Nicht bis jetzt, und das, nachdem er im Kongo gewesen war; in Beirut; im Tigerkäfig, wo er jenes endlose Jahr verbracht hatte, ehe sie den Fehler begingen, ihn herauszulassen, um ihn ordnungsgemäß hinzurichten; nach den Jahren bei den Spezialtruppen des Geheimdienstes; nach dem kleinen Haus auf dem Land, hoch über der Grand Corniche, wo sie ihm ein oder zwei Jahre Ruhe gönnten, ehe sie ihn wieder für einen Einsatz brauchten. Erst jetzt, hier in Iowa, hatte er Sam Grant zufällig wieder getroffen.
    »Ich nehme zwei Grants«, sagte er. »Einen für mich und einen als Erinnerung an meinen alten Herrn.« Er lächelte Mike an.
    »Das ist wirklich nett von Ihnen.« Mike zuckte bei einem besonders lauten Donnerschlag zusammen. »Ihr Vater hat Ihr Interesse daran geweckt, stimmt’s?« Er nahm die beiden Figuren aus der Vitrine. Bohannon dachte über Mike nach und fragte sich, welchen Unterschied es machte, ob Mike sich an ihn erinnerte oder nicht. Mit Sicherheit würde er sich an das Gespräch über Grant und die Hessen erinnern.
    »Ja, man könnte sagen, Vater hat mein Interesse geweckt. Auf seine eigene Art.«
    Mike brachte ihn zur Tür. Der Regen hatte aufgehört. Die Sonne lugte durch die Wolken und überzog den Uhrturm und den Platz mit geschmolzenem Gold. Aber im Westen standen noch purpurrote Wolkengebirge. »Sie rufen mich auch bestimmt wegen der Hessen an? Es war wirklich ein Vergnügen, mit Ihnen zu plaudern.«
    Der Mann schaute Mike lange an, dann das Schmuckkästchen von einem Geschäft.
    »Sie sind ein Glückspilz, Mike.«
    »Ja, das weiß ich.«
    »Nein, nein, das wissen Sie nicht.« Der Mann, der sich Westerberg nannte, lächelte. Er spürte das Gewicht des Messers im Holster unter dem rechten Arm. »Sie haben keine Ahnung.«
     
    Präsident Charles Bonner saß im halbdunklen Arbeitszimmer an Bord der Air Force One. Er lehnte sich in dem Ledersessel zurück, nippte einen Ketel-One- Martini und blickte aus dem Fenster. Den Lärm der Düsen hörte er kaum. Sie waren schätzungsweise irgendwo über Tennessee oder Kentucky. Er war auf dem Rückweg von seinem Treffen mit den verfeindeten Generälen des mexikanischen Bürgerkriegs. Alles war schiefgelaufen. Die Regierung und die Rebellen, die jetzt über ein Viertel des Landes kontrollierten und in den Außenbezirken von Mexico City kämpften und Acapulco sowie die Garnisonen entlang der Grenze zu Texas bedrohten, waren unnachgiebig. Die Regierung hatte das Gefühl, das Ärgste überstanden zu haben, die Rebellen hingegen hielten ihren Aufstieg für unaufhaltsam. Bonner und Hubert Lassiter, sein Außenminister, waren nach Mexico City gekommen, um einen Kompromiß zu finden, bei dem alle ihr Gesicht wahren könnten. Sie kamen mit leeren Händen zurück. Die Meinungsumfragen brachten ihn um. Er ließ den eisgekühlten Wodka auf der Zunge zergehen und dachte an die unvermeidliche Reaktion der Medien.
    BONNER-MISSION EIN FEHLSCHLAG. Bürgerkrieg in Mexiko tobt weiter. Hazlitt wirft Schwäche vor. Keine Lösung in Sicht. Es würde wieder ein Alptraum werden.
    Er hatte seine Botschaft vom 19. Januar mit Taten bestätigt und bewiesen, daß die Außenpolitik in die falsche Richtung lief. Er hatte seinen Standpunkt nochmals dramatisch vertreten.
    Wolken zogen über den Nachthimmel und verschleierten den Mond. Am Horizont zuckten Blitze. Er widmete sich wieder dem Film im Videogerät. Humphrey Bogart in Beat the Devil. In dieser schwarzen, exzentrischen Komödie mußte doch irgendwo eine Lektion für ihn enthalten sein. Wenn er sie nur finden könnte!
    Linda Bonner, die First Lady, schlief. Auf dieser Reise war ihr Pensum ebenso anstrengend wie seines gewesen: Besuche in Kinderkrankenhäusern, wo sie Verwundeten und Sterbenden Hoffnung zu geben versuchte, obwohl es kaum Hoffnung gab. Sie hatte sich unglaublich für mehr Ärzte, eine bessere Versorgung und mehr Krankenflüge in und aus den Kriegsgebieten eingesetzt. Im Flugzeug war sie nach fünf Minuten ins Bett gefallen. Er beneidete sie um ihren Schlaf.
    Auf seinem Schreibtisch lagen die neuesten Zeitungsberichte und Ellen Thorns Analyse der letzten Vorwahlen, der nagelneuen ›Megavorwahl in Neuengland‹, inzwischen uralte Geschichte. Das Fernsehen verlangte ein explosives Ende für die Vorwahlen, worauf man dann den kommenden Parteitag hübsch aufbauen konnte: alle Staaten in Neuengland am selben Tag, vor einer Woche. Der amtierende Präsident, gebeugt, jedoch
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