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Goebel, Joey

Goebel, Joey

Titel: Goebel, Joey
Autoren: Heartland
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mehr etwas. So hatte sich Henry den Augenblick des Sieges nicht vorgestellt, und den bedrückten Mienen der anderen nach zu urteilen, war er auf seiner eigenen Siegesfeier nicht einmal willkommen. Was verständlich [683] war. Sie mussten ihn zum Bösewicht machen, zum Profithai, der perverse Wünsche hegte, so mächtig zu sein, dass man von ihm nicht mehr erwartete, zu anderen »Hi« oder »Bye« zu sagen, ein Weltreisender, der all seine Marotten auf den Jetlag zurückführen konnte. Sie würden ihm nie abkaufen, dass sein Ziel nur Frieden war, ein Frieden, den er nie gekannt hatte, den er sich aber gern als die heitere Gelassenheit eines nachmittäglichen Baseballspiels vorstellte, das seinen gemächlichen Gang ging, und dazu im Hintergrund das unterschwellige Stimmengewirr der Zuschauer.
    Nach zehnminütiger Diskussion beschlossen Henry und Elizabeth, sich wenigstens kurz in der Wahlkampfzentrale blicken zu lassen, da ihre Anhänger ihnen ihr Fernbleiben sonst übelnehmen könnten. Elizabeth sträubte sich zunächst, ließ sich dann aber überreden, unter der Bedingung, dass sie vorher zu Hause vorbeifuhren, damit sie sich etwas zurechtmachen konnte. Blue Gene dagegen fiel die Entscheidung leicht, seine Anhänger an diesem Abend allein zu lassen. Er wusste, dass sie sich auf dem alten Wal-Mart-Parkplatz treffen wollten, doch falls sie verloren hatten, war geplant, dass Jackie sich bei allen offiziell bedankte, und danach war es mit der Partei der Habenichtse vorbei, wenigstens vorerst.
    Elizabeth küsste John zum Abschied auf die Stirn, und John gratulierte seinem Vater. »Hoffentlich genießt du es«, sagte er. »Ich bin wirklich froh, dass du es statt meiner machst.«
    »Ach, nun mach mal ’n Punkt«, sagte Henry. »Du steckst momentan in einer Krise, verständlicherweise. Ich springe [684] in dieser Amtszeit für dich ein, dann kannst du das nächste Mal antreten.«
    »Herrje«, sagte Elizabeth. »Daran wollen wir gar nicht denken.«
    »Echt nich«, sagte Blue Gene. Er selbst schlug vor, Henry und Elizabeth nach draußen zu begleiten, mit der Begründung, es sei mal wieder Zeit für eine Zigarettenpause. Nachdem sie durch die Automatiktüren gegangen waren, umarmte Elizabeth Blue Gene unter dem überdachten Bereich, wo die Krankenwagen standen.
    »Du solltest unbedingt wenigstens ein anderes Hemd anziehen, mindestens«, sagte sie und wischte etwas von seiner Schulter. »Bleibst du noch lange?«
    »Keine Ahnung. Schon möglich.«
    »Du bleibst bei John sitzen, oder?«
    »Glaub schon.«
    »Eins muss ich dir lassen, Eugene«, sagte Henry. »Du und dein kleiner, bunt zusammengewürfelter Haufen… da habt ihr kurzfristig einen verteufelt guten Wahlkampf auf die Beine gestellt. Mit mehr Vorbereitungszeit hättet ihr die anderen Countys vielleicht besser mobilisieren können. Jedenfalls – Glückwunsch zu Commonwealth County. Du nimmst uns doch wohl nichts übel?«
    »Nö. Gefühle hab ich zurzeit gar keine.«
    »Ich verstehe, was du meinst«, sagte Henry.
    »Wir sind aber quitt«, sagte Blue Gene, »wenn du mir nur versprichst, dass du ein guter Politiker sein wirst.«
    »Natürlich werde ich ein guter Politiker sein.«
    »Die Betonung liegt auf gut, wie in gut zu allen. «
    »Klar werde ich gut zu allen sein. Beleidige mich nicht.«
    [685] Blue Gene nahm seufzend seine Schachtel Parliaments aus der Tasche.
    »Und du wirst John wirklich Gesellschaft leisten, nicht wahr?«, fragte Elizabeth.
    »Klar. Nun fahrt schon.«
    Sie gingen Hand in Hand zum anderen Ende des Parkplatzes.
    Blue Gene stand vor dem Krankenhauseingang neben einem schmalen Plastikbehälter, der sogenannten Rauchersäule, und zündete sich eine Zigarette an. Nach der ersten genehmigte er sich eine zweite, den Blick auf den gut beleuchteten Parkplatz und gelegentlich nach oben zu den Sternen gerichtet, und dachte, wie ungerecht es doch war, dass Henry im Repräsentantenhaus sitzen würde, und dass er ihn eigentlich nicht ausstehen konnte, er ihm aber doch fehlen würde, wenn er irgendwann tot war. Nach einer dritten Zigarette betrat er das Krankenhausfoyer und beschloss, sich mit einem Anruf bei Bernice ein wenig die Zeit zu vertreiben. Sie hatte ihn gebeten, sie auf dem Laufenden zu halten.
    Als sie abnahm, hörte er sofort, dass sie wieder Atemprobleme hatte.
    »Geht’s dir gut?«, fragte er.
    »Ja, ja. Mir geht’s prima. Ich suche nur gerade einen Sender.«
    »Aber dein Atem klingt komisch. Hast du deine Medikamente abgesetzt?«
    »Nein,
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