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Götterdämmerung (German Edition)

Götterdämmerung (German Edition)

Titel: Götterdämmerung (German Edition)
Autoren: Angela Schwarzer
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und wischte sich über seine schweißbedeckte Stirn. „Ich verstehe das nicht“, keuchte er. „Wir sind keiner einzigen Militäreinheit begegnet.“ Er sah an dem Solarkraftwerk vorbei auf das weite leere Feld hinaus. „Wo stecken die eigentlich?“
    „Ich muss Max nach Hause bringen“, meinte Ben. Tom nickte.
    „Besser, wir nehmen die Abkürzung“, sagte er.
    Sie liefen auf das offene Feld hinaus. Bei jedem Schritt versanken sie knöcheltief in feuchter Erde. Die Beine des alten Mannes hinterließen Schleifspuren auf dem aufgeweichten Untergrund. Der Fremde folgte ihnen unaufgefordert.
    Tom mahnte zur Eile. „Sehen wir zu, dass wir hier wegkommen“, murmelte er.
     
    Der Tag verabschiedete sich bereits, als sie endlich am Schlosspark eintrafen. Das Tor war verschlossen. Eine in den Torpfosten eingebaute Kamera blinkte fordernd. Ben schaute in die Kamera und drückte den Rufknopf. Hoffentlich wurde ihnen bald geöffnet. Er wusste nicht, was er tun sollte, wenn sich niemand meldete. Wenn niemand da war, um sie zu begrüßen. Max hing schwer auf seiner Schulter, sodass er die ganze Zeit eine schiefe Haltung einnahm. Der Fremde stand hinter ihm. Ben konnte die bohrenden Blicke des Mannes förmlich spüren. Er unterdrückte den Wunsch, sich umzudrehen und ihm einen ebensolchen Blick zuzuwerfen. Stattdessen drückte er erneut auf den Rufknopf. Das Tor öffnete sich leise summend.
    Gleich sind wir da , dachte Ben. Obwohl er erschöpft war, schritt er weit aus. Er wollte schnell aus dem düsteren Park verschwinden. Und Max brauchte jemanden, der sich um ihn kümmerte. Aber Tom zögerte. Das Licht der untergehenden Sonne verlieh seinem Gesicht eine unheimliche rötliche Färbung.
    „Was ist los?“, fragte Ben. Tom machte eine Kopfbewegung nach hinten. Ben drehte sich um. Auch der Fremde hatte sich umgedreht und stand wie versteinert. Doch sein Blick flackerte nervös.
    Das vorher schlammgraue Feld hatte sich schwarz gefärbt. Hunderte isopiumbeschichtete Körper flossen am Horizont zu einer wabernden Masse zusammen. Am Himmel bewegten sich schwarze Punkte, die rasch größer wurden. Wie ein lautloser nicht formierter Vogelschwarm.
    „Die kommen direkt auf uns zu“, sagte Tom.
    „Schnell zum Schloss!“, rief Ben und zerrte an Max, um Tom aus seiner Starre zu reißen und mit sich zu ziehen. Aber der zögerte immer noch. „Das Schloss ist nicht sicher“, meinte er. Er sah Ben an. „Sie werden es zerstören. Genauso wie sie es mit den Häusern in der Stadt gemacht haben.“
    „Wir suchen uns eine Ecke, die sicher ist. Bitte! Kommen Sie! Wir können doch nicht hier bleiben“, drängte Ben.
    Der Fremde machte plötzlich einen Satz und sprang an Ben und Tom vorbei durch das Tor. „Schnell, bevor sich das Tor wieder schließt!“, rief Ben. Er sah, dass die Qualle hinter einer Wegbiegung verschwand. Plötzlich durchströmte ihn eine Woge der Erleichterung. Er wünschte sich fast, einer der schwarzen Roboter würde hinter den dunklen Bäumen auf die Qualle lauern. Aber er ahnte, dass er den Fremden nicht so einfach loswerden würde.
    Endlich setzte Tom sich in Bewegung. Das Tor schloss sich hinter ihnen. Eine Maßnahme, die Ben überflüssig erschien.
    Es dauerte nicht lange, bis eine kleine, untersetzte Gestalt auf sie zugestürmt kam. Die Frau trug eine bunt gemusterte Funktionsjacke und einen Rock, der nicht dazu passte. Den orangefarbenen Schal hatte sie sich dicht vors Kinn geschlungen. Ben winkte ihr erleichtert zu.
    „Nicht da lang!“, rief Monica. Sie zeigte auf einen Trampelpfad, der vom Weg wegführte. „Wir können nicht ins Schloss. Meine Güte, geht es dir gut?“, murmelte sie und umarmte Ben herzlich. Dann runzelte sie die Stirn. „Was ist mit Max? Ist er am Leben?“ Ben sah zu Boden. „Ich weiß nicht“, antwortete er leise.
    „Gut, das werden wir gleich sehen. Bringen wir ihn erstmal rein. Wer ist das?“, fragte Monica mit einem Seitenblick.
    „Tom. Er hat mir geholfen.“
    „In Ordnung. Kommt mit.“ Sie stapfte in ihren klobigen Schuhen voran. „Wir sind gleich da. Es ist nicht weit. Aber wart ihr nicht zu viert? Wo ist der andere?“
    „Weg. Soll er ruhig hier draußen bleiben“, erwiderte Ben. Er spähte an den Bäumen vorbei zur Seite. Er konnte den Fremden nicht entdecken, rechnete aber damit, dass er jeden Moment auftauchen würde. Angesichts der schwarzen Masse, die stetig näher kam, war es nicht der rechte Zeitpunkt, sich allein durchzuschlagen.
    „So. Hier ist es“,
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