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Götterdämmerung (German Edition)

Götterdämmerung (German Edition)

Titel: Götterdämmerung (German Edition)
Autoren: Angela Schwarzer
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Das war ein Punkt, der Eva klar war. Alles andere war ihr nicht klar: Wie lange sie noch hier bleiben konnte. Wie lange sie es überhaupt aushielt, hungernd in ihrer Kabine zu sitzen und darauf zu warten, dass sie am Ende doch noch entdeckt wurde. Wie lange sie gesund blieb. Das auch. Ihr war bewusst, dass sie großes Glück gehabt und sich nicht angesteckt hatte. Andernfalls wäre die Krankheit längst ausgebrochen. Sicher gab es noch mehr Überlebende. Sie musste es schaffen, mit ihnen in Verbindung zu treten. Sie hatte bloß keine Ahnung, wie sie das anstellen sollte. Das Radio war tot, ebenso die Kommunikationseinrichtungen. Nichts funktionierte mehr. Zumindest nicht für sie.
    Für die Roboter funktionierte alles optimal. Man musste sich bloß die neuen Gebäude anschauen, die mit atemberaubender Geschwindigkeit jeden Tag, jede Stunde, ein Stück weiter in den Himmel wuchsen. Es waren riesige Gebäude mit glänzenden Kuppeln, deren Metallverstrebungen sogar an einem trüben Tag wie diesem hell glänzten und von einer verheißungsvollen Zukunft sprachen. Die Ruinen der menschlichen Häuser dagegen waren schon zu einem großen Teil verschwunden. Die Roboter hatten sie abgetragen, um Platz für eigene Gebäude zu schaffen. Wofür auch immer. Es war Eva egal. Wahrscheinlich würden die Maschinen auch den Park dem Erdboden gleichmachen. Wozu brauchten sie Bäume?
    Sie wandte den Blick vom Fenster, rührte in der Tasse und nahm einen Schluck ihres inzwischen kalten Früchtetees. Immerhin würde sie nicht verdursten. Solange der Fluss nicht gefror – und das war jahrzehntelang nicht mehr vorgekommen – gab es Wasser genug. Wenn die Regierung bald zurückschlug, konnte sie überleben.
    Sie schloss die Augen und versuchte, die Geräusche ringsum zu vergessen: das Schwirren der Libellen, die mit ihren Metallflügeln die Gegend observierten. Den Lärm der Baumaschinen. Das Kälteklappern ihrer Zähne. Sie konzentrierte sich auf den Wind, das einzige vertraute Geräusch in einer ihr fremd gewordenen Welt.
     
    •
     
    Die Schneeflocken fielen auch auf die Trümmer einer eingestürzten Garage. Ein Sprengsatz hatte das Gebäude in sich zusammenfallen lassen. Jetzt, einige Tage später, war eine Gruppe Roboter dabei, Steine und Balken wegzutragen. Im Inneren der Garage stand ein Kleinwagen. Durch die Explosion und den nachfolgenden Druck der Steine auf seinem Dach war er zu einem unförmigen grauen Kasten zusammengepresst worden. Die Vorderseite des Fahrzeuges war aufgerissen, die Frontscheibe herausgefallen.
    Eine der Maschinen, ein großer kastenförmiger Roboter mit einem Kettenfahrwerk schob den Wagen beiseite. Er bemerkte, dass sich auf dem Fahrersitz Bauteile eines fremden Roboters befanden, aber er kümmerte sich nicht weiter darum. Die Bauteile waren nicht mehr zu gebrauchen.
     
    •
     
    Hanna erinnerte sich schwach daran, dass sie nicht so sein wollte wie sie , aber sie hatte vergessen wieso. Ihre Gedächtnisengramme waren überschrieben worden. Sie hatte nun die Aufgabe, nach Überlebenden zu suchen und sie auszulöschen. Gegen diese Aufgabe fühlte sie eine tiefe innere Abscheu, ohne sagen zu können, woher diese rührte. Sie machte es einfach nicht gern. Aber dem Befehl konnte sie sich nicht widersetzen. Ihr Steuerprogramm machte es unmöglich und sie stellte den Befehl auch überhaupt nicht in Frage. Gemeinsam mit einer auffällig von Kopf bis Fuß in Gelb gekleideten Frau ging sie von Haus zu Haus, suchte in Wohnungen, Kellerlöchern, Gartenlauben und stehen gelassenen Fahrzeugen nach Menschen. Beide ähnelten sie den Menschen so verblüffend, dass sie keinen Verdacht erregen und niemanden misstrauisch machen würden.
    Hanna wusste nicht mehr, dass sie den Befehl zu töten zunächst verweigert und sich dadurch letztlich verraten hatte. Dieser Teil ihrer Erinnerungen war gelöscht worden. Genauso wie ihr vorheriges Leben. Ihre Vergangenheit bestand nur noch aus den letzten zehn Tagen.
     
    •
     
    Die Tage ohne Tageslicht waren gleichbleibend lang und monoton. Ben ging wie jeden Abend den gefliesten Gang in der Mitte des Bunkers entlang, um Max einen Besuch abzustatten. Wie jeden Abend würde er anschließend den anderen Gesellschaft beim Essen leisten und danach die Zeit mit diversen Spielen zum Teufel jagen, während er auf Neuigkeiten wartete.
    Abgesehen von Monica und Max befanden sich noch Hans, ein Mann, der Luis genannt wurde und bisher kein einziges Wort gesprochen hatte und zwei BT-Roboter in dem
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