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Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition)

Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition)

Titel: Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition)
Autoren: Frank W. Haubold
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bereitet Mühe, doch es fällt kein böses Wort. Das Ziel ist nah. Niemand fragt, wie dieses Ziel aussieht und wie es ihnen dort ergehen wird. Auch Christoph nicht. Die Rückkunft aus der Schattenwelt ist Geschenk genug.
      
    Tage später. Die Last auf ihren Gliedern ist schwächer geworden, oder die Männer haben sich daran gewöhnt. Am Tagesablauf hat sich wenig geändert, aber es liegt ein neuer Ausdruck in den Gesichtern – Hoffnung. Jetzt, da der Abgrund hinter ihnen liegt, haben sie ihren Mut wiedergefunden. Der Feind mochte stark sein, aber gewiss nicht unbesiegbar. Niemand war unbesiegbar …
    Sie sitzen beim Essen, als die Sirenen aufheulen. Doch es ist nicht der Feind, noch nicht.
    Eine Stadt treibt vorbei, Tausende Meilen entfernt, aber nicht weit genug für die Raubvogelaugen des Schiffes. Etwas ist ihr geschehen. Zerborsten die Kuppel, die Wohntürme wie von der Faust eines Riesen zerschmettert. Reif bedeckt die Ruinenfelder, doch irgendwo in der Tiefe flackert es rot. Ein einsames Totenfeuer, das langsam verglimmt.
    Es ist still geworden im Raum – und kühl.
    Die Botschaft ist eindeutig: »Kommt, und ihr werdet so zurückkehren!«
    Es ist nicht die erste Nomadenstadt, die der Feind zerstört und zur Erde zurückgeschickt hat wie den abgeschlagenen Kopf eines glücklosen Ritters.
    You may not see me tomorrow …
    Die Nekropolis ist längst in der Dunkelheit versunken, aber die Männer sitzen und warten. Warten, dass jemand das Schweigen bricht. Es ist Parker – natürlich Parker, der sich ein Herz fasst:
We-e came down
The rivers and highways
We-e came down from
Forests and falls

    singt er, diesmal ohne Begleitung, aber das stört niemanden. Manche kennen das Lied und fallen zögernd ein. Andere hören nur zu, seltsam berührt von der getragenen Melodie und dem fast hypnotischen Rhythmus der Verse.
We-e came down from
Carson and Springfield
We-e came down from
Phoenix enthralled

    Die Orte klingen vertraut, selbst für jene, die aus den entlegensten Winkeln der Föderation zu den Waffen geeilt sind. Sie sind einander nah in diesem Augenblick, näher als jemals zuvor.
And I can tell you
The names of the Kingdom
I can tell you
The things that you know 2

    Die Männer haben den Tod gesehen. Sie sind zum Umfallen müde, und der Feind ist nah. Und doch leuchten ihre Augen …
    »Nimm!«, sagt Maurice leise und reicht Christoph etwas, das aussieht wie ein zerknülltes Stück Papier. Doch es ist kein Papier, sondern eine kleine, halb vertrocknete Blüte.
    »Von Marie-Claire.«
    Christoph riecht daran und tatsächlich: ein schwacher Duft, kaum mehr als ein Hauch. Frühling.
    Er will etwas sagen, sich bedanken, aber der kleine Franzose schüttelt lächelnd den Kopf. »Marie-Claire wird mir neue pflücken, wenn ich zurück bin.«
    Christoph beneidet ihn um seine Zuversicht. Gern würde er an Heimkehr glauben. Doch es gelingt ihm nicht einmal, davon zu träumen.
    Später findet er einen Platz für sein Geschenk – in der linken Brusttasche, direkt über seinem Herzen. Jetzt beschützt ihn eine fremde Frau.
      
    Am Morgen erreichen sie die letzte Bastion vor dem Niemandsland: Pendragon – die stählerne Stadt. Blau schimmert sie in der Aureole der Kraftfelder. Auf den Landefeldern drängen sich Schiffe: gepanzerte Zerstörer, elegante Leichter und winzige, stumpfflüglige Jäger. Die Armada. Hier trennen sich ihre Wege. Doch Worte fallen schwer.
    »Viel Glück, Freund!«
    »Dir auch. Auf Wiedersehen in der Heimat.«
    Sie reichen sich die Hände, dann verschwindet Maurice im Bauch eines der gepanzerten Kolosse.
    Die Piloten warten. Der unterirdische Hangar, in den man sie geführt hat, ist riesig. Unter der Decke sammelt sich die Feuchtigkeit in weißen Schleierwolken.
    Dann endlich der Kommandant, Admiral Spork. Er springt aus seinem Jeep, als wäre er nicht achtzig, sondern zwanzig Jahre alt. Einzig die Augen verraten sein Alter und das, was sie gesehen haben. Er ist ihnen begegnet und hat überlebt. Allein das macht ihn zur Legende. Der Mann neben ihm ist kleiner und trägt eine Sonnenbrille. Er sieht nicht aus wie ein Offizier. Erst als er die Brille abnimmt, begreift Christoph, wem er da gegenübersteht. Die Augen strahlen in einem hellen, durchdringenden Blau: Balinas, der Seher.
    Die Männer treten einzeln vor, und Spork weist ihnen Schiff und Order zu. Die meisten werden Geleitschutz fliegen.
    Dann ist Christoph an der Reihe. Er tritt vor und nennt seinen Namen. Der Blick des kleinen Mannes trifft
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