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Goettersterben

Titel: Goettersterben
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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weißer Funken senkte sich auf Esmeraldas Haar und versuchte es in Brand zu setzen. Andrej schlug die Funken mit der bloßen Hand aus, stieß Esmeralda mehr vor sich her, als dass er sie schob, und schaffte es irgendwie, sie durch die Tür zu bugsieren, ohne ihr dabei mehr als einige blaue Flecken zuzufügen.
Er hatte gehofft, dass es besser würde, nachdem sie das Geschützdeck verlassen hatten, aber das Gegenteil war der Fall. Sie befanden sich in einem schmalen Aufgang, der unter normalen Umständen erstickend eng und dunkel sein musste, jetzt aber vom flackernden Schein der brennenden Treppe in tanzendes Irrlicht getaucht wurde. Wo die Bordwand zur Rechten sein sollte, gähnte ein mehr als mannsgroßes gezacktes Loch mit brandgeschwärzten Rändern, und auch hier war die Luft so heiß, dass es eine schiere Qual war, sie zu atmen. Aber die Treppe brannte nicht zur Gänze. Die schmalen Stufen nach unten waren unversehrt, und auch die flammende Barriere über ihnen war nicht vollkommen undurchdringlich. Mit ein wenig Glück und Entschlossenheit (und wenn einem die eine oder andere Verbrennung nichts ausmachte) stellte die Treppe durchaus einen Fluchtweg dar.
Andrej wartete gerade lange genug, bis Abu Dun hinter ihm durch die Tür getorkelt war, strich noch einmal mit den Händen über Esmeraldas Haar, um die letzten Funken darin zu ersticken, und drückte Abu Dun dann die junge Frau in die Arme.
»Bring sie weg«, sagte er. »Springt einfach über Bord. Irgendjemand wird euch schon auffischen. Und wenn nicht, such nach den Steinen.« Er drehte sich ohne ein weiteres Wort um, und seine Hand klatschte auf den Schwertgriff am Gürtel. Das Geräusch war beinahe so laut wie das, mit dem Abu Duns riesige Pranke auf seine Schulter herabfiel; allerdings nicht annähernd so schmerzhaft.
»Wo willst du hin?«, fauchte Abu Dun. Seine Stimme zitterte noch immer vor Schmerz und Schwäche, aber das änderte nichts an der grimmigen Entschlossenheit, die Andrej in seinen Augen las. Er setzte dazu an, Abu Duns Hand wegzuschlagen, beließ es aber dann bei einem angedeuteten Kopfschütteln. »Loki«, sagte er. »Er darf nicht entkommen. Sonst hat es nie ein Ende.«
»Unsinn!«, fauchte Abu Dun. »Du willst deine Rache, das ist alles!«
»Das stimmt«, sagte Andrej, »aber das andere auch.« Er machte eine Kopfbewegung auf die offen stehende Tür und die Hölle dahinter. »Er darf nicht entkommen, Abu Dun. Und die anderen auch nicht. Wenn auch nur einer von ihnen überlebt und an Bord der KingGeorge gelangt, dann geht alles von vorn los. Und es wird nie enden.« Die Härte in Abu Duns Blick nahm eher noch zu – aber nur für einen kurzen Moment. Dann zog er die Hand zurück und nickte sehr ernst. »Dann helfe ich dir.« Statt zu antworten, schlug Andrej ihm mit der flachen Hand gegen den Arm, und Abu Dun stöhnte vor Schmerz.
»Wenn wir eine Stunde Zeit hätten, würde ich dein Angebot annehmen, Pirat. Aber so …« Er deutete auf Esmeralda. »Bring sie weg. Es ist meine Schuld, dass sie hier ist.«
»Du wirst sterben«, sagte Abu Dun leise. »Du bist ihm nicht gewachsen. Nicht allein.«
»Ich weiß«, sagte Andrej, schloss die Hand fester um das Schwert und drehte sich herum, und hinter Abu Dun verschwand die KingGeorge fast zur Gänze hinter einem gleißenden Blitz, als das riesige Schlachtschiff eine weitere komplette Breitseite abfeuerte.
Der Einschlag riss sie allesamt von den Beinen. Brennendes Holz regnete auf sie herab, und es stank nach Schießpulver und heißem Blut. Irgendetwas traf Andrej so hart an der Schläfe, dass er zwar nicht das Bewusstsein verlor, aber auf dem schmalen Grat zwischen Ohnmacht und Wachsein balancierte. Alles wurde unwirklich, floss auseinander und drohte endgültig zu verblassen und setzte sich dann wieder zu einer in Flammen stehenden Version der Wirklichkeit zusammen. Mühsam stemmte er sich hoch, schüttelte die Benommenheit ab, so gut es ging, und warf zuerst einen Blick zu Abu Dun hin. Der Nubier wirkte benommen, und seine Schulter blutete womöglich noch heftiger, schien darüber hinaus aber genau wie er selbst mit dem Schrecken davongekommen zu sein. Und Esmeralda … … war verschwunden.
Andrej blieb nicht einmal genug Zeit, um zu erschrecken. Die junge Frau tauchte wieder unter der Tür zum Geschützdeck auf, noch bevor er den Gedanken auch nur ganz zu Ende denken konnte. Ihr Kleid schwelte, und auch in ihrem schwarzen Haar hatten sich schon wieder glühende Funken eingenistet. Ihr linker
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