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Götterdämmerung (German Edition)

Götterdämmerung (German Edition)

Titel: Götterdämmerung (German Edition)
Autoren: Angela Schwarzer
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Raum verließ. Er saß allein am hinteren Ende des Tisches. Nicht, weil die anderen seine Gesellschaft mieden, sondern weil er allein sein wollte. Er wollte nichts zu tun haben mit diesen Leuten – die steckten doch alle mit dem Androiden unter einer Decke! Und Tom konnte ihn nicht leiden, das spürte Franco an seinen verächtlichen Blicken und dem überwiegenden Desinteresse an seiner Person. Bitte, ihm war es recht!
    Er war sich natürlich bewusst, dass seine Haltung der Gruppe gegenüber nicht besonders dankbar war, aber was hätte er schon tun sollen? Ihnen etwas vorheucheln? Oder sich von den Maschinen da draußen auffressen lassen? Lieber hielt er es hier unten aus. Aber das waren keine seriösen Wissenschaftler, so viel stand fest. Seriöse Wissenschaftler hatten es nicht nötig, sich einen Bunker zu bauen, um heimlich zu forschen. Noch dazu so ein Riesenteil, mit allem drum und dran, mit Laboren, einer Werkstatt und Räumen, bei denen man bloß vermuten konnte, was sich dahinter verbarg. Seriöse Wissenschaftler machten ihre Forschungen öffentlich. Wer weiß, vielleicht machten diese Leute mit den Maschinen sogar gemeinsame Sache? Wie sonst war es schließlich zu erklären, dass die Roboter den Zugang zu diesen Räumen noch nicht gefunden hatten? Angeblich waren die doch sooo schlau! Und was wollten die Leute mit ihm? Ihr schlechtes Gewissen beruhigen, weil sie jemandem Zuflucht geboten hatten, der nicht dazu gehörte? Oder ihn als Versuchsperson benutzen, wenn ihnen die Überlebenden oben für ihre Tests ausgingen?
    Er biss ein Stück von dem scheußlichen, steinharten Brot ab. Schon möglich, dass er übertrieb. Angesichts dieser kahlen weißen Wände, dem Geruch nach feuchten Mauern und dem immergleichen grellen Licht war ein gelegentliches Auftauchen von Paranoia schließlich kein Wunder. Aber das bedeutete nicht, dass er den Bezug zur Realität verloren hatte. Er wollte nur alle Möglichkeiten durchgehen. Beobachten. Die Lage einschätzen. Nicht aufgeben. Und bei klarem Verstand bleiben, das vor allem.
    Dieser Tom war offensichtlich schon am Ende. Man musste sich bloß seinen stumpfen Blick ansehen. Die wächserne Haut. Das unrasierte Gesicht. Die ungepflegten Haare. Was auch immer diese Leute mit dem angestellt hatten, ihn würden sie nicht soweit bringen. Das stand mal fest!
    Das habe ich alles dir zu verdanken , dachte er und musterte den Androiden, der so weit wie möglich von ihm entfernt am Tisch saß und ihm immer wieder argwöhnische Blicke zuwarf. Konnten Androiden überhaupt argwöhnisch gucken? Franco kratzte sich den Kopf. Es war alles so verdammt schwierig. Wenn doch bloß Oliver hier wäre! Aber der Boss war verschollen. Spirit existierte nicht mehr. Er war allein.
    Trotzdem wollte er seine Aufgabe beenden. Er würde den Androiden erwischen. Es war nur eine Frage der Zeit. Im Moment wurde er so aufmerksam beobachtet wie ein Schwerverbrecher, aber wenn er sich unauffällig genug verhielt – vielleicht eine Spur von Trotteligkeit zeigte – dann würde diese Aufmerksamkeit nachlassen und es ihm leichter machen. Irgendwann würde er zuschlagen.
    Du bist nicht in Sicherheit , rief er stumm und kreuzte wieder den Blick des Jungen. Ben wandte sich ab und drehte sich zu Monica. „Wann können wir hier raus?“, fragte er.
    Niemand gab ihm eine Antwort.

Acht
     
     
    17. November 2045
     
    RT 501 lief an einer neu entstandenen Fabrik vorbei. Er hatte seine erste Aufgabe erfüllt. Die Fabrik spuckte immer mehr Roboter aus, immer neue Baureihen. Mit der Zeit würden sie sehen, welche sich bewährten und welche umgebaut werden mussten. Die Menschen würden sie dabei nicht mehr behindern. Falls es überhaupt noch Menschen gab in der Stadt, waren es so wenige, dass sie nicht viel ausrichten konnten.
    In den letzten Tagen hatte es noch vereinzelte Angriffe des Militärs gegeben, aber das hatte nun aufgehört. Die meisten Waffen, darunter A-, B- und C-Waffen waren ohnehin längst in der Hand der Roboter. Schon lange bevor die Offensive begonnen hatte. Und lange vor Ausbruch der Krankheit. Dafür hatte Alexander Naval gesorgt. Er hatte wirklich an alles gedacht. Die Menschen waren machtlos. Wahrscheinlich wagten sie deshalb nicht, großflächig EMP einzusetzen. Das war die einzige Möglichkeit den Maschinen empfindlichen Schaden zuzufügen. Aber nicht allen auf einmal. Dafür war die Reichweite der EMP-Waffen nicht groß genug. Und die Maschinen würden darauf antworten. Das hatten sie längst
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