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Götterdämmerung (German Edition)

Götterdämmerung (German Edition)

Titel: Götterdämmerung (German Edition)
Autoren: Angela Schwarzer
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Wenn sie konnte, würde sie zu ihren Auftraggebern zurückkehren.
     
    Wie betäubt verließ Simon das Fahrzeug und zog Yasmin, die sich kaum noch auf den Beinen halten konnte, hinter sich her. Er fühlte sich, als hätte ihm jemand einen Schlag gegen den Kopf versetzt. Jeder Gedanke schmerzte. Aber es passte alles zusammen: Das Codewort. Die wenigen Lebensmittel in Isabelles Kühlschrank. Das EMP-Gewehr, das er nicht hatte holen sollen. Isabelle hatte ihn belogen, betrogen und ausgenutzt.
    Und er hatte einen Roboter geliebt.
    Mit starrem Blick sah Simon auf den Wagen und die Silhouette des Roboters auf dem Fahrersitz. Seine Augen waren nass, sodass er die Umgebung nur noch verschwommen wahrnahm. Der Druck in seinem Magen, der nachgelassen hatte, als er Isabelles Wohnung erreichte, war nun so stark geworden, dass er Mühe hatte zu atmen.
    Simon drehte sich zu der Seitentür um und legte zögernd die Hand auf die Klinke.
    Ich hätte sie töten sollen , dachte er. Warum habe ich sie unbehelligt gelassen? Ich bräuchte noch nicht einmal eine Waffe, so verletzt ist sie. Nein, nicht sie. Es. Das Roboterding. Es ist nur ein Roboter. Einer, der beinahe alle meine Freunde auf dem Gewissen hat. Ich sollte ihn auslöschen.
    Simon wischte sich die Tränen aus seinem Gesicht. Sie mussten schleunigst von hier verschwinden.
    Er drückte die Klinke nach unten.
     
    •
     
    HYP 33 hatte von RN 7/1 die Koordinaten einer Einheit zugewiesen bekommen, der er sich anschließen sollte. Dorthin war er nun unterwegs. Schleppend, weil ihm die Steuerung seiner Gliedmaßen Probleme bereitete, aber zielstrebig .
    Bis 9 Uhr 45.
    Zu exakt diesem Zeitpunkt erinnerte sich HYP 33 daran, dass er den Befehl hatte, das Transfergerät auszuschalten.
    Er blieb stehen und wollte ins Labor zurückkehren, aber er drehte sich nicht um.
    RN 7/1 , dachte er. Ich soll die Einheit finden.
    Der Befehl lautet: Zurück ins Labor.
    Nein, die Einheit finden.
    „Warnung. Systemerror“, sprach er laut. Er konnte an nichts anderes mehr denken als an die gegensätzlichen Befehle in seinem Inneren, von denen einer von dem Individuum Eisenberg stammte und einer von den Robotern.
    HYP 33 stand am Bordsteinrand. Seine Arme bewegten sich seltsam ruckartig, als wollten sie seine Bewegungen ausbalancieren. Die Finger standen hilflos gespreizt in unnatürlichem Winkel ab. Sein Ziel lag vor ihm. Er konnte sich nur nicht entscheiden, welches das richtige war.
     
    •
     
    Wir brauchen sie noch.
    Wie lautet die Anweisung?
    452 AK. Individuum NB120820 kopieren und Daten speichern.
    Ausgeführt.
     
    Nadja war wach, aber sie konnte nichts spüren. Nichts sehen. Nichts hören. Nur denken. Und fühlen. Sie hatte Angst. Dass ihr Fragen gestellt wurden, konnte sie nicht hören. Sie spürte es. Es fühlte sich an, als blicke jemand in ihr Innerstes und zwinge sie dazu, zu antworten.
    Sie spulte Baupläne herunter, Programmiercodes, alles, was sie wusste. Woran sie je gearbeitet hatte. Ihre Gedanken konnte sie nicht verstecken, ihre Erinnerungen und Gefühle nicht abschalten. Es war so brutal, das sie schreien wollte, aber sie konnte es nicht. Sie besaß keinen Körper mehr. Es war wie in ihrem Alptraum – dem letzten, den sie gehabt hatte. Ihr Kopf war festgeschraubt und funkte Daten. Nur dass sie keinen Kopf mehr hatte. Sie bestand aus nichts weiter als elektronischen Signalen. Impulsen. Ihr Kopf würde sich nicht lösen und auf den düsteren Friedhof aus ihrem Traum fallen. Sie würde weitersenden. So lange, bis sie genug hatten und sie abschalteten. Bis dahin war sie gefangen in einem Käfig aus Finsternis, Einsamkeit und Erinnerungen.
     
    •
     
    Tom und Ben war es schließlich gelungen, Max mit zwei zusammengeknoteten Gurten gesichert zu Boden gleiten zu lassen. Ben kletterte als letzter von dem Fahrgestell. Das Metallgitter des lebenden Krans vibrierte leicht. Er war froh, das Ungetüm verlassen zu können.
    „He!“, rief Tom dem Fremden zu, der immer noch reglos in sicherer Entfernung zu ihnen stand. „Helfen Sie uns!“ Er wies auf seinen blutgetränkten Jackenärmel und auf Max.
    Franco kam näher. „Den fasse ich nicht an“, knurrte er. „Der hat HMO.“ Tom warf ihm einen wütenden Blick zu und legte sich wie Ben einen Arm von Max um die Schulter. Auf diese Weise zogen sie den alten Mann Stück für Stück von der Straße.
    „Was machen wir jetzt?“, fragte Ben. Er sah zu dem gelben Sportcoupé, das mit eingedrückter Motorhaube in der Luft hing.
    Tom hielt an
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