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Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition)

Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition)

Titel: Götterdämmerung: Die Gänse des Kapitols (German Edition)
Autoren: Frank W. Haubold
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Geräte versagt, häufiger jedoch die Menschen. Maschinen bekamen keine Depressionen, und sie fürchteten sich auch nicht vor der Leere, die sie umgab …
    Durch das halb geöffnete Fenster drangen die Geräusche von den Trainingsplätzen herüber, Kommandos und Anfeuerungsrufe, das Klatschen der Schläger und der Aufprall hart geworfener Bälle. Sport war ein Ventil, Medizin gegen die Abstumpfung. Die Wettkämpfe unterlagen Regeln, die ihren Ursprung an einem Ort hatten, den die meisten von ihnen nur noch vom Hörensagen kannten. Dennoch war er Teil ihrer Identität, fast wie der genetische Code ihrer Zellen.
    Farr selbst verbrachte viele Stunden im Trainingszentrum, wo er sich oft bis zur Erschöpfung verausgabte. Obwohl er nach Ansicht der Medcoms eigentlich kürzertreten sollte, hatte er bislang noch keine Abstriche an seinem Übungsprogramm zugelassen. Das hatte Gründe, die nichts mit Eitelkeit oder Machismo zu tun hatten. Die Übungen, die seinen Puls in die Höhe trieben, erforderten seine volle Konzentration und ließen ihn manchmal sogar vergessen, weshalb er hier war …
    Es klopfte. Farr schaute zur Uhr. Eigentlich war es zu spät für einen dienstlichen Termin.
    »Herein!«, murmelte er, ohne den Blick vom Monitor zu wenden, während die Tür lautlos zur Seite glitt.
    »Colonel Farr, gestatten Sie, dass ich eintrete?«
    Es war eine Frauenstimme, was Farr nun doch dazu brachte, seine abweisende Haltung aufzugeben. Er lächelte, als er die Besucherin erkannte.
    »Selbstverständlich, Captain Katana, ich freue mich, Sie zu sehen.« Das war keine Floskel. Farr mochte die junge Ingenieurin tatsächlich. Vielleicht hatte er sich deshalb ihre Akte näher angesehen.
    Miriam Katana hatte ein paar Semester Militärgeschichte studiert und war nach ihrem Eintritt in die Armee auf Nachrichtentechnik umgeschwenkt. Auf der Basis war sie für die stationäre Funk- und Ortungstechnik verantwortlich und galt als äußerst fachkompetent. An einem Ort wie diesem bedeutete das zweifellos, dass sie perfekt war. Es gab nicht viele Frauen im Offiziersrang, die auf Pendragon Base Dienst taten – am Ende der Welt. Das war nicht einmal übertrieben, denn in gewisser Weise markierte der winzige Zwergplanet, der um eine Sonne kreiste, die nicht einmal einen richtigen Namen hatte, tatsächlich die Grenze einer Welt. Es war der letzte Außenposten der Menschheit am äußersten Rand des Orion-Arms. Die Bewohner der Nomadenstädte, die auf Pendragon Base ein letztes Mal Station machten, wussten, dass sie draußen keinerlei Unterstützung mehr zu erwarten hatten. Die ALLFOR -Kampfschiffe, die ihnen beim Abflug noch für ein paar Lichtminuten Geleitschutz gaben, waren nicht mehr als eine symbolische Geste. Schließlich hatte es Zeiten gegeben, in denen die Nomaden nicht einmal innerhalb der Grenzen der Föderation sicher gewesen waren …
    Bei der Erinnerung an die ausgebrannten Städte glitt für einen Moment ein Schatten über Farrs Gesicht.
    »Wenn es ungünstig ist, kann ich auch ein anderes Mal wiederkommen.« Miriam Katana hatte seinen Stimmungswechsel bemerkt.
    »Nein, nein, Captain«, versicherte Farr eilig. »Ich war nur einen Augenblick nicht ganz bei der Sache.«
    »Nicht sehr schmeichelhaft für mich«, entgegnete die Technikerin mit einem Lächeln, das selbstbewusst genug war, um Fehlinterpretationen auszuschließen.
    Raymond Farr fragte sich, ob es für Miriam einen Mann auf Pendragon Base gab, ließ den Gedanken aber sofort wieder fallen. Er war nicht fair.
    »Ich muss die Raumüberwachung aktivieren, Captain, aber das wissen Sie.«
    »Natürlich, Colonel.« In der Stimme der Frau lag keinerlei Ironie, obwohl die Dienstvorschrift für Vier-Augen-Gespräche in den Diensträumen von Vorgesetzten auch Farr selbst ein wenig paranoid erschien. Sie wartete, bis er die entsprechende Befehlsequenz eingeben hatte, und fuhr dann fort: »Eigentlich ist es keine rein dienstliche Frage, die mich herführt. Das macht das Ganze etwas schwierig.«
    »Aber doch nicht für Sie, Captain Katana«, lächelte Farr. »Wer seinen Kommandanten im P-Squash schlägt, der sollte doch mit einer einfachen Frage zurechtkommen. Ich fordere im Übrigen Revanche.«
    »Wann immer Sie wollen, Colonel«, erwiderte seine Besucherin trocken. »Aber das löst mein Problem nicht. Werfen Sie mich ruhig hinaus, wenn ich Ihnen zu nahe trete.«
    »Unsinn, also kommen Sie schon zur Sache!« Trotz seines forschen Tonfalls verspürte Raymond Farr eine Spur Unbehagen,
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