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0255 - Als die Pflanzen Rache nahmen

0255 - Als die Pflanzen Rache nahmen

Titel: 0255 - Als die Pflanzen Rache nahmen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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An der Weggabelung stoppte der rote Ford Cortina. Vergeblich suchte die Fahrerin nach einem Straßenschild. Großzügig hatten die Planer darauf verzichtet, weil sich hier ohnehin jedes Eichhörnchen auskannte und Fremde sich einmal im Jahr verirrten.
    Laury Garrick und Steve Winwood waren fremd. Sie kamen aus dem kühlen Schottland, genossen ihren Urlaub und ließen sich treiben. Im Kofferraum lag zusammengerollt das Zelt für den Fall, daß man keine feste Bleibe fand, und wenn es auch einmal nicht möglich war, das Zelt aufzuschlagen, übernachtete man einfach im Wagen.
    Warum auch nicht? Laury und Steve waren jung und abenteuerlustig. Eine Woche hatten sie noch vor sich, und es gab in Südengland noch viel zu entdecken.
    »Die Krone für die Stuarts zurückerobern«, wollte Steve Winwood mit stillem Vergnügen. London lag noch auf ihrem Besichtigungsprogramm, aber dahin mußte man erst einmal finden. Vielleicht war es ein Fehler, die Autobahn verlassen zu haben. Aber die Landschaft war so schön, die Schwalben flogen hoch und die Straßen waren so herrlich schmal, daß es ein Abenteuer war, mit dem immerhin nicht gerade großen Cortina Schlaglöcher zu suchen.
    »Es wird dunkel«, stellte Steve fest. »Weißt du was, Herzblatt? Wir bleiben einfach hier. Hier an der Kreuzung. Zelt aufbauen geht schnell, dort drüben plätschert ein Bach, wir haben also auch Frischwasser. Und…«
    Laury am Lenkrad drückte auf die Hupe und unterbrach damit Steves Redefluß.
    »Warum hupst du?«
    Das schwarzhaarige Mädchen lächelte. »Schlicht und ergreifend deshalb, weil ich dort hinten etwas sehe. Siehst du das auch?«
    »Ich sehe, daß ich nichts sehe«, murmelte Steve.
    »Das werden wir gleich sehen«, verkündete Laury, legte den Gang ein und jagte den Cortina in die Abzweigung. Nach ein paar hundert Metern sah auch Steve, was die Adleraugen seiner Verlobten entdeckt hatten.
    Eine Art Herrenhaus, von Efeu umrankt in einem Park. Bäume und Sträucher ragten empor, und eine große Hecke zog sich um das ganze Anwesen. Es lag in einer kleinen Talmulde inmitten des eigentlich recht ebenen Landes, und von hier oben, von der Straße aus, konnte man das Anwesen einigermaßen überblicken.
    »Seine Lordschaft wird uns bestimmt Gastfreundschaft erweisen«, bemerkte Laury kühn.
    Immerhin wäre es nicht das erste Mal, daß sie sich irgendwo einquartierten. Die Leute hier waren durchaus freundlich und machten es nicht kompliziert. Und mehr als wegschicken konnte der Besitzer des Hauses sie auch nicht.
    Der Weg mußte eine Privatstraße sein, denn er führte schnurgerade auf das Herrenhaus zu. Zudem war er merklich besser als die eigentliche Straße. Es gab keine Schlaglöcher, und die Straße war auch etwas breiter. Hier konnten sich zwei Kleinwagen ruhig begegnen, ohne daß einer zum nächsten Ausweichpunkt zurück mußte.
    An der Grenze des Anwesens zog sich die Hecke etwas höher und bildete eine Art Torbogen über der Straße. Laury ließ den Wagen langsam hindurchrollen. Rechts und links erhoben sich die Sträucher und Bäume aus dem Rasen. Der kleine Park machte einen äußerst gepflegten Eindruck. In regelmäßigen Abständen erhoben sich rechts und links Marmorsockel mit kleinen Statuen, die penibel sauber waren und wie neu wirkten.
    »Komische Ahnengalerie«, sagte Steve. »Wenn das die Standbilder der Vorfahren sind, dann müssen hier früher Hobbits gehaust haben.«
    »Schon mal Hobbits mit Teufelshörnern gesehen? Gnomen und Trolle sind das. Nee, würde ich mir nicht in den Vorgarten stellen.«
    »Und ich keine Gartenzwerge, wie es die Germans tun«, sagte Steve.
    Vor dem Herrenhaus erstreckte sich ein asphaltierter großer Vorplatz, saubergefegt und mit weißen Linien bemalt, die sternförmig auf das Eingangsportal wiesen.
    »Kein Licht brennt«, sagte Steve. »Dabei müßten sie drinnen jetzt schon Kerzen anzünden, bei den kleinen Fensterchen.«
    Es dämmerte. Der Einbruch der Nacht war nur noch ein Frage von zehn oder fünfzehn Minuten. Laury schniefte leicht. Wenn sie jetzt doch abgewiesen wurden, wurde es sehr ärgerlich. Ein Zelt im Dunkeln aufzubauen, ist nicht jedermanns Sache. Und Laurys Sache war es schon gar nicht.
    Sie schaltete den Motor ab, stieg aus und strich sich durch das lange schwarze Haar. »Ob keiner daheim ist? Vielleicht haben sie das Wohnzimmer auch zur anderen Seite…«
    Steve wackelte mit dem Unterkiefer. »Man hört auch keine Geräusche. Diese Totenstille… kannst du irgendwo Vögel oder
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