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GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit

GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit

Titel: GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit
Autoren: S Westerfeld
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darüber den Stab zu brechen? Mein Großonkel hat sich mit den Männern verschworen, die meine Eltern umgebracht haben, Herr Gott noch mal!«
    Deryn wusste nicht, was sie dazu sagen sollte. Alek hatte natürlich alles falsch verstanden. Es ging nicht um ein verstaubtes Familiengeheimnis, es ging allein um sie. Er würde es sicherlich immer falsch verstehen, bis sie ihm die Wahrheit gesagt hätte.
    Und das würde sie niemals tun.
    »Bitte, Alek. Ich kann nicht. Und … ich habe eine Fechtstunde.«
    Alek lächelte, ganz wie der perfekte geduldige Freund. »Du kannst es mir erzählen, wann immer du möchtest, Dylan. Bis dahin werde ich nicht wieder fragen.«
    Schweigend nickte sie und ging auf dem Rückweg die ganze Zeit vor ihm.
    »Ziemlich spät für mein Frühstück, nicht?«
    »Tut mir leid, Euer Grafschaft«, sagte Deryn und knallte das Tablett auf Graf Volgers Schreibtisch. Kaffee spritzte aus der Kanne auf den Toast. »Aber hier ist es ja.«
    Der Wildgraf zog eine Augenbraue hoch.
    »Und die Zeitung natürlich auch«, sagte sie und zog sie unter dem Arm hervor. »Dr. Barlow hat sie extra für Sie aufgehoben. Ich weiß gar nicht, warum sie sich die Mühe macht.«
    Volger schnappte sich die Zeitung, nahm das kaffeegetränkte Stück Toast und schüttelte es. »Sie scheinen heute Morgen ja ziemlich angeregter Stimmung zu sein, Mr. Sharp.«
    »Aye, na ja, ich habe schon einiges erledigt.« Deryn runzelte den Mann an. Natürlich war sie verärgert, weil sie Alek angelogen hatte, doch am liebsten hätte sie Graf Volger die Schuld dafür gegeben. »Ich habe wohl keine Zeit für die Fechtstunde.«
    »Schade. Sie machen sehr gute Fortschritte«, erwiderte er. »Für ein Mädchen.«
    Deryn sah den Mann böse an. Vor den Kabinen der Mechanisten wurden keine Wachen mehr postiert, aber trotzdem hätte jemand im Korridor zufällig mithören können. Sie ging zur Tür, schloss sie und wandte sich wieder dem Wildgrafen zu.
    Er war die einzige Person auf dem Luftschiff, die wusste, was sie war, und für gewöhnlich sprach er nicht darüber.
    »Was wollen Sie?«, fragte sie leise.
    Er sah sie nicht an, sondern beschäftigte sich mit seinem Frühstück, als würden sie nur freundschaftlich plaudern. »Mir ist aufgefallen, dass die Mannschaft gewisse Vorbereitungen trifft.«
    »Aye, wir haben heute Morgen eine Nachricht bekommen. Vom Zaren.«
    Volger sah auf. »Vom Zaren? Ändern wir den Kurs?«
    »Das ist ein Militärgeheimnis, fürchte ich. Außer den Offizieren weiß darüber niemand Bescheid.« Deryn runzelte die Stirn. »Und Miss Eierkopf, schätze ich. Alek hat sie gefragt, doch sie wollte nichts verraten.«
    Der Wildgraf verteilte Butter auf seinem halb eingeweichten Toast und dachte nach.
    Während des Monats, in dem sich Deryn in Istanbul versteckt hatte, hatten der Wildgraf und Dr. Barlow eine Art Bündnis geschlossen. Dr. Barlow versorgte Volger mit Nachrichten über den Krieg, und Volger verriet ihr seine Meinung über die Politik und die Strategie der Mechanisten. Aber Deryn bezweifelte, ob Miss Eierkopf ihm diese Frage beantworten würde. Zeitungen und Gerüchte waren eine Sache, geheime Befehle eine ganz andere.
    »Vielleicht könnten Sie es für mich herausfinden.«
    »Nein, könnte ich nicht«, erwiderte Deryn. »Militärgeheimnis.«
    Volger schenkte sich Kaffee ein. »Aber manchmal ist es so schwierig, Geheimnisse zu bewahren. Meinen Sie nicht?«
    Deryn spürte, wie in ihr eine kalte Benommenheit aufstieg, was jedes Mal geschah, wenn Graf Volger sie bedrohte. Es war einfach undenkbar , dass jemand erfuhr, was sie war. Sie könnte nicht mehr bei den Fliegern bleiben, und Alek würde kein Wort mehr mit ihr reden.
    Aber heute Morgen war sie nicht in der Stimmung, sich erpressen zu lassen.
    »Ich kann Ihnen nicht helfen, Graf. Nur die ranghöheren Offiziere wissen darüber Bescheid.«
    »Ach, sicherlich kann ein so erfinderisches und gerissenes Mädchen es herausfinden. Wenn ein Geheimnis aufgedeckt wird, bleibt das andere gewahrt?«
    Jetzt brannte die Angst kalt in Deryns Bauch, und beinahe hätte sie nachgegeben. Aber dann fiel ihr etwas ein, das Alek gesagt hatte.
    »Sie dürfen Alek nichts über mich verraten.«
    »Und warum nicht?«, fragte Volger und schenkte sich Kaffee nach.
    »Er und ich waren gerade im Vogelschlag, und ich hätte es ihm beinahe selbst gesagt. Manchmal passiert das.«
    »Gewiss. Aber sie haben es nicht verraten, oder?« Volger schnalzte mit der Zunge. »Weil Sie wissen, wie er reagieren würde.
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