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Godspeed | Die Ankunft

Godspeed | Die Ankunft

Titel: Godspeed | Die Ankunft
Autoren: Beth Revis
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Computerstimme verstummt mit einem Knistern und lässt mich in der Stille zurück. Allerdings leuchtet jetzt der Monitor in der Kontrolltafel auf und es blinkt folgende Aufforderung:
    Militärischer Autorisierungs-Code: _ _ _ _ _ _ _
    Bei diesem Wort –
militärisch
 – krampft sich mein Magen genauso zusammen wie beim abrupten Bremsen des Shuttles kurz zuvor. Orion hätte jetzt meine Position inne, wenn er das Militär der Sol-Erde nicht so sehr gefürchtet hätte, dass er sie alle umbringen wollte, weil er überzeugt war, dass sie uns entweder zu Soldaten oder zu Sklaven machen würden.
    Es fällt mir schwer, Orion als das anzusehen, wofür Amy ihn hält: einen psychopathischen Killer. Wenn Amy nicht gewesen wäre, hätte ich wie Orion sein können. Welche Wahl hatte ich denn? Ich wäre geworden wie er … oder wie der Älteste.
    Und was auch geschehen ist – ich finde Orions Taten immer noch besser als die Lügen des Ältesten.
    Die Aufforderung, einen militärischen Code einzugeben, den ich nicht kenne, blinkt mich weiterhin an. Ich werfe noch einen letzten, sehnsüchtigen Blick auf die Welt jenseits des Fensters und den unendlichen Himmel, und drehe beidem dann bewusst den Rücken zu. Ich kann die Angst und den Schmerz in den Stimmen meiner Leute hören, und der nächste Schritt steht nicht mir zu, sondern den Eingefrorenen aus dem Kryo-Raum.
    Als ich dort ankomme, ist Amy bei den Kammern ihrer Eltern und beugt sich über die Leute, die wir dort festgezurrt haben. Sie versuchen, ihr trotz der Stricke auszuweichen, doch Amy drängt sich einfach zwischen sie und hat nur Augen für die Anleitung des Auftauens. Die geschockten, festgebundenen Menschen würdigt sie keines Blickes.
    Mich umgibt totales Chaos. Unsere Ärztin Kit hat ein paar Leute organisiert, die herumrennen und die Seile lösen, mit denen wir die Menschen an schweren Gegenständen festgebunden haben. Es wird schnell deutlich, dass das keine gute Idee war. Mir dreht sich fast der Magen um, als ich zusehen muss, wie Kit einem Mann die Schulter wieder einrenkt. Fast alle haben denselben entsetzten Gesichtsausdruck, den ich nur von Katastrophenvideos der Sol-Erde kenne.
    In meiner Nähe fängt eine Frau an zu kreischen. Es hallt zwischen den Metallwänden der Kryo-Kammer umher und der schrille Ton bohrt sich allen in die Ohren.
    Kits Helfergruppe befreit die Schreiende und eine weitere Frau von den Stricken, doch es ist zu spät – am Hals der zweiten Frau ist ein dicker roter Striemen. Das Seil, das ihr das Leben retten sollte, ist verrutscht und hat sie stattdessen erwürgt.
    Ich trete auf die Überlebende zu. Ihre Schreie sind verstummt, jetzt schluchzt sie nur noch.
    Amy atmet scharf ein. Es ist kaum hörbar, aber ich fahre trotzdem sofort herum, um nachzusehen, was los ist.
    Sie wirft mir ein triumphierendes Lächeln zu, und erst da sehe ich, dass die kleinen Türen der einzelnen Kältekammern alle aufgesprungen sind.
    »Muss das unbedingt jetzt sein?«, frage ich und gehe auf sie zu.
    »Ja«
, faucht sie.
    »Alle
von denen?« Ich kann gut verstehen, dass sie ihre Eltern aufwecken will, aber wir brauchen jetzt wirklich keine rund hundert Eingefrorenen, die auch noch zu dem allgemeinen Durcheinander beitragen.
    Wir haben Dutzende Verletzte und mindestens einen – nein, zwei – nein, noch mehr – Tote. Wir haben jetzt keine Zeit, uns auch noch mit den Eingefrorenen abzugeben, nicht, nachdem wir beinahe eine Bruchlandung hingelegt haben.
    Ich versuche, Amy das zu erklären, aber sie sagt nur: »Sie können uns
helfen
.« Ich vermute, dass sie es wirklich glaubt, aber es ihr erst eingefallen ist, als ich sie zur Rede gestellt habe.
    Kit stürzt auf mich zu. Sie hat eine Schnittwunde am Kopf, aus der Blut über ihre Wange läuft, aber allzu schlimm sieht es nicht aus. »Ist alles okay?«, fragt sie besorgt und legt ihre Stirn in Falten.
    Ich sehe mich um. Alle haben denselben leicht glasigen Blick – sie stehen unter Schock. Die Seile haben zwar dafür gesorgt, dass die Menschen nicht haltlos herumwirbelten, aber sie haben auch in ihre Haut eingeschnitten und sich um ihren Hals geschnürt.
    »Klar«, knurre ich. »Alles ist
echt super

    »Nein, ich meine die Landung – ist er – der Planet –« Kit weiß nicht, wie sie in Worte fassen soll, was sie wirklich wissen will.
    Einen Moment lang sehe ich nicht mehr die Metallwände, zwischen denen meine Leute versuchen, sich von der harten Landung zu erholen. Ich sehe nur den Himmel.
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