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Göttlich verdammt - Angelini, J: Göttlich verdammt

Göttlich verdammt - Angelini, J: Göttlich verdammt

Titel: Göttlich verdammt - Angelini, J: Göttlich verdammt
Autoren: Josephine Angelini
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Vater auszulassen.
    »Es ist fast elf, Liebes«, sagte er. Kate kam von hinten, um nachzusehen, was los war.
    »Du bist noch da? Es tut mir leid, Jerry«, sagte sie verblüfft. »Helen, ich hatte dir um neun gesagt, dass du abschließen und nach Hause gehen sollst.«
    Die beiden sahen Helen an, die alle Scheine und Münzen ordentlich aufgestapelt hatte.
    »Ich bin abgelenkt worden«, murmelte sie verlegen.
    Nachdem Kate und Jerry einen besorgten Blick getauscht hatten, übernahm Kate die Abrechnung und schickte die beiden nach Hause. Immer noch wie benebelt, gab Helen Kate einen Abschiedskuss und versuchte zu rekonstruieren, wo die letzten drei Stunden ihres Lebens geblieben waren.
    Jerry verlud Helens Rad ins Auto und startete wortlos den Motor. Auf der Heimfahrt warf er ihr gelegentlich einen Blick zu, sagte aber erst wieder etwas, als sie in der Einfahrt hielten.
    »Hast du gegessen?«, fragte er sanft und hob die Brauen.
    »Ob ich … was?« Helen hatte keine Ahnung mehr, wann sie zuletzt etwas gegessen hatte. Sie erinnerte sich vage daran, dass Kate ihr einen Teller mit Kirschen hingestellt hatte.
    »Bist du nervös, weil morgen die Schule wieder anfängt? Dieses Schuljahr ist ziemlich wichtig.«
    »Ja, wahrscheinlich«, antwortete Helen geistesabwesend. Jerrywarf ihr erneut einen Blick zu und biss sich auf die Unterlippe. Er atmete hörbar aus, bevor er weitersprach.
    »Ich finde, du solltest mit Dr. Cunningham über diese Phobie-Pillen sprechen. Du weißt schon, diese Tabletten für Leute, die Menschenmengen nicht gut vertragen. Agoraphobie! Genau, so hieß das«, stieß er hervor, nachdem es ihm wieder eingefallen war. »Meinst du, dass die dir helfen würden?«
    Helen lächelte und ließ ihren Anhänger an der Kette hin und her baumeln. »Ich glaube nicht, Dad. Ich habe keine Angst vor Leuten. Ich bin nur schüchtern.«
    Sie wusste, dass das gelogen war. Sie war nicht nur schüchtern. Jedes Mal, wenn sie auch nur versehentlich die Aufmerksamkeit auf sich zog, bekam sie solche Bauchschmerzen, als hätte sie eine Darmgrippe oder Menstruationsbeschwerden – und zwar richtig schlimme –, aber sie würde sich eher die Zunge abbeißen, als es ihrem Vater zu sagen.
    »Und du kommst damit zurecht? Ich weiß, dass du nie fragen würdest, aber brauchst du Hilfe? Ich glaube nämlich, dass es dich daran hindert, dein volles Potenzial …«, begann Jerry eines ihrer ältesten Streitgespräche.
    Helen unterbrach ihn sofort. »Es geht mir gut! Ehrlich. Ich will nicht zu Dr. Cunningham und ich will keine Tabletten nehmen. Ich will nur reingehen und essen«, sagte sie hastig und stieg aus dem Wagen.
    Ihr Vater sah mit dem Anflug eines Lächelns zu, wie Helen ihr schweres altmodisches Fahrrad von der Ladefläche des Jeeps hob und auf den Boden stellte. Sie ließ die Fahrradklingel ertönen und grinste ihren Vater an.
    »Siehst du, mir geht’s gut«, sagte sie.
    »Wenn du wüsstest, wie schwer das, was du gerade aus dem Auto gehoben hast, für durchschnittliche Mädchen in deinem Alter ist, wüsstest du, was ich sagen will. Du bist nicht durchschnittlich, Helen. Du versuchst zwar, so zu tun, aber du bist es nicht. Du bist wie sie«, sagte er und verstummte.
    Zum tausendsten Mal verfluchte Helen die Mutter, die sie nicht kannte, dafür, dass sie ihrem Vater sein liebes Herz gebrochen hatte. Wie konnte jemand einen guten Menschen wie ihn einfach verlassen, ohne sich auch nur zu verabschieden? Ohne ein einziges Foto als Erinnerungsstück zu hinterlassen?
    »Also gut, du hast gewonnen! Ich bin etwas Besonderes – genau wie jeder andere«, neckte ihn Helen in dem verzweifelten Bemühen, ihn aufzuheitern. Im Vorbeigehen knuffte sie ihn mit der Hüfte und schob dann ihr Rad in die Garage. »Und was gibt es zu essen? Ich verhungere und diese Woche bist du Küchensklave.«

2
    D a Helen immer noch kein eigenes Auto hatte, musste sie am nächsten Morgen mit dem Rad zur Schule fahren. Normalerweise war es um Viertel vor acht noch kühl, und es wehte ein leichter Wind vom Meer, aber Helen spürte schon beim Aufwachen die feuchte, heiße Luft, die auf ihr lastete wie ein nasser schwerer Pelzmantel. Sie hatte nachts die dünne Bettdecke weggestrampelt, das T-Shirt ausgezogen und das ganze Wasserglas auf dem Nachttisch leer getrunken und war trotzdem von der Hitze total erschöpft aufgewacht. Dieses Wetter war absolut inseluntypisch, und Helen verspürte nicht die geringste Lust, aufzustehen und zur Schule zu gehen.
    Sie radelte
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