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Goetterdaemmerung - Roman

Goetterdaemmerung - Roman

Titel: Goetterdaemmerung - Roman
Autoren: El mir Bourges
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Schnurrbart übergehenden Koteletten und wirkte von seiner Ekstase so gefangen, so vollständig selbstvergessen, dass sich Claribel, als ob sonst nur noch die Möbel in ihrem Zimmer stünden, ganz laut mit mütterlichen Ermahnungen an ihre Puppe wandte, sie schimpfte oder tröstete. Dieser Hanswurst von Cramm, der in so einem Moment hinzukam, hatte die Frechheit besessen zu fragen, seit wann ihre Puppe entwöhnt sei: «Und wie lange ist das bei Ihnen her?», erwiderte Claribel gekränkt. «Denn viel größer sind Sie auch nicht.»
    Sie kam auf überraschende Ideen, schlagfertige Antworten und hatte eine einzigartige Fähigkeit, die gewöhnlichsten Dinge auszusprechen. Einmal war der Herzog zu ihr gekommen und hatte ein neues mechanisches Spielzeug mitgebracht, einen von Hühnern umgebenen Fuchs, gegen den ein Hahn die Flügel schlug. Sobald sie das Tier erblickt hatte, hatte sie die Hand an ihr Collier gelegt, als ob sie auf der Hut vor einem Diebstahl sei, und mit unschuldiger Miene erklärt: «In den Fabeln sind sie so listenreich», und dann, zu ihrer Meinung über Arcangeli befragt, meinte sie nur: «Oh! Ich glaube, der ist noch listiger als der Fuchs!»
    Der Italiener verneigte sich widerspruchslos und sein abgefeimter und schamloser Blick wanderte tückisch zu Graf Franz, der die Szene gleichgültig mitverfolgt hatte. Arcangeli hatte den Mann im Griff; er war sicher, seine Position in dieser schleppenden Liebesintrige endlich zu festigen und sie nach seinen Wünschen zu lenken. Der hehren Liebe etwas überdrüssig und in der Hoffnung, dass eine so nachhaltige Ehrerbietung Emilia erweicht haben müsse, hatte der Graf an diesem Morgen seinem täglichen Blumenstrauß einen mehr als pathetischen Brief beigefügt. Aber auch das war verlorene Liebesmüh. Zwei Minuten nach Erhalt, ging das Schreiben in die Hände des Bruders über, und am späten Nachmittag stellte sich Giovan bei dem jungen Grafen ein.
    Er hatte sich gut vorbereitet. Zunächst dankte er Franz ausführlich für die Gunst, ihn zu empfangen, doch sei die Sache der Mühe wert; was er ihm zu übergeben habe, könne ihn sonst möglicherweise verwirren; unvermittelt zog er den Brief aus der Tasche und legte ihn so auf die Ecke des Tischs, dass er zugleich zeigte, dass das Siegel nicht erbrochen war.
    «Ach!», sagte der Liebende kurz angebunden und dann herrschte Schweigen, während Arcangeli, die Hände flach auf den Knien, eine erwartungsvolle Miene aufsetzte. Grünpflanzen sprossen büschelig aus einer Jardiniere; eine Trophäe aus Mogolenpfeilen 50 schmückte die mit altem cordobesischem Leder bespannte Wand, und auf dem Schreibtisch mit Einlegearbeiten brannte neben einem Tintenfass aus Jade und anderen kleinen Nippsachen eine rosafarbene Kerze.
    Schließlich, während er sich von seinem Stuhl erhob und durch das Zimmer spazierte, begann der Graf, nun sehr unbehaglich, Einwände aufzuzählen. Nichts liege ihm ferner als die Absicht, die Person, an die der Brief gerichtet war, verletzen zu wollen! Wie hätte sie das nur annehmen können? Und schon faselte er verworrenes Zeug bezüglich seines Respekts und seiner Gefühle, wobei er stets im Vagen blieb; dann, da Giovan kein Wörtchen sagte, fuhr er fort: «Im Übrigen ist meine Leidenschaft aufrichtig.»
    Der Italiener zeigte ein schwaches Lächeln und erwiderte mit schmeichlerischer Stimme: «Zweifelsohne, Monseigneur, doch Eure Absichten …»
    «Meine Absichten …», stammelte der Graf, «meine Absichten … haben nichts … glauben Sie mir, haben nichts, weswegen Emilia sich gekränkt fühlen müsste.»
    Nun folgte eine Szene wie im Theater. Arcangeli stürzte auf ihn zu, drückte ihn frenetisch, umschlang seine Schenkel und rief aus: «Eure Exzellenz geruhen an eine Heirat zu denken! Welch eine Ehre! Jesus Maria!»
    Er schien außer sich vor Freude, während Franz, aus Angst, die Fassung zu verlieren, kein Wort sagte. Die ehemalige Kammerfrau heiraten! Diese Annahme schien so abgeschmackt, dass der Graf sie nicht aufrichtig glauben konnte, doch waren die nun folgenden Beteuerungen nicht gerade dazu angetan, seinen Argwohn zu zerstreuen …
    «Ach! Von diesem Augenblick an kann Eure Exzellenz mit unserer absolutesten Hingabe rechnen! Arcangeli, Ihr ergebener Diener, wird Euch mit Leib und Seele gehören! Emilia würde sich durch Schmeicheleien umgarnen lassen, corpo di Bacco ! 51 Und das ganz leicht! Die Ärmste fühlte sich dem Herrn Grafen schon gar zu sehr zugetan.»
    «Meinst du, mein guter
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