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GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit

GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit

Titel: GOLIATH - Die Stunde der Wahrheit
Autoren: S Westerfeld
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letzter Zeit der Einzige gewesen, der einer Rettung bedurft hätte. Niemand wusste genau, was in der Nacht seines Todes eigentlich passiert war. Aber es stand ziemlich fest, dass der große Erfinder durch Goliath selbst gestorben war, durch eine Fehlfunktion der Maschine, die durch den Beschuss der Deutschen und das allgemeine Chaos im Gefecht ausgelöst worden war.
    Deryn öffnete den Filzbeutel und ließ den Inhalt in ihre Handfläche fallen. Da lag es: das winzige Stück, das sie von dem Gegenstand unter Teslas Bett als Probe mitgenommen hatte.
    »Es geht also um den Stein des verrückten Eierkopfes?« Sie betrachtete den Brief erneut. »Nickel und Kobalt und Schwefel? Was bedeutet das?«
    »Meteorisch«, sagte der Loris.
    Deryn starrte das Tierchen an. Sie hatte das Wort irgendwo im Handbuch der Aeronautik gelesen, in dem Kapitel über Naturphilosophie, aber sie konnte nicht recht etwas damit anfangen.
    »Es bedeutet, Mr. Sharp, dass Tesla ein Betrüger war.« Dr. Barlow zuckte mit den Schultern. »Oder vielleicht ein Verrückter – anscheinend hat er tatsächlich geglaubt , er könne Berlin zerstören.«
    »Sie meinen, Goliath hätte nicht funktioniert?« Deryn schüttelte den Kopf. »Und was war in Sibirien?«
    Dr. Barlow zeigte auf Deryns Hand. »In Sibirien ist ein Stein vom Himmel gefallen.«
    »Ein kleiner Stein hat das alles angerichtet?«
    »Ein Meteor, um genau zu sein. Und kein kleiner, sondern ein riesiges Stück Eisen, dass mit vielen Tausend Meilen in der Stunde unterwegs war. Was Mr. Tesla gefunden hat, war nur ein Bruchteil des Ganzen.« Dr. Barlow legte ihr Buch zur Seite. »Ich schätze, er hat seine Maschine gerade getestet, als der Meteor einschlug, und deshalb hat er sich eingebildet, er habe kosmische Kräfte ausgelöst. Eigentlich ziemlich typisch für ihn.«

    Deryn betrachtete das kleine Stück Eisen in ihrer Hand. »Aber er hat sich den Metalldetektor schicken lassen, also hat er nach Eisen gesucht. Er muss doch gewusst haben, dass es ein Meteor war!«
    »Die meisten Wahnsinnigen wollen die Wahrheit einfach nicht wahrhaben. Oder vielleicht hat sich Tesla eingebildet, die Maschine könnte Eisen aus dem Himmel anziehen.« Sie nahm den Stein und betrachtete ihn genauer. »Auf jeden Fall waren die Ereignisse in Tunguska nur ein Zufall. Ein kosmischer Scherz gewissermaßen.«
    Deryn schüttelte den Kopf und erinnerte sich an die umgeknickten Bäume, die sich meilenweit in alle Richtungen erstreckten. Es war kaum zu glauben, dass solche Zerstörung reinem Zufall anzulasten war.
    »Trotzdem ist es irgendwie passend«, sagte Miss Eierkopf und lächelte traurig, »dass Goliath von einem Stein ad absurdum geführt wurde.«
    »Aber Teslas Maschine hat die Farbe am Himmel geändert. Lord Churchill hat es selbst gesehen!«
    Darüber musste Miss Eierkopf lachen. »Ja, Tesla hat die Farbe des Himmels verändert … bei Sonnenaufgang. Kein so schwieriger Trick, wenn man ein Publikum hat, das leichtgläubig ist. Oder vielleicht konnte Goliath tatsächlich die Bedingungen in der Atmosphäre beeinflussen. Doch das ist immer noch etwas ganz anderes, als eine Stadt zu zerstören, Mr. Sharp.«
    »Leichtgläubig«, sagte der Loris und gluckste.
    »Sie meinen, es war alles vergeblich? Alles, was wir getan haben, alles, was Alek …«
    Deryn schloss die Augen. Alek war übertölpelt worden, genauso, wie sie stets befürchtet hatte.
    »Eine interessante Frage, Mr. Sharp. Wenn ein Meteor in den Wald fällt und es niemand bemerkt, beendet das den Krieg?« Miss Eierkopf reichte ihr den Stein zurück. »Die Deutschen glaubten an Goliath, und deswegen haben sie die Vereinigten Staaten dazu getrieben, sich unserer Sache anzuschließen. Dieser vom Himmel gefallene Stein wird uns vielleicht auf die eine oder die andere Weise den Frieden bringen.«
    Das schwarze Stück Eisen in Deryns Hand fühlte sich plötzlich unheimlich an. Stammte es nicht aus einer anderen Welt? Sie schob es in den Beutel zurück, rollte den Brief zusammen und stopfte beides in das Röhrchen. Dann trat sie einen Schritt vor und legte beide auf den Schreibtisch von Miss Eierkopf.
    »Das bleibt sicherlich streng geheim, nicht wahr, Ma’am?«
    »Natürlich«, antwortete Dr. Barlow. »Da Goliath wieder aufgebaut wird, muss die Zoologische Gesellschaft die Wahrheit unter Verschluss halten. Selbst die Regierung Seiner Majestät darf nichts erfahren.«
    Deryn runzelte die Stirn. »Und was ist mit Alek? Er sammelt weiterhin Gelder für die
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