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Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition)

Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition)

Titel: Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition)
Autoren: Frank W. Haubold
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Mengen von Mate-Tee, während er in der Messe Patiencen legt. Allerdings ist er wortkarg geworden wie sie alle.
      
    »Land in Sicht!«, ruft plötzlich der Zwerg und springt auf.
    Ein schlechter Scherz, denkt Miriam und hat schon eine scharfe Zurechtweisung auf der Zunge. Aber da muss tatsächlich irgendetwas sein, so aufgeregt, wie sich Mr. Fisher gebärdet. Der Zwerg steht jetzt unmittelbar vor dem Monitor und starrt mit weit aufgerissenen Augen auf den Bildschirm, der Miriam nach wie vor dunkel erscheint.
    Doch jetzt, da sie genauer hinschaut, sieht auch sie eine undeutliche Bewegung, einen grauen Schatten, der seine Form verändert.
    Klirrend fällt ihre Kaffeetasse um, aber Miriam bemerkt es nicht einmal. Sie ist ebenfalls aufgesprungen und starrt ungläubig auf das Kamerabild, das allmählich an Struktur gewinnt. Da vorn ist etwas, und es ist groß – so groß, dass eine Kollision unausweichlich scheint.
    »Zur Brücke!«, ruft Miriam, aber der Zwerg ist schon losgelaufen. Die Tür steht halb offen, und sie beeilt sich, ihm zu folgen.
    »Triebwerke zünden!«, kommandiert Miriam noch im Laufen, als sie die Brücke erreicht. Der Zwerg dreht sich zu ihr um und grinst:
    »Schon erledigt. Erbitte Genehmigung für Landemanöver.«
    Landen, wo denn?, fragt sich Miriam, doch dann erkennt sie, dass Mr. Fisher recht hat. Sie können der grauen Wand, die inzwischen den gesamten Bildschirm ausfüllt, nicht ausweichen. Die Frage ist eher, ob eine Kollision überhaupt noch vermeidbar ist.
    Die Ortungssysteme erwachen plötzlich zu neuem Leben und melden ein Hindernis hoher Dichte. Ihre farbigen Echos und Messpunkte überstrahlen die Kamerabilder auf dem Zentralmonitor.
    »Positionen einnehmen für Bremsmanöver!«, kommandiert Miriam und hofft, dass die Durchsage Henry noch rechtzeitig erreicht. »Sicherheitsfelder aktivieren!« Sie spürt den sanften Druck einer unsichtbaren Kraft, die ihren Körper gegen die Polster des Konturensessels presst.
    »Genehmigung erteilt!«
    Der plötzlich einsetzende Gegenschub schleudert Miriam nach vorn, aber die Luft vor ihr verfestigt sich im gleichen Augenblick zu einer zähen Masse, die sie rechtzeitig auffängt. Das Schwindelgefühl ist dennoch heftig und lässt erst nach, als sie ihr eigenes Gewicht wieder spürt. Gleichzeitig lässt der Druck auf ihren Brustkorb nach, und sie vermag wieder, frei zu atmen.
    »Henry und Ricardo, seid ihr in Ordnung?«, erkundigt sie sich mit belegter Stimme. Die beiden melden sich beinahe gleichzeitig, und Miriam fällt ein Stein vom Herzen. Sie schaut hinüber zum Pilotenplatz und sieht Mr. Fisher lächeln. Der Zwerg ist in seinem Element. Als er sich zu ihr umdreht und den Daumen hebt, glänzen seine Augen.
    »Wendemanöver eingeleitet«, schnarrt er zufrieden in sein Headset. »Momentane Geschwindigkeit 12 Meilen pro Sekunde. Es kann trotzdem ein wenig holprig werden. Der Nebel da unten gefällt mir nicht.«
    Miriam hat bislang nichts dergleichen bemerkt, aber das ist kein Wunder angesichts der Informationsflut auf dem Monitor. Sie deaktiviert die Radar- und Infrarotauswertung und verbannt die Parameterdarstellung an den Bildrand. Der graue Untergrund weist keine erkennbaren Unebenheiten auf, aber tatsächlich gibt es einige hellere Flecken mit fließenden Rändern, bei denen es sich um Wolken oder Nebelbänke handeln könnte. Miriam fragt sich, wieso sie Land und Wolken überhaupt wahrnehmen können, denn es gibt weit und breit keine Lichtquelle. Aber das mysteriöse Dämmerlicht ist nur eines von vielen Rätseln. Und sie muss eine Entscheidung treffen.
    »Können wir das Ding nicht erst einmal überfliegen, bevor wir irgendwo heruntergehen?«, wendet sie sich an Mr. Fisher.
    »Kaum.« Der Zwerg zuckt mit den Schultern. »Es ist einfach zu groß. Außerdem können wir in seinem Schwerefeld nicht antriebslos fliegen. Wir würden also jede Menge Treibstoff verbrauchen.«
    Der Einwand ist nur zu berechtigt, zumal das unbekannte Objekt keinerlei messbare Krümmung aufweist. Damit scheidet auch die letzte Möglichkeit einer plausiblen Erklärung aus. Was sie da vor sich sehen, ist kein Himmelskörper, wie sie ihn kennen, sondern etwas anderes: ein Ufer vielleicht, an dem der dunkle Ozean, den sie durchquert haben, endet.
    »Das entscheiden wir später, Mr. Fisher«, bescheidet sie den Zwerg. »Gehen Sie bitte auf 50 000 Fuß herunter und schwenken Sie dann in Richtung drei Uhr auf einen Parallelkurs ein.«
    »Wie Sie wünschen, Captain
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