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Göttlich verdammt - Angelini, J: Göttlich verdammt

Göttlich verdammt - Angelini, J: Göttlich verdammt

Titel: Göttlich verdammt - Angelini, J: Göttlich verdammt
Autoren: Josephine Angelini
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entweder schwul oder ein eingebildeter Schnösel, denn er hatte sie nur mit einem kurzen Blick bedacht und dann sofort wieder weggesehen. Außerdem passte es ihr nicht, dass er sich wie ein Europäer kleidete.
    »Er hat doch die letzten drei Jahre in Spanien gelebt, Gig. Damit ist er so etwas wie ein Europäer. Können wir jetzt bitte aufhören, über sie zu reden? Ich kriege Kopfweh davon.«
    »Wieso bist du die einzige Person der ganzen Schule, die sich nicht für die Delos-Familie interessiert? Bist du denn gar nicht neugierig, sie mal zu sehen?«
    »Nein! Und ich finde es total peinlich, dass der ganze Ortsie anstarrt, als wären wir eine Horde Hinterwäldler!«, brüllte Helen.
    Claire blieb abrupt stehen und starrte sie an. Es passte nicht zu Helen, dass sie diskutierte, geschweige denn brüllte, aber irgendwie schien sie nicht damit aufhören zu können.
    »Diese Delos-Familie langweilt mich zu Tode!«, fauchte Helen weiter. »Es macht mich krank, wie besessen alle von diesen Leuten sind, und ich hoffe, dass ich nie einen von ihnen treffe, sehe oder meine Atemluft mit ihm teilen muss.«
    Helen sprintete los und ließ Claire allein auf dem Weg stehen. Sie kam als Erste ins Ziel, wie sie es versprochen hatte, aber sie war ein wenig zu schnell gewesen: Coach Tar sah sie geschockt an, als sie ihre Zeit stoppte. Helen rannte an ihr vorbei und stürmte in den Umkleideraum. Dort schnappte sie sich ihre Sachen und verließ fluchtartig die Schule, ohne sich vorher umzuziehen oder sich von irgendwem zu verabschieden.
    Auf dem Heimweg fing sie an zu weinen. Sie radelte an den Häuschen mit den schwarz-weiß gestrichenen Fensterläden vorbei und versuchte, sich wieder zu beruhigen. Es sah aus, als würde die Sonne tiefer über dem trockenen Land stehen als sonst. Fast schien es, als drückte sie mit Macht auf die Giebel der alten Walfängerhäuser, um sie nach Jahrhunderten des störrischen Widerstands jetzt endlich in die Knie zu zwingen. Helen hatte keine Ahnung, wieso sie so wütend geworden war oder wieso sie ihre beste Freundin einfach allein stehen gelassen hatte. Sie brauchte einfach etwas Ruhe.
    Auf der Surfside Road war ein Unfall passiert. Ein riesiger Geländewagen hatte versucht, in eine schmale, von Sandwällengesäumte Seitenstraße einzubiegen, und war umgekippt. Den Insassen war nichts passiert, aber ihr Auto blockierte die gesamte Straße wie ein gestrandeter Wal. In ihrer derzeitigen gereizten Stimmung wusste Helen genau, dass sie ausrasten würde, wenn sie versuchte, sich an diesen dämlichen Touristen vorbeizudrängen. Also beschloss sie, den langen Weg nach Hause zu nehmen. Sie drehte um und fuhr zurück Richtung Ortsmitte, vorbei am Kino, dem Fähranleger und der Bücherei, die im Stil eines griechischen Tempels gebaut worden war und überhaupt nicht zu den übrigen Gebäuden der Insel passte, die vier Jahrhunderte puritanischer Bauweise repräsentierten. Genau das war der Grund, wieso Helen die Bücherei so liebte. Das Athenäum war eine Art fremdartiger weißer Lichtstrahl mitten im öden Grau und irgendwie identifizierte sich Helen mit beidem. Eine Hälfte von ihr war typisch Nantucket – ernsthaft und vernünftig –, aber die andere Hälfte waren Marmorsäulen und imposante Treppen, die dort nicht hingehörten, wo man sie gebaut hatte. Im Vorbeiradeln schaute Helen zum Athenäum auf und lächelte. Sie empfand den Gedanken als tröstlich, dass es etwas gab, das noch mehr aus der Masse herausstach als sie.
    Zu Hause angekommen, versuchte sie, sich zusammenzureißen, und duschte eiskalt, bevor sie Claire anrief, um sich bei ihr zu entschuldigen. Claire nahm nicht ab. Helen hinterließ ihr eine lange Nachricht, in der sie die Schuld auf Hormone, die Hitze, Stress und alles andere schob, was ihr gerade einfiel, obwohl sie tief in ihrem Innern wusste, dass nichts davon für ihren Ausbruch verantwortlich gewesen war. Sie war schon den ganzen Tag so gereizt.
    Die Luft draußen war immer noch drückend. Helen machte alle Fenster des zweistöckigen Hauses auf, aber es wehte kein Lüftchen hindurch. Was war das für ein verrücktes Wetter? Windstille gab es auf Nantucket praktisch nie – wenn man so dicht am Meer lebte, wehte immer eine leichte Brise. Helen zog ein dünnes Top und ihre kürzesten Shorts an. Da es ihr peinlich war, so knapp bekleidet hinauszugehen, beschloss sie, das Abendessenkochen zu übernehmen. Eigentlich war diese Woche ihr Vater der Küchensklave und damit noch ein paar Tage
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