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Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition)

Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition)

Titel: Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition)
Autoren: Frank W. Haubold
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Katana.«
    Dass Mr. Fisher eine Weisung kommentarlos hinnimmt, ist ungewöhnlich und ein Indiz dafür, wie sehr ihm die erzwungene Untätigkeit zugesetzt hat. Miriam sieht sich zu einer Erklärung genötigt: »Ich möchte nicht, dass wir in dieser Einöde landen, ohne uns wenigstens über einen Teil des Areals einen Überblick verschafft zu haben.«
    »Sie sind der Boss, Captain«, erwidert der Zwerg und grinst. »Und es ist mir eine Ehre, unter Ihnen … ich meine, unter Ihrem Kommando zu arbeiten.«
    Miriam lächelt in sich hinein und verzichtet auf die fällige Zurechtweisung. Dass Mr. Fisher zur gewohnten Impertinenz zurückgefunden hat, ist zweifellos ein gutes Zeichen. Für sein wiedergewonnenes Selbstbewusstsein spricht auch die forsche Art, mit der der Pilot die Kurskorrektur einleitet. Miriam verspürt ein flaues Gefühl im Magen, und nur der prompten Reaktion des Sicherheitsfeldes ist es zu danken, dass Gegenschub und Zentrifugalkraft sie nicht aus dem Sessel schleudern. Die Achterbahneinlage ist sicherlich kein Zufall, aber solange der Zwerg keinen Schaden anrichtet, wird sie sich nicht die Blöße geben, ihn deswegen zur Rede zu stellen.
    Es gibt Wichtigeres zu tun, gilt es doch zunächst einmal herauszufinden, welcher Art und Beschaffenheit die endlos anmutende Ebene ist, die sie in nunmehr konstantem Abstand überfliegen. Trotz maximaler Vergrößerung lösen sich keinerlei zuordenbare Strukturen aus dem grauen Einerlei. Es gibt weder nennenswerte Erhebungen noch Täler oder Schluchten, von Zivilisationsspuren ganz zu schweigen. Entweder sie haben es mit einer Wüste zu tun oder mit einer ebenso eintönigen Steppenlandschaft. Das trostlose Dämmerlicht und das Fehlen von Flussläufen oder anderen Gewässern sprechen eher für Ersteres. Hin und wieder ziehen Dunstschwaden über die Ebene, deren Ursprung ebenso wenig zu ergründen ist wie der des fahlen Dämmerlichts.
    Miriam lässt den Monitor dennoch nicht aus den Augen. Alles in ihr wehrt sich dagegen, die graue Ebene als Endpunkt der Verfolgungsjagd zu akzeptieren. Selbst in einer Wüste müsste die Goleaner-Stadt Spuren hinterlassen haben. Die Chance, sie in dieser endlosen Weite zu entdecken, ist zwar gering, aber nicht völlig ausgeschlossen. So schnell wird sie jedenfalls nicht aufgeben …
    Miriam hatte die Suchrichtung rein intuitiv vorgegeben. Angesichts der Dimension des Areals sind die 50 000 Meilen, die sie bislang zurückgelegt haben, zwar nicht mehr als ein Katzensprung, dennoch schwindet ihre Zuversicht zusehends. Vielleicht hat ihr Gefühl sie ja doch getrogen. In Gedanken formuliert sie bereits den Befehl zur Kurskorrektur, als plötzlich ein Signal ertönt und eine Reihe grüner Flecke am Bildrand auftaucht. Es handelt sich zweifellos um Radarechos, die Augenblicke später von den Markern der Abstandsmessung bestätigt werden.
    Da unten ist es etwas – eine Gruppe regelmäßig geformter Objekte, die sich deutlich vom Untergrund abheben.
    Häuser – vielleicht sogar eine ganze Ortschaft? Die Vermutung ist naheliegend, sogar hier, aber noch ist Miriam nicht überzeugt. Mit vor Aufregung zitternden Händen aktiviert sie den Bioscanner und sinkt Sekunden später enttäuscht auf ihren Sessel zurück. Die Siedlung – falls es sich überhaupt um eine handelt – ist unbewohnt.
    Aber es sind Häuser, das erkennt sie jetzt sogar auf den Kamerabildern, altmodische Häuser mit Spitzdächern, wie man sie sonst nur noch auf alten Bildern findet.
    »Gegen wir trotzdem runter, Captain?«, erkundigt sich der Zwerg, der natürlich alles mitbekommen hat.
    »Selbstverständlich«, erwidert Miriam und greift zum Mikrofon: »Bitte Positionen einnehmen. Start des Landemanövers in 60 Sekunden.«
    »Aber da unten ist niemand«, gibt der Pilot zu bedenken.
    »Das ist mir nicht entgangen, Mr. Fisher«, weist sie ihn zurecht. »Wenigstens ist dort unten überhaupt irgendetwas, das uns vielleicht weiterhelfen kann.«
    »Ist ja schon gut«, murmelt der Zwerg kleinlaut, aber das Zucken seiner Mundwinkel verrät ihn. Er hat Miriam absichtlich provoziert. Über die Gründe mag sie nicht nachdenken. Es ist bestimmt nicht einfach, zwei Fuß kleiner zu sein als der Rest der Menschheit …
    Die Zurechtweisung hat immerhin die positive Nachwirkung, dass der Schwenk in die Landeposition nicht allzu abrupt ausfällt. Natürlich ist es kein angenehmes Gefühl, scheinbar ins Bodenlose zu stürzen, aber das Kraftfeld muss erst eingreifen, als die Bremsraketen zünden und
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