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Gomorrha

Gomorrha

Titel: Gomorrha
Autoren: Thomas Gifford
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nicht gebrochen, wie er für die Nominierung der Demokraten von dem – laut Time Magazine – ›zweitreichsten Mann der Vereinigten Staaten‹ herausgefordert wurde, von Bob Hazlitt, aus Iowa, ›dem Kaiser der Information‹, wie ihn der World Financial Outlook nannte, als er einen Monat nach der Rede zur Lage der Nation seine Kandidatur verkündete. Beide hatten im Wahlkampf Zehntausende in diese Vorwahlen gepumpt. Bonner hatte, zumindest im Augenblick, die steigende Flutwelle von Hazlitts Popularität eingedämmt und ein Patt erreicht – die Delegierten waren genau in der Mitte gespalten. Jetzt blieb nur noch die Wahlversammlung. Doch die sich verschlechternde Situation in Mexiko würde ihn noch einen oder zwei Punkte bei den Meinungsumfragen kosten, und das war schmerzlich, weil es ihn den einen oder anderen schwankenden Delegierten kosten konnte. Am Ende war alles trügerisch.
    Nachdem Charlie Bonner die Aufschlüsselung von Ellen Thorn und ihren Mitarbeitern am Meinungsforschungsinstitut gelesen hatte, fragte er sich, warum Gott ausgerechnet ihm dieses Schicksal auferlegt hatte. Auf den Titelseiten grinsten ihm die beiden Standpunkte entgegen, die ihn wie zwei Mühlsteine zwischen sich zerquetschten: Einerseits die wachsende Opposition zu einer wie auch immer gearteten Einmischung der USA in Mexiko und andererseits die heiseren Schreie derer, die der Regierung vorwarfen, nicht bereit zu sein, ihre gewaltige Macht freizusetzen und mit einer gewaltigen Streitmacht einzumarschieren. Charlie Bonner wußte, wo er stand. Und das war das Problem. Bob Hazlitt spielte Teddy Roosevelt, winkte mit einem großen Stock und einem Arsenal taktischer Raketen und sorgte für allgemeine Verwirrung.
    Unwillkürlich wanderten die Gedanken des Präsidenten immer wieder zum bevorstehenden Parteitag und dem Kampf, der unausweichlich ziemlich bösartig sein würde.
    Wie, im Namen von allem, was ihm heilig war, war es so weit gekommen?
    Die Situation der Wirtschaft hatte weiterhin gegen ihn gearbeitet. Die Leute waren geizig geworden, verängstigt und manchmal sogar boshaft. Sie fühlten sich geschwächt, verlassen, beinahe machtlos gegenüber der Dampfwalze der Geschichte. Und Bob Hazlitt konnte einerseits auf seine militante Haltung in Sachen Außenpolitik verweisen, andererseits auf den beachtlichen Wohlfahrtsstaat, den er mit seinem Konzern Heartland in Iowa geschaffen hatte, wo niemand je seinen Job verlor und alle Kinder klug, gesund und stets höflich, dazu noch liberal und auf das Wohl des Nächsten bedacht waren. Es war Charlie ein Rätsel, wie er aus dieser politischen Zwickmühle herauskommen sollte.
    Bonner hatte in seiner Rede zur Lage der Nation versucht, den Menschen die Hoffnung zu vermitteln, daß sie rebellieren und ihr Land wieder für sich zurückgewinnen könnten. Hatten sie ihm geglaubt? War es ihnen überhaupt wichtig? Oder war alles zu abstrakt gewesen? Zu weit vom Alltag entfernt? Er hatte ihre Jobs nicht sicherer gemacht. Er hatte sich bemüht, sie aufzurütteln. Ihnen einen gemeinsamen Feind gegeben, gegen den sie kämpfen konnten. Aber war das genug gewesen? Nun, er mußte sich mit dem Wissen bescheiden, daß er auf das Wichtigste von allem hingewiesen hatte, worüber er hätte sprechen können. Es war etwas, das er tatsächlich kontrollieren konnte – und bei einigen hatte er genau den Nerv getroffen. Zumindest war dies ein Anfang.
    Ein multimilliardenschwerer Medienzar aus Iowa hatte entschieden, was für das Volk am besten war. Bei seinem übermächtigen Ego wollte er natürlich Präsident werden. Bob Hazlitt. Flieger-As Bob Hazlitt mit seiner Sammlung alter Flugzeuge aus dem Krieg. Flieger-As Bob mit dem flatternden weißen Seidenschal, dem abgenutzten Helm und der Lederjacke, wie einer dieser legendären Postflieger aus den zwanziger und dreißiger Jahren. Wie einer dieser tollkühnen Himmelhunde. Das große Arschloch Waldo Pepper.
    In den letzten vier Monaten hatten immer mehr Parteigenossen Bonners, die Demokraten, ihm mit den Methoden zugesetzt, die er von den Republikanern erwartet hatte. Eigentlich ist es kein richtiger Alptraum, sondern eher eine Apokalypse, dachte er gequält. Tod, Hungersnot, Pest – darauf stützte sich Bob Hazlitts unaufhaltsamer Erfolg. Und sie schlugen ihn mit einem Knüppel nieder, der ›Bürgerkrieg in Mexiko‹ hieß, genauso wie in der Karikatur neulich in der Post. Bonner verkaufe Amerika in die Sklaverei, so lautete der Klartext.
    Und jetzt war ein neuer Skandal
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