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Go West - Reise duch die USA

Go West - Reise duch die USA

Titel: Go West - Reise duch die USA
Autoren: Rau Sandy und Gina
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den Staaten, und bei einigen von ihnen hatte sich Liz angemeldet, um eine Übernachtungsmöglichkeit zu haben. Ich war richtig neidisch auf Liz. Jedenfalls war das der Grund, warum sie nur drei Tage Zeit für uns hatte.
    Als wir in den Zug Richtung Penn Station stiegen, wurden wir Teil eines Durcheinanders aus Menschen verschiedener Nationen. Asiaten, Schwarzafrikaner, Latinos, Bleichgesichter wie wir und jede denkbare Variante dazwischen bevölkerte die Bahn. Mir fiel ein, dass genau das ja das eigentliche Amerika ausmacht und hier nicht unzählige Nationen zusammen Bahn fahren, sondern nur eine einzige. Nämlich die Vereinigten Staaten von Amerika. Hatten diese Leute hier alle einen amerikanischen Pass oder erträumte ich mir den Idealzustand?
    Ich teilte Liz meine Gedanken mit. Sie überlegte einen Moment.
    »Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht. Ich glaube, ihr beschäftigt euch in Deutschland mehr damit als wir. Man sagt ja, dass Amerika ein melting pot ist.«
    Sie warf einen Blick in die Runde. Anzugtypen neben T-Shirt, Schwarz neben Weiß, der eine schlief, der andere hörte Musik, der Nächste starrte aus dem Fenster. Genau wie bei uns , schoss es mir durch den Kopf. Nur dass ich es hier bewusster wahrnahm.
    »Aber so ganz stimmt das nicht«, warf Gina ein. »Ein Schmelztiegel würde ja bedeuten, dass sich alles miteinander vermischt. Aber das tut es nicht. Da gibt es doch Little Italy , China Town , und noch andere in sich geschlossene Viertel. Irgendwie bleiben die meisten Einwanderer doch lieber unter sich.« Sie grinste mich an. »Unser Vater würde auch komisch gucken, wenn wir einen schwarzen Chippendale abschleppen würden.«
    »Echt?«, rief Liz. »Meiner würde sagen: Und? Hat seine Familie Geld?«
    Wir mussten lachen. Aber als der Zug in den Tunnel einfuhr, der uns unter dem Hudson hindurch nach Manhattan bringen sollte, kam mir der Gedanke, dass wir zwar vieles sehen, aber manches nicht wahrnehmen.
    »Welcome to Manhata!« , entfuhr es mir.
    »Manhattan«, verbesserte mich Liz geistesabwesend.
    »Liebe Liz«, dozierte Gina mit erhobenem Zeigefinger, ehe ich etwas sagen konnte. »Weißt du nicht, dass Manhattan früher Manhata hieß? Das war zu der Zeit, als das Land noch den Indianern gehörte, und in ihrer Sprache hieß die Halbinsel Manhata.«
    Liz schaute Gina verblüfft an. »Das hab ich nicht gewusst. Ist ja der Hammer, da kommt eine Touristin aus Deutschland und bringt mir Geschichte bei!«
    »Ja«, erwiderte ich anstelle meiner Schwester mit bierernstem Gesicht, denn ich hatte den Reiseführer ja auch gelesen. »Manhata hieß das Land bis 1629, dann wurde es den Indianern abgekauft.«
    »Und Manhata getauft.«
    »Nein«, bemerkte ich grinsend. »Die erste Siedlung hieß Nieuw Amsterdam , weil Holländer dort Käse anbauten.«
    »Du spinnst!«
    »Ja«, antwortete ich lachend. »Aber nur mit dem Käse. Der Rest stimmt.«
    »Na ja«, seufzte Liz. »Wir lernen in der Schule die Geschichte der USA und nicht die Manhattans.«
    »Mach dir nichts draus.« Gina zuckte mit den Schultern. »Wir lernen ja auch die deutsche Geschichte und nicht die Berlins.«
    »Touristen wissen sowieso immer mehr als man selbst.«
    »Na, dann kannst du uns ja gleich abfragen, wenn wir durch die Stadt ziehen«, schlug ich vor. »Übrigens fahren wir gerade unter dem Hudson River durch, und der heißt so, weil Henry Hudson 1609 der erste Weiße war, der Manhata betreten und man kurzerhand den Fluss nach ihm benannt hat.«
    Liz’ dunkelbraune Augen blickten schelmisch. »Ich hasse Touristen! Und noch mehr besserwisserische Touristen!«
    In diesem Moment fuhr der Zug in die Penn Station ein, und wir konnten endlich, endlich New York betreten.
    ***
    Allein schon die Bahnhöfe New Yorks sind ein Erlebnis für sich. Als ich gemeinsam mit Liz und Gina die Halle der Penn Station betrat, lief ich automatisch langsamer. In jedem Bahnhof der Welt gibt es ein ähnliches Gewusel von Menschen, die hinein- und hinausströmen, eine Weile warten, was essen, was lesen, sich treffen, umarmen, streiten, begrüßen, verabschieden, abreisen und … für mich das Schönste … ankommen. Aber ich war in New York. Das war ein New Yorker Bahnhof . Das amerikanische Stimmengewirr, die Atmosphäre dieser Halle, alles wirkte auf mich wie der Eintritt zu meinen Kinderträumen, die entstanden waren, als ich mir amerikanische Fernsehserien ansah.
    »Ist nur ’n Bahnhof!«, kommentierte Liz und dämpfte meine Euphorie. »Los, kommt mit!«
    Das
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