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Goetterdaemmerung - Roman

Goetterdaemmerung - Roman

Titel: Goetterdaemmerung - Roman
Autoren: El mir Bourges
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Kisten auszupacken, und überwachte die Unterbringung ihres Inhalts. Noch am selben Tag schloss er die Neuordnung seines Haushalts ab, der bisher, da er sich in einem Schwebezustand befunden hatte, liederlich geführt worden war, und regelte die Zuständigkeiten seiner Vertrauten. Von Oels blieb Kammerherr und Adjutant seiner Hoheit; Smithson wurde zum Schatzmeister und Hauptverwalter des herzoglichen Vermögens ernannt und Baron Cramm erhielt den Titel eines Kammerjunkers und des Erziehers von Graf Otto.
    «Was die Belcredi anbelangt», dachte Arcangeli, der sah, wie sich Seine Hoheit über die Sängerin neigte und leise mit ihr sprach, «so wissen wir, was sie sein wird.»
    Zwei Tage später schickte der Herzog, als wollte er damit unterstreichen, dass er künftig Bürger von Paris sei, der Armenpflege fünfzigtausend Franc, eine Art Ankunftsgeschenk, das in den Zeitungen gebührend gefeiert wurde.

III
    Arcangeli wirkte infolge dieser Ereignisse nachdenklich. Hinter all seinen Masken und Grimassen und bei all seinen Scherzen vertrat der Spaßvogel eigene Interessen und sein finanzielles Wohlergehen nicht weniger ernsthaft als ein Jude 45 und dachte ausschließlich an seinen Aufstieg. Er war diesbezüglich guter Hoffnung, als er merkte, wie sehr Karl von Este anfänglich Gefallen daran fand, sich abzukapseln; mit dem Kerkerschlüssel in der Tasche würde er ihn weiter eingeschlossen halten, nur als er den Herzog und dessen kapriziöses und misstrauisches Naturell besser kennengelernt und erkannt hatte, dass in seiner Gunst stehen auf brüchigem Eis wandeln hieß, beschloss der Italiener, sich für den Fall einer plötzlichen Ungnade anderweitig nach Beistand umzusehen. Von einem solcherart wunderlichen Temperament abhängig zu sein, vor dem man in ständiger Angst lebte wie vor einer entsicherten Mine, war ein heikler Zustand, der nicht von Dauer sein konnte. Der Günstling begann also, nach allen Richtungen seine Fühler auszustrecken und versuchte zunächst, die Personen und Intrigen des kleinen Hofs, an dem er lebte, zu durchschauen. Als leiblicher Sohn eines Polizeispitzels von König Bomba 46 verstand sich Arcangeli mehr als geschickt auf sein Metier. Virtuos horchte er an Türen, durchquerte Flure mit lautlosen Schritten, und wie auf Filzsohlen überraschte er die Leute mit durchaus plausiblen Unterbrechungen, erkühnte sich sogar, in vertraulichen Papieren zu wühlen oder Nachschlüssel zu benutzen, um das Innere eines Sekretärs auszuspähen. Nun hatte ausgerechnet Graf Franz die deutsche Angewohnheit, ein Tagebuch zu führen, und füllte dieses ganz und gar vertrauensselig mit opernhaften Versen, mit getrockneten Vergissmeinnicht und seinen Herzensergüssen.
    Anfang Oktober war Emilia eines Morgens, in Begleitung von Claribel und Graf Otto im Garten, als Arcangeli sie einholte und nach dem Austausch erster Artigkeiten weiter neben ihr herging. Der Himmel war bleich und ruhig; die Bäume hatten die Hälfte ihrer Blätter verloren und gaben jenseits der unbewegt daliegenden Beete den Blick frei auf ein vergoldetes Gitter in weiter Ferne; nichts unterbrach die Stille außer die im trockenen Laub raschelnden Schritte und die friedlichen Stimmen der Kinder. Sie spielten unter einer Pinie in der Nähe eines Marmorbeckens mit Schwänen darin.
    Da sagte Arcangeli mit leicht erhobener Nase, so als nehme es ihn völlig in Anspruch, die Ruhe und Kühle einzuatmen, ganz ungezwungen: «So was! Ich meinte, im Garten auch Graf Franz vorzufinden.»
    Sie erschauerte, und als sie sich aufrichtete, denn sie hatte gerade einen Geranienstrauß gepflückt, durchbohrte ihn ein Blick aus ihren schwarzen Augen. Zornesröte stieg ihr ins Gesicht; zweifelsohne würde gleich ihr Temperament mit ihr durchgehen, doch da murmelte er in seinem schmeichlerischen Ton: «Nun, Emilia, warum hast du mich nicht eingeweiht? Du weißt doch genau, dass der Graf dich liebt.»
    «Ach!», erwiderte sie mit belegter Stimme. «Was geht dich das an, du Zuhälter!»
    Dann gingen sie schweigend weiter. Vom Ende der Allee hörte man Ottos schallendes Gelächter, in das sich Claribels inständiges Flehen mischte. Der junge Graf fuchtelte mit einem geöffneten Rasiermesser herum und gab vor, sich den Hals aufzuschlitzen, und gleichzeitig versuchte er gewaltsam, die Finger wegzureißen, mit denen sich seine Gespielin die Augen zuhielt.
    «Heh!, sorella 47 », fing Arcangeli wieder an, «meine liebe kleine ragazza 48 , ich bin kein Feind.»
    Er streichelte
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