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Go West - Reise duch die USA

Go West - Reise duch die USA

Titel: Go West - Reise duch die USA
Autoren: Rau Sandy und Gina
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unsere Führerin auch noch zu erzählen.
    »Es gab hier einmal einen Mann, dessen Liebe zu seiner verstorbenen Frau unermesslich zu sein schien. Er konnte es nicht verwinden, dass sie von ihm gegangen war und nun auf diesem Friedhof ruhte. Also grub er sie eines Nachts aus, nahm die Leiche mit nach Hause und legte sie neben sich ins Bett. Er lebte eine geraume Zeit mit seiner toten Frau im Haus, bis man ihm auf die Schliche kam und dem Spuk ein Ende bereitete.«
    Mittlerweile war es später Nachmittag geworden, und von der schwülen Hitze hatten wir gewaltigen Durst bekommen. Wir suchten uns ein Café und genossen neben reichlich Mineralwasser auch einen Cappuccino und ein Stück Key Lime Pie , einen Limonenkuchen, für den Key West übrigens auch berühmt ist. Und ich kann sagen, mit Recht.
    Nachdem wir uns erholt hatten, fragten wir uns durch bis zum weltbekannten Mallory Square . Da es in einer Stunde dunkel werden würde, dachten wir uns, dass es gut wäre, etwas früher dort zu sein. Und das war keine schlechte Entscheidung. Der Mallory Square liegt am südwestlichen Ende der Stadt und ist eigentlich kein Platz, sondern ein großes rechteckiges Gebiet, das ein Zwischending aus Pier, Promenade und Flaniermeile ist. Man kann auf kleine Yachten schauen, und kurioserweise hinderten uns Bäume auf der gegenüberliegenden Seite am vollkommenen Genuss des hier so hingebungsvoll zelebrierten Sonnenuntergangs. Aber wie so oft an vermeintlich einzigartigen Orten relativiert sich die Vorstellung von ihnen, wenn man sie vor sich sieht. Im Laufe unserer Reise hatten wir schon weitaus schönere Sonnenuntergänge gesehen. Aber das machte nichts. Der Mallory Square ist ein Ort für die verrücktesten Leute. Man trifft Jongleure, Artisten, Porträtmaler, allerlei schräge Typen, die allen möglichen Kram verkaufen wollen, Transen, Lesben und Schwule und ein paar einfache Leute wie mich. Dieses Gemisch ist einmalig, die Stimmung cool und relaxt, und wenn man bei diesem Event dabei ist, fühlt man sich so frei und entspannt wie selten.
    Als sich der letzte Rest der Sonne verabschiedet hatte, gab es Beifall, und die Menge zerstreute sich. Irgendjemand empfahl uns ein gutes Fischrestaurant, und so beschlossen wir diesen Tag mit einem wahnsinnig leckeren Krabbenteller. Mein Zuhause, meine Freunde, meine Eltern, mein eigentliches Leben waren an diesem Abend so weit entfernt, dass ich nicht daran denken mochte, wie es sein würde, wieder zurück zu sein. Ich weiß, müsste ich auf Key West leben und arbeiten, wäre das was anderes. Aber an diesem Tag musste ich das ja nicht.
    ***
    In dieser Nacht begingen wir eine Dummheit, die nicht nur peinlich war, sondern die uns auch eine Nacht oder mehr im Knast hätte einbringen können. Wir lümmelten auf den Betten herum, es lief nichts Interessantes im Fernsehen, und wir drei waren noch so richtig aufgekratzt und hatten nicht die geringste Lust, die wenigen Stunden, die uns noch von Amerika blieben, zu verschlafen.
    »Mädels«, sagte Liz verschmitzt. »Hier gibt’s doch einen Pool …«
    »Du willst jetzt baden gehen?« Ich sah auf die Uhr. Mitternacht.
    »Ja, will ich!« Liz machte den Fernseher aus, stellte sich neben das Bett und stemmte die Arme in die Seite. »Und ihr kommt mit!«
    »Mann«, stöhnte Gina. »Ich hab noch nicht mal ausgepackt. Bikini suchen und dann noch umziehen … muss das sein?«
    »Nö, muss nicht.« Liz griente. »Wir gehen nackig!«
    »Das dürfen wir nicht!«, entfuhr es mir. »In Amerika darf man nirgendwo nackt herumlaufen, dafür kommt man ins Gefängnis.«
    »Ja, ja, du Spießerin«, grummelte unsere Freundin. »Es ist mitten in der Nacht, der Pool liegt total versteckt, und jetzt geht hier sowieso keiner mehr baden. Und wir wickeln uns einfach in Badetücher.«
    »Woher weißt du, dass um diese Uhrzeit niemand mehr badet?«, fragte ich misstrauisch.
    »Weil die poolhours nur bis zweiundzwanzig Uhr gehen. Wir müssen halt leise baden. Mann, nun kommt schon! Das macht bestimmt tierisch Spaß!«
    Na ja, warum nicht? Liz ging erst einmal in Klamotten raus und schaute nach, ob irgendjemand zu sehen war. Freudestrahlend kam sie zurück.
    »Niemand da! Auf geht’s!«
    Wir zogen uns aus und wickelten uns in die dicken Badetücher. So gesehen war das ja nicht weiter schlimm. Dann stahlen wir uns leise aus dem Haus und schlichen zum Pool. Ihr könnt euch ja vorstellen, wie es ist, wenn man was Verbotenes tut. Nackt baden an sich ist nicht sonderlich aufregend, aber
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