Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Goetterdaemmerung - Roman

Goetterdaemmerung - Roman

Titel: Goetterdaemmerung - Roman
Autoren: El mir Bourges
Vom Netzwerk:
verrutschten Kleidern entsprach, lebte sie mit drückenden Schulden und ruiniert von ihrer Spielleidenschaft. Allerdings hatte sie die Furcht vor dem Tod mit zunehmendem Alter zur vorsichtigsten und wunderlichsten aller Frauen gemacht; und nun fesselte sie diese Manie wochenlang ans Bett, das sie allerdings nicht wie Herzog Karl als solches schätzte, sondern aus selbst auferlegten medizinischen Gründen. Sie stand nur für eine oder zwei Stunden am Tag auf, in dieser Zeit richtete sie sich her oder spielte Federball mit ihrer Kammerfrau, und so traf man sie nie außerhalb der kleinen, ihr angewiesenen Wohnung, die aus drei ruhigen, abgelegenen und auf den Garten weisenden Zimmern bestand.
    Als sich die kriegerische Wut des Herzogs gelegt hatte, begann er tatsächlich, seinen Hausstand zu ordnen. Man würde an Claribel denken müssen, bei der immer noch Emilia die Aufgaben der hingegangenen Miss Phoebe erfüllte. Doch so wie jene barsche, bis zur Ziererei förmliche Engländerin das Kind tyrannisiert hatte, so sehr bemühte sich nun die Italienerin im Lauf der Reise und der wirren Tage nach ihrer Ankunft, sich dieses über Zuwendung und Zärtlichkeit zugetan zu machen. Ihr lebhaftes Auftreten, ihre Herzensergüsse, das Anschmiegsame, das oft von Frauen ausgeht, die zur Mutter geschaffen sind, und ein paar Schmeicheleien, denn Claribel war selbstverliebt, machten die arme, kleine Einzelgängerin schnell fügsam und ließen sie für ihre Freundin eine jener kindlichen und doch tyrannischen Leidenschaften empfinden. Sobald sie daher von ihrer raffinierten Begleiterin erfuhr, welches Schicksal ihnen beiden drohte, rannte sie aufgebracht und weinend zu Herzog Karls Gemach.
    «Ach, mein Papa, mein Papa, wenn Sie mich lieben, so lassen Sie mir Emilia.»
    «Nennen Sie mich stets: Mein Herr Papa», erwiderte leicht verblüfft der Herzog, dessen Miene sich bei jeder Überraschung verfinsterte.
    Doch war er ein gutmütiger Mensch und verließ die hohe Warte, von der aus er alles betrachtete, und suchte nach Mitteln und Wegen, um Claribel zufriedenzustellen. Allerdings erschien es undenkbar, Emilia Catana 41 einen Gouvernantentitel zu verleihen. Wie unschicklich wäre es doch, solch einen Namen im Jahrbuch des Hofadels zu lesen, und wie würde dieser Name zwischen der Fülle von Adelstiteln wirken! Der Herzog vertraute sich Arcangeli an, der sich sogleich als der großmütigste aller Brüder erwies. Oh! Man dürfe sich hinsichtlich einer Beurteilung Emilias nicht an ihm orientieren. Sie sei die Tochter eines Monsignore, erzogen in einem der Klöster des römischen Adels. Mit dem Tode ihres Gönners erst habe die Armut sie zu außergewöhnlichen Tätigkeiten herabgesetzt, zuerst sei sie in Wiesbaden Vorleserin der Prinzessin Kolorath, dann Zofe in der Kleiderkammer des Herzogs gewesen.
    «Sie ist eine gute Schwester, Monseigneur! Sie hat mich nach Blankenburg geholt, in der Hoffnung, mich später in den Dienst Eurer Hoheit vermitteln zu können …»
    Und dergleichen berechnende Lobreden mehr sorgten dafür, dass die Suche nach einer anderen Gouvernante aufgeschoben wurde und im Herzog der Wunsch wach wurde, sich selbst ein Urteil über Emilia zu bilden. Eine stolze Erscheinung war sie, und mit ihrem matten Teint, den glänzenden Augen, den großflächigen, ebenmäßigen Zügen einer Sultanin oder einer Juno, deren imposanten Gang sie ebenfalls hatte, war sie weit davon entfernt, Seiner Hoheit zu missfallen, zumal dieser großen Wert auf die äußere Erscheinung legte; so blieb sie, obwohl nichts endgültig entschieden war, bei Claribel. Es war wichtig, die Betreuerinnen der kleinen Comtess nicht zu häufig zu wechseln; und im Übrigen war Claribel an Scharfsinn, Schlagfertigkeit und Intelligenz ihren Altersgenossen so sehr voraus, dass eine hochgebildete Gouvernante in ihrem Fall unnötig gewesen wäre.
    Diese begeisterte vor allem Graf Franz, der mit einem Mal von einer tiefen Freundschaft zu seiner Schwester ergriffen schien und sich diensteifrig bei ihr einfand; doch gingen seine Blicke, wie leicht zu erraten war, über Claribel hinweg und richteten sich auf Emilia. Er hatte sich in der Gesellschaft von Frauen immer wohlgefühlt, da er wie sie Gefallen an Plaudereien, Klatsch und Bosheiten fand. Parfümiert und schmuckbehängt, mit schönem blondem Haar, mit heiterer Miene, trug er mit Gemmen verzierte Krawatten zur Schau, war närrisch verliebt in seinen Backenbart, und damit war der junge Graf Teil der höheren
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher