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Götterdämmerung: Das Todes-Labyrinth (German Edition)

Götterdämmerung: Das Todes-Labyrinth (German Edition)

Titel: Götterdämmerung: Das Todes-Labyrinth (German Edition)
Autoren: Frank W. Haubold
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Rettungsmission, die sie bis an die Grenzen des Universums führen wird – und darüber hinaus …
     

Vera
     
    Die Dunkelheit hatte sie wieder. Sie hatte den Planeten Tharsis, von dem sie gestartet waren, bereits verschluckt und die örtliche Sonne zu einem winzigen Lichtpunkt schrumpfen lassen. Dabei war die Hemera immer noch dabei, Fahrt aufzunehmen, und würde ihre planetare Höchstgeschwindigkeit erst binnen Wochenfrist erreichen.
    Bereits wenige Tage nach dem Start hatten sich die Abläufe an Bord so weit eingespielt, dass der Kommandant nur noch gelegentlich ordnend eingreifen musste. Vorher hatte sich Raymond Farr allerdings noch um eine Vielzahl organisatorischer Dinge kümmern müssen, die aufgrund der dramatischen Begleitumstände des Aufbruchs unerledigt geblieben waren.
    Obwohl beim Start nur ein Bruchteil des Treibstoffvorrats verbraucht worden war, hatte er noch einmal nachtanken lassen, wobei das Kopplungsmanöver mit dem Tankschiff auch als Übung gedacht war. Im Orbit von Tharsis waren Fehler noch korrigierbar. Nach dem ersten Raumsprung würden sie auf sich allein gestellt sein.
    Nach Tagen und Wochen der Anspannung war es ein seltsames Gefühl, wieder Zeit für sich selbst zu haben. Er konnte nach Belieben im Schiff umherstreifen, sich ein Buch aus der Bibliothek holen oder eine Partie Schach gegen den Schiffsrechner spielen. Natürlich hätte er sich auch in die Sphere einklinken können, solange sie sich noch im Bereich der Kernwelten bewegten, aber dazu verspürte Farr wenig Neigung. Die Vielfalt des Angebots war zu erdrückend und die Wahrscheinlichkeit gering, zwischen all den redundanten Informationen etwas von Belang zu erfahren. Das war Johnnys Metier, was Ray sofort daran erinnerte, dass sich sein Freund noch immer nicht aus Patonga zurückgemeldet hatte. Hoffentlich war ihm nichts zugestoßen …
    Sicherheitshalber kontrollierte er noch einmal sein geschütztes Postfach und fand tatsächlich eine Nachricht vor, die zwar nicht von Johnny selbst, aber von dessen Faktotum stammte: »Erwarten John Varley innerhalb der nächsten 24 Stunden zurück. Kontaktaufnahme ausschließlich über gesicherte Verbindung. Link und Codesequenz folgen. J.«
    Das J. für James entlockte Ray ein Lächeln, das sicher auch Ausdruck seiner Erleichterung war. Johnny war wohlauf und hatte offensichtlich etwas herausgefunden, anderenfalls wären die Sicherheitsvorkehrungen unnötig. Unabhängig davon hoffte Farr natürlich auch auf Johnnys Unterstützung im Hinblick auf das Malik-Wesen, auch wenn zunächst sicher keine greifbaren Resultate zu erwarten waren. Manchmal half es schon, mit jemandem über das Thema zu sprechen, der über die notwendige Distanz zu den Ereignissen verfügte. In dieser Beziehung verfügte John Varley über das unbestechliche Urteilsvermögen einer KI.
    Das brachte Farr auf eine Idee: Falls Koroljovs neueste Schöpfung tatsächlich so innovativ und leistungsfähig war, wie der Russe behauptete, konnte er vorläufig ja auch deren Dienste in Anspruch nehmen. Bislang hatte es ihm an Zeit gefehlt, sich intensiver mit »Vera« zu befassen, aber das würde er jetzt nachholen.
    Der Kommandant aktivierte das Systemterminal und schaltete das Kommunikationsmodul zu. Auf dem Bildschirm erschien die 3D-Darstellung eines Frauenkopfes. Das Gesicht der Frau wirkte anziehend und gleichzeitig in sich gekehrt wie die Skulptur einer antiken Gottheit. Um ihre Lippen spielte ein wissendes Lächeln, und ihre smaragdgrünen Augen schienen Farr direkt anzusehen. Dem unbekannten Schöpfer des Avatars war die perfekte Synthese zwischen weiblicher Attraktivität und intellektueller Distanz gelungen.
    »Hallo, Vera«, sagte Farr.
    »Guten Tag, Kommandant Raymond Farr«, erwiderte eine angenehme Altstimme höflich.
    »Du kannst mich Ray nennen, das spart Zeit.«
    »Wie Sie wünschen … Ray.«
    Ein fast unmerkliches Zögern, als müsse sich seine Gesprächspartnerin erst an die neue Anrede gewöhnen. Aber Farr hatte keine Zeit zu verlieren.
    »Du könntest etwas für mich recherchieren, doch dazu müsste ich wissen, auf welche Ressourcen du überhaupt zugreifen kannst.«
    »Selbstverständlich auf sämtliche offenen Sphere-Inhalte, alle offiziellen föderalen und NGO-Datenbanken und mit entsprechender Autorisierung auch auf die Datenbestände des Militärs und der Sicherheitsbehörden.«
    »Welche Autorisierung, die der Betreiber?«
    »Natürlich nicht, aber die einer natürlichen Person, die gegebenenfalls die
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