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Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition)

Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition)

Titel: Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition)
Autoren: Frank W. Haubold
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leuchtenden Augen der Jungen – Layla und die Geparden waren kaum älter als er und die anderen Freiwilligen damals – und spürte auf einmal das Gewicht der Verantwortung. Er hatte ihnen nichts versprochen, aber sie vertrauten ihm, so wie sie selbst damals Admiral Spork vertraut hatten, der die Armada in die Schlacht geführt hatte. Sie hatten den Feind geschlagen, aber nicht alle waren zurückgekehrt. Miriams Halbbruder Christoph war nicht einmal 18 Jahre alt gewesen, als er vor Joyous Gard gefallen war.
    Wohin würde er Layla und die anderen führen?
And I can tell you
The names of the Kingdom
I can tell you
The things that you know

    Die Namen des Königreiches, auch sie standen für magische Orte, nur dass sie nicht im Vergangenen lagen wie die Stätten der Kindheit, sondern jenseits der Realität. Sie standen für das Goldene Vlies, den Heiligen Gral oder das Gelobte Land: Wunder, an die angeblich niemand mehr glaubte, und die doch Teil jener törichten Hoffnungen und Träume waren, die jeder Mensch – auch er – in sich trug. Sie hüllten sich in beredtes Schweigen und verbargen sich tief im Schatten, waren aber dennoch präsent, solange es Hoffnung gab.
Listening fo-or
a fistful of silence
Climbing valleys
into the shade 2

    Vielleicht war er ja tatsächlich der hoffnungslose Romantiker, für den Roberta und neuerdings auch der Pater ihn hielten, aber wie sollte man sonst die Dunkelheit und Leere ertragen, durch die sich die Hemera in den nächsten Wochen und Monaten ihren Weg bahnen musste?
    Als das Lied verklungen war, räusperte sich der Kommandant noch einmal und gebot dann mit einer Geste Stille. Das Murmeln verstummte. »Ich danke Ihnen, muss Sie aber nun bitten, sich umgehend auf Position zu begeben. Ortega, Koenig und Fisher, Sie folgen mir bitte auf die Brücke. In exakt«, er sah noch einmal zur Uhr, »dreizehn Minuten starten wir. Danke und Ausführung.«
    Eine halbe Minute später war der Saal leer.
      
    Es war kein spektakuläres Schauspiel, sondern ein Routinestart, wie er auf Tharsis Base tagtäglich stattfand. Dennoch verfolgten die Zuschauer fasziniert und mit leisem Schaudern, wie sich das Sternenschiff auf einer weißen Feuersäule im Zeitlupentempo vom Startgerüst löste, einen Augenblick lang verharrte und dann wie von der Sehne geschnellt dem rostroten Himmel entgegenjagte, bis sich seine Spur in der Ferne verlor.
    Die meisten dieser Zuschauer waren Soldaten, natürlich, und nicht wenige hatten unter dem Kommando von Colonel Farr gedient. Manche hatten wie er viele Jahre auf Pendragon Base verbracht und kannten die Hälfte der Crew persönlich.
    Doch es war nicht nur persönliche Verbundenheit, die den Männern den Eindruck vermittelte, an etwas Besonderem teilzuhaben. Es war vielmehr das Gefühl, dass die Hemera und ihre Crew nicht einfach zu irgendeiner Mission aufgebrochen waren, sondern sich anschickten, selbst zur Legende zu werden. Die wenigsten hätten dieses Gefühl begründen können, aber das änderte nichts an dessen Intensität.
    Vielleicht spielte auch die Hymne eine Rolle, die sie eben noch gemeinsam – nicht wenige mit Tränen in den Augen – gesungen hatten. Das Lied hatte Erinnerungen geweckt und ein Gemeinschaftsgefühl beschworen, das sie so nie wieder empfinden würden. Das machte sie nachdenklich und ein wenig traurig. Der Feind war geschlagen, die stählerne Stadt zerstört und selbst die Sonne erloschen. Die alten Zeiten würden nicht wiederkommen.
    Vielleicht aber war der Start der Hemera gar kein Schlusspunkt wie der Ritt des Cowboys in den Sonnenuntergang, sondern der Beginn eines neuen, noch gewaltigeren Abenteuers als jenes, an dem sie selbst teilgehabt hatten.
    Vielleicht – und diese Hoffnung zauberte den Glanz in ihre Augen zurück – war die Zeit der Wunder noch nicht vorbei …
      
    Es war einfacher gewesen, als er geglaubt hatte. Natürlich hatte er gewusst, dass ihn niemand daran hindern konnte, das Raumschiff zu erreichen. Ohne die Last eines Wirtes war er so leicht und beweglich wie ein Windhauch und vermochte durch jede Ritze zu schlüpfen.
    Er war schon hier gewesen, bevor die letzten Menschen an Bord gegangen waren, und hatte mit leichter Besorgnis das Prozedere ihrer Untersuchung verfolgt. Falls die Menschen tatsächlich in der Lage waren, ihn im Körper von ihresgleichen aufzuspüren, hätte das seine Mission durchaus erschwert.
    Aber es war nur ein Bluff gewesen, wie ihm die Stimme verraten hatte. Woran sie das erkannt hatte, blieb
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