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Goettersterben

Titel: Goettersterben
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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genau wie wir«, sagte er. »Aber ähnlich, ja. Warum fragt Ihr?« »Weil ich nicht verstehe, warum er das getan hat«, antwortete Rogers. »Ich weiß nicht, wer Ihr seid, oder was, doch wenn Ihr das seid, wofür ich Euch halte, dann könnt Ihr nur überleben, solange das Geheimnis um Eure Existenz nicht aufgedeckt wird.«
    Weil wir so wenige sind und ihr so unendlich viele, dachte Andrej. Er schwieg, das äußerste Zugeständnis an Zustimmung, das er Rogers machen würde.
»Warum also hat er es getan?«, fuhr Roger fort. »Er wäre nicht davongekommen. Zwei unserer Schiffe haben ihn versenkt, wenn auch mit Eurer Hilfe. Wäre es ihnen nicht gelungen, dann hätte Drake zwanzig geschickt, und danach zweihundert. Am Ende wäre er untergegangen, so oder so. War er so dumm, das nicht zu wissen?« Es wäre leicht gewesen, einfach zu nicken und auch ein bisschen verlockend, Loki im Nachhinein als Dummkopf dastehen zu lassen, der er ganz gewiss nicht gewesen war – aber nach kurzem Überlegen schüttelte Andrej nicht nur den Kopf, sondern erzählte Rogers sogar, was Loki und seine Begleiter vorgehabt hatten; wenn auch in stark verkürzter Fassung, und nicht nur das eine oder andere weglassend, sondern vieles auch so weit von der Wahrheit entfernt, wie es gerade noch möglich war, ohne zu leicht als Lüge erkennbar zu sein.
»Sie wollten also in die neue Welt, um irgendwo im Karibischen Meer ein eigenes Reich zu gründen?«, fragte Rogers, nachdem Andrej zu Ende gekommen war. Er schüttelte den Kopf. »Was für eine Dummheit. Was für ein Leichtsinn!«
»Wieso?«, fragte Andrej.
»Wenn ich Euch richtig verstanden habe, hielten er und seine Freunde sich für Götter, deren alte Welt zerbrochen war – und die jetzt glaubten, in anderen Gefilden ihre eigene neue Welt erschaffen zu können«, sagte Rogers. »Wer weiß?«, antwortete Andrej. Irgendetwas an Rogers … irritierte ihn plötzlich. Aber er hätte nicht sagen können, was es war.
»Sie wollten sich dort tatsächlich zu Göttern aufschwingen?« Der weißhaarige Engländer schüttelte lachend den Kopf. »Ist ihnen denn nicht einmal der Gedanke gekommen, dass es auch dort Götter geben könnte, die sich nicht so einfach verdrängen lassen?« Nein, darauf waren sie wohl nicht gekommen. Oder vielleicht doch? War das vielleicht sogar der Grund gewesen, warum sie die EL CID gekapert hatten, das größte Schlachtschiff der bekannten Welt mit seinen unzähligen Kanonen und riesigen Pulvervorräten? Schließlich hatte Andrej selbst gesehen, wie man Götter töten konnte: mit Kanonenkugeln und Schwarzpulverexplosionen.
»Wenn sie nicht mit den mächtigen alten Göttern der neuen Welt gerechnet haben, die auf alle Eventualitäten vorbereitet sind, dann waren sie wirklich dumm«, sagte Rogers. »Aber nun ist es genug. Ich gehe und sage Eurem Freund Bescheid, dass Ihr wach und bei Gesundheit seid. Ruht Euch noch ein wenig aus und versucht zu Kräften zu kommen. Sobald die Intrepid mit Drake hier ist, werdet Ihr kaum noch Gelegenheit dazu finden, so sehr, wie er Euch mit Fragen überhäufen wird.«
Er ging, und als er sich umdrehte und das Licht in einem ganz bestimmten Winkel auf sein Gesicht fiel, geschah etwas beinahe Unheimliches. Für einen winzigen, fast zeitlosen Moment sah er … anders aus. Sein eben noch fahles Gesicht wirkte schmaler und strenger als zuvor und wie mit Bronze überzogen, und seine Nase stach spitz wie die eines angreifenden Adlers hervor
Dann beendete er seine Drehung, und der seltsame Moment war vorüber. Rogers war wieder Rogers, und dann verschwand er.
Eine sonderbare, wohlige Müdigkeit überkam Andrej; fast als wäre Rogers Rat, noch ein wenig auszuruhen, ein Befehl gewesen, dem er sich nicht widersetzen konnte. Und eigentlich wollte er es auch gar nicht.
Während er langsam in einen tiefen, wohltuenden Schlaf sank, dachte er noch einmal an den sonderbaren Anblick, den Rogers’ Gesicht für einen Moment geboten hatte.
Aber sein allerletzter Gedanke war, dass es nur Einbildung gewesen sein konnte.
Ganz bestimmt.
    ENDE DES ZEHNTEN BUCHES
Getrieben, das Rätsel ihrer Herkunft zu lösen, haben Andrej und Abu Dun den Weg gewählt,
die Bürde der Unsterblichkeit zu tragen, ohne dafür ihre Menschlichkeit zu opfern.
    Der Versuchung, sich der dunklen Seite zuzuneigen, haben sie stets widerstanden. Bis jetzt …
2009 wird eine neue Geschichte ihren Anfang nehmen.
Als Vorgeschmack gibt es hier bereits einige Stimmungsbilder, die auf die Szenerie einstimmen.
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