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Go West - Reise duch die USA

Go West - Reise duch die USA

Titel: Go West - Reise duch die USA
Autoren: Rau Sandy und Gina
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Als am Nachmittag die üblichen Gewitterwolken auftauchten, dachten wir, dass wir jetzt ins Auto flüchten müssten, aber die Natur spielte Theater für uns. Der Horizont Richtung Osten war die Bühne, und schwarzgraue Wolken bildeten gleichzeitig den Vorhang und das Schauspiel. Während wir im warmen Sand in der Sonne saßen, entluden sich Wolkengebirge über dem Meer. Zeus spielte Beleuchter und sandte atemberaubende gezackte Blitze herab.
    Für uns drei war das Schauspiel derart beeindruckend, dass unser Gespräch verebbte und wir nur dasaßen und zuschauten. Obwohl sonst jeden Tag ein derartiges Gewitter über uns weggezogen und uns irgendwo zum Unterstellen gezwungen hatte, passierte das an diesem Tag nicht. Es schien, als wüsste Petrus, dass wir nur noch ein paar Tage hatten. Den ganzen Nachmittag über badeten wir, lagen faul herum und genossen das Leben. Wenn ihr auf die Keys fahrt, nehmt euch ein paar Stunden für den Bahia Honda State Park .
    Am Abend packten wir unsere Taschen, denn wir wollten am nächsten Morgen spätestens um sieben bei den Hirschen sein. Jeremy, so hieß der Mann an der Rezeption, hatte uns gesagt, dass man um diese Zeit die besten Chancen habe, die kleinen Tiere anzutreffen. Jeremy empfahl uns sogar noch eine Unterkunft in Key West, nämlich das White Street Inn , und reservierte es bis Samstag für uns. Da unser Flug von Miami nach Frankfurt erst spätabends abging, nahmen wir uns vor, auch den Samstag noch bis zum frühen Nachmittag zu nutzen.
    Wir stellten den Wecker auf halb sechs, und eine Stunde später waren wir auf dem Weg nach Big Pine Key . Frühstücken wollten wir irgendwo unterwegs, denn um diese Uhrzeit war uns noch nicht nach Essen. Big Pine Key liegt nur vier Meilen weiter südwärts als der Bahia Honda State Park . Man kann also beides locker miteinander verbinden. Doch wenn ihr die kleinen Hirsche, die key deers , sehen wollt, dann müsst ihr morgens fahren. Sie sind zwar nicht scheu, aber in der Tageshitze ziehen sie sich lieber in den Wald zurück.
    Die Insel der Zwerghirsche zieht sich vom highway aus wie eine Nadel in den Golf von Mexiko hinein. Man biegt also von Marathon aus kommend rechts ab, um in das Revier der stark bedrohten Hirsche zu fahren. Das speedlimit ist auf Big Pine Key tagsüber auf 45 Meilen pro Stunde (70 km/h), nachts auf 30 Meilen pro Stunde (50 km/h) reduziert, und im Wald sollte man Schritttempo fahren. Wenn ihr in den Wald abbiegt, fällt euch sofort ein großes Schild auf, das den Zugang zum National Key Deer Refuge bezeichnet. Es zeigt auch die noch vorhandene Population der Tiere. Was uns aber noch langsamer in den Wald hineinfahren ließ, war die Zahl der in diesem Jahr bereits durch Autofahrer getöteten Hirsche – es waren dreißig. Auf einer Infotafel lasen wir, dass sich die Zahl der Hirsche von siebenundzwanzig im Jahr 1957 auf achthundert heute wieder erholt hat. Na, zumindest werden dann wohl mehr geboren als überfahren.
    Im Reiseführer stand auch, dass die Kleinen bei der Geburt nur ein bis zwei Kilo wiegen und, wenn sie ausgewachsen sind, nur eine Größe zwischen sechzig und achtzig Zentimetern erreichen. Da geht uns so ein »Hirsch« gerade mal bis zur Hüfte! Als ich das gelesen hatte, konnte ich es mir gar nicht vorstellen.
    Wir schlichen die Straße entlang, bis wir zu einer kleinen Lichtung kamen.
    »Da sind welche!«, rief Gina.
    »Nicht so laut!«, zischte ich. »Du verscheuchst sie noch!«
    »Wir sind im Auto«, bemerkte Liz, hielt den Wagen an und stellte den Motor ab. Es war ein unwirklicher Anblick. Fünf key deers ästen auf der Wiese, und als sie unser Auto bemerkten, schauten sie auf und musterten uns. Es waren drei ausgewachsene Tiere und zwei Kitze, die so klein waren, dass sie als etwas zu groß geratene Katzen hätten durchgehen können.
    »Sind die süß!«, sagte Gina leise. »Seht doch, sie kommen her!«
    Es schien, als würden sie überhaupt keine Scheu vor Autos oder Menschen besitzen, denn zielstrebig kamen sie auf uns zu und blieben erst fünf Meter vor dem Wagen stehen. Liz öffnete vorsichtig die Fahrertür. Ich wollte protestieren, denn wenn sie ausstieg, würde sie die Tiere sicher verscheuchen. Aber in dem Moment, in dem ich den Mund aufmachen wollte, war Liz schon aus dem Auto.
    »Sie sind vollkommen zahm«, flüsterte sie. »Bestimmt haben sie sich an all die Touristen gewöhnt.«
    Gina und ich wollten nicht allein im Wagen bleiben, also folgten wir Liz so behutsam wie möglich. Das
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