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Göttlich verdammt - Angelini, J: Göttlich verdammt

Göttlich verdammt - Angelini, J: Göttlich verdammt

Titel: Göttlich verdammt - Angelini, J: Göttlich verdammt
Autoren: Josephine Angelini
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sanften Wellen schaukelte. Als sie dann irgendwann einnickte, ging sie nach unten ins Bett, um es noch einmal mit Schlafen zu versuchen.
    Sie stand in einer hügeligen, felsigen Gegend, in der die Sonne so heiß brannte, dass die knochentrockene Luft bebte und in zitternde Streifen zerteilt wurde, als würden Teile des Himmels schmelzen. Die Felsen waren blassgelb und scharfkantig und hier und dort wuchsen dicht am Boden garstige kleine Büsche mit fiesen Dornen. Auf der nächsten Anhöhe stand ein einzelner knorriger Baum.
    Helen war allein. Und doch nicht allein.
    Unter den verkrüppelten Ästen des Baums tauchten drei Gestalten auf. Sie waren so schmal und klein, dass Helen sie im ersten Moment für kleine Mädchen hielt, aber etwas an der Art, wie sich die Muskeln um ihre knochigen Unterarme wanden wie Stricke, ließ Helen erkennen, dass sie sehr alt waren. Alle drei ließen den Kopf hängen und ihre Gesichter waren komplett unter verfilzten schwarzen Haaren verborgen. Sie trugen zerlumpte weiße Kleider und ihre Beine waren mit grauweißem Staub bedeckt. Von den Knien abwärts hatten sie dunkle Schmutzstreifen auf der Haut und schwarz getrocknetes Blut an den zerschundenen Füßen, die sie sich auf der Wanderung durch die öde Wildnis verletzt hatten.
    Helen hatte Angst. Sie wich zurück. Die Felsen zerschnitten ihr die Fußsohlen und die Dornen zerkratzten ihre Beine. Die drei widerlichen Wesen machten einen Schritt auf sie zu, und ihre Schultern bebten, weil sie lautlos schluchzten. Blut tropfte aus ihren verfilzten Haaren und lief an den Vorderseiten ihrer Kleider herunter. Sie flüsterten Namen, während sie ihre ekligen Tränen vergossen.
    Eine Ohrfeige weckte Helen. Ihre Wange brannte und fühlte sich zugleich taub an und in ihrem Ohr tönte ein schriller Ton. Jerry war außer sich vor Sorge. Er hatte sie noch nie geschlagen. Bevor er etwas sagen konnte, musste er erst ein paarmal zittrig Atem holen. Der Wecker auf dem Nachttisch stand auf 3.16 Uhr.
    »Du hast geschrien. Ich musste dich wecken«, stammelte er.
    Helen schluckte schwer und versuchte, ihre geschwollene Zunge und die zugeschnürte Kehle wieder funktionsfähig zu bekommen. »Schon gut. Nur ein Albtraum«, flüsterte sie und setzte sich auf.
    Ihre Wangen waren feucht, vom Schweiß oder von Tränen, sie wusste es nicht. Helen fuhr sich übers Gesicht und lächelte ihren Dad an, um ihn zu beruhigen, womit sie allerdings keinen Erfolg hatte.
    »Was war das, Lennie? Das war nicht normal«, sagte er mit beunruhigter Stimme. »Du hast Dinge gesagt. Wirklich schlimme Dinge.«
    »Zum Beispiel?«, krächzte Helen. Sie hatte schrecklichen Durst.
    »Überwiegend Namen, Unmengen von Namen. Und dann hast du immer wieder ›Blut für Blut‹ gesagt und ›Mörder‹. Was hast du bloß geträumt?«
    Helen dachte an die drei Frauen, drei Schwestern , und wusste, dass sie ihrem Vater nicht von ihnen erzählen konnte. Also zuckte sie nur mit den Schultern und tischte eine Lügengeschichte auf. Es gelang ihr, Jerry davon zu überzeugen, dass ein Mord etwas ziemlich Typisches war, um Albträume auszulösen, und schwor, dass sie nie wieder Gruselfilme sehen würde, wenn sie allein war. Endlich brachte sie ihn dazu, wieder ins Bett zu gehen.
    Das Glas auf ihrem Nachttisch war leer und ihr Mund so trocken, dass es wehtat. Sie schwang die Beine aus dem Bett, um sich im Badezimmer noch ein Glas Wasser zu holen, doch als ihre Füße den Dielenboden berührten, schaute sie entsetzt nach unten. Sie schaltete das Licht an, um besser nachsehen zu können, doch sie wusste schon jetzt, was sie erwarten würde.
    Ihre verdreckten Fußsohlen hatten tiefe Schnittwunden und ihre Schienbeine waren von spitzen Dornen ganz zerkratzt.

3
    A ls Helen am Morgen aufwachte und nach ihren Füßen sah, waren die Schnitte verschwunden. Sie glaubte schon, sich alles nur eingebildet zu haben – bis sie sah, dass ihr Bettzeug ganz schmutzig und mit dunkel getrocknetem Blut verschmiert war.
    Um festzustellen, ob sie vielleicht verrückt geworden war, beschloss Helen, das Laken nicht abzuziehen, zur Schule zu gehen und nachzusehen, ob es immer noch schmutzig war, wenn sie nach Hause kam. Wenn es dann sauber war, war das Ganze nur Einbildung gewesen, und sie war tatsächlich ein bisschen verrückt geworden. Wenn der Dreck aber noch da war, wenn sie nach Hause kam, war sie offensichtlich so verrückt, dass sie nachts herumwanderte und sich Schmutz und Blut ins Bett schmierte, ohne sich hinterher
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