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Goetterdaemmerung - Roman

Goetterdaemmerung - Roman

Titel: Goetterdaemmerung - Roman
Autoren: El mir Bourges
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versammelt hatten – aber was sah Karl von Este? Zahlreiche Industrielle, reich geworden durch ihre Hüttenwerke oder Spinnereien, Geschäftsleute, Rechtsgelehrte, die sich nach und nach unter scheußlichstem Einsatz ihrer Feder oder als Schreihälse vor Gericht vorwärtsgedrängt hatten, eine Vielzahl jener aus verschiedenen Hauptstädten Europas angereisten galanten Schönen, die jetzt überall zugelassen waren, ihr schmutziges Geschäft zu betreiben; und der Rest waren Literaten oder Berichterstatter für die Gazetten: alles gemischt, eingeebnet, durcheinandergeworfen, Volk geworden, Große und Kleine, Bekannte und Unbekannte in stets ähnlicher Kleidung. Ohne jede Regel, ohne irgendwelche Standesunterschiede! Ein arrogantes Bürgertum, händelsüchtige Helfershelfer der Politik und bedürftige Schmierfinken mischten sich, wie es ihnen gerade recht erschien, unter die großen Herren und sogar unter die Regierenden, so sehr hatte der Geist der Revolte und der Erneuerung die Welt gleichsam berauscht.
    Während nun, am Ende der zweiten Pause, der gesamte Saal dem soeben zurückkehrenden Kaiser applaudierte, erhob sich der Herzog, der der Fürstenloge seit drei Tagen in gezierter und skandalöser Weise den Rücken zugewandt hatte, in einer Art unvermittelten Anwandlung – und jetzt grüßte Karl von Este Seine Majestät, mit einer sehr tiefen und langen Verbeugung. Endlich verzieh er, dass der Kaiser Deutschlands Souveräne niedergeschlagen und die letzten Überreste jener vornehmen und großen feudalen Herrschaft zerschmettert hatte. Was hätten die aller Mittel beraubten Fürsten ohne inneren Zusammenhalt auch gegen die aufrührerischen Volksmassen, gegen die Gewaltstreiche des neuen Denkens und die entfesselte und triumphierende Zügellosigkeit tun sollen? Wohingegen ein einzelner Befehlshaber, ein herausragender Führer mit seinen Zelten, seinen Standarten und seiner Armee opferbereiter Soldaten die Schlacht gegen so viele neue Gruppierungen aufnehmen, sie zerschmettern und alles zu Gehorsam und Pflichterfüllung zurückführen konnte.
    Doch als er wieder Platz nahm, sah Karl von Este ganz in seiner Nähe und nicht weit voneinander entfernt zwei Juden mit berühmten Namen, die in Europa den beträchtlichsten Geldhandel betrieben, und wurde bleich vor Verdruss. Ihnen und nicht ihm galt der ganz besondere Gruß, den Kaiser Wilhelm erwidert hatte; und diese Art von Prostitution des mit seiner Gunst sonst so sparsamen Fürsten zwei solchen Männern gegenüber unterstrich hinreichend deren Macht. Ja! Die Juden standen heutzutage in höherem Ansehen als Könige. Dieser gierige und feindselige Volksstamm, der unaufhörlich damit beschäftigt war, die Völker mittels jener grausamen Erfindungen auszusaugen, die Geiz ersinnen kann, hatte Jahrhundert um Jahrhundert alle Schätze und alles Gold der Welt ins Futter seiner Lumpen gestopft; und so bestimmten heutzutage und herrschten uneingeschränkt ein paar schmutzige Juden über Könige, Prälaten, Kaiser, über Grund und Boden, über die Arbeit, den Handel und sogar über Krieg und Frieden. Ihre als Finanzwissenschaft und -strategie verbrämten Raubzüge hatten ihnen die jetzige, dem Kult ums Goldene Kalb huldigende Zeit untertan gemacht: Jeder beugte das Knie, jeder neigte das Haupt vor ihnen; ihre Töchter stiegen ins Bett der Fürsten und vermischten reinstes christliches Blut auch noch mit dem übel riechenden Unrat des Ghettos.
    Der Herzog wandte sich voller Ekel von diesen krummnasigen Wucherern ab, doch da fiel sein Blick auf eine Gruppe nachlässig gekleideter Leute mit unverschämter Miene und riesigen Händen, die ein breites Halstuch im offenen Kragen und den Ziegenbart der Yankees trugen. Sie waren Amerikaner und, so hieß es, die reichsten Leute der Welt: Dem einen gehörten Ölquellen, einem anderen riesige Warenhäuser, einem dritten Rinderherden und jenem gedrungenen und rotgesichtigen Mann, den man den «Commodore» nannte, gehörten die steamer 167 auf dem Atlantik. All diese «Milliardäre» entstammten offensichtlich dem einfachsten Volk, dem Pöbel, und Dicky Bennett trug sogar kleine Ohrringe. Bevor sie plötzlich reich wurden, waren sie dort drüben wohl Schweinehirten, Flößer, Lotsen auf Binnenschiffen, Lokomotivführer oder Pioniere gewesen. Und schon wenn man sie nur ansah, wie sie frech auf ihren Plätzen lümmelten, entdeckte man auf den ersten Blick den gekünstelten Hochmut an ihnen, eine flegelhafte Überheblichkeit, die sich auf ihre
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