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Go West - Reise duch die USA

Go West - Reise duch die USA

Titel: Go West - Reise duch die USA
Autoren: Rau Sandy und Gina
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ihr kaum eine Chance, eine Lücke zu finden. Wenn sie allerdings im Sommer genau in eine der schnurgeraden Straßen scheint, wird es verdammt heiß. Ist es dann noch schwül, kann New York doch tatsächlich auch mal unerträglich werden. An diesem Tag war das Wetter aber perfekt.
    Wir stellten uns an einem der Kioske an, an denen Essen verkauft wurde, und holten uns jeder ein Thunfischsandwich und eine Cola. Mit dem besten Essen der Welt ausgestattet, suchten wir uns eine freie Stelle auf dem Rasen und ließen es uns schmecken.
    Es war eine sonderbare Atmosphäre, die ich in vollen Zügen genoss. Als ich mein Sandwich verdrückt hatte, legte ich mich auf den Rücken, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und schaute in den Himmel, der weiße Wolkenbällchen auf die Spitzen der Hochhäuser zu werfen schien. Blickte man länger an den Wolkenkratzern empor, schien es, als würden sie wanken und ein Eigenleben besitzen.
    »Die wackeln«, stellte ich fest.
    »Stimmt«, grunzte Liz, die wie Gina meinem Beispiel gefolgt war und lang ausgestreckt neben mir lag. »Das tun sie wirklich. An der Spitze schwanken sie mehrere Meter hin und her. Aber das halten sie aus.«
    »Du meinst, man sitzt da oben in seinem Büro und spielt während der Arbeit Schiffschaukel?«, entfuhr es mir ungläubig.
    »Ganz genau. Bei Sturm knirscht das schon mal ganz ordentlich.«
    Ich wusste nicht, ob sie das ernst meinte. Ich jedenfalls wollte nicht in einem knirschenden Büro arbeiten.
    »Je höher, desto mehr schlagen sie aus«, erklärte Liz ungerührt. Ich sagte nichts mehr und überließ mich für eine Weile meinen Tagträumen, in denen ich mich als reiche Wall-Street-Bankerin sah, die mit dem Helikopter zur Arbeit fliegt und abends in ihr Strandhaus auf Long Island zurückdüst.
    Nach einer Weile stieß Liz mich an. »Wollt ihr hier übernachten oder wollt ihr noch was sehen?«
    »Na klar will ich noch was sehen!«, rief Gina.
    Ich stemmte mich auf die Ellbogen und realisierte überrascht, dass sich außer ein paar Touristen kaum noch jemand im Park aufhielt. Die Yuppies waren wieder dabei, income zu machen.
    »Na, dann lasst uns King Kong besuchen!«
    Ich wusste sofort, was Liz meinte. Das Empire State Building ! Ich sprang auf die Füße.
    »Spar deine Energie«, sagte Liz lachend. »Wir müssen nämlich die Treppen nehmen! Der Fahrstuhl ist seit einer Woche kaputt.«
    Ich schaute sie verdattert an. »Echt?«
    »Sind doch nur eintausendfünfhundertsechsundsiebzig Stufen.« Sie blickte Gina und mich abschätzend an. »Für Trish wäre das zu viel des Guten, aber ihr seht recht sportlich aus. Der Rekord liegt übrigens bei knapp zehn Minuten vom Eingang bis zur Aussichtsplattform. Das sind ja nur dreihundertzwanzig Höhenmeter. Jedes Jahr gibt’s hier einen Wettbewerb, wer am schnellsten hochsprintet. Ihr Deutschen seid da übrigens immer weit vorne. Ich glaub, der letzte Sieger hieß Thomas Dold.«
    »Na, sicher nicht Gina Rau«, grummelte ich.
    »Ich warte unten auf euch«, sagte Liz ungerührt. »Ich war gestern schon oben.«
    Wir müssen so verdutzt ausgesehen haben, dass Liz in schallendes Gelächter ausbrach. »Das war ein Scherz, Mensch! Aber Amerikaner hassen Treppen. Lieber warten sie ein Jahr lang, bis der Aufzug wieder geht.«
    Mir fiel ein Stein vom Herzen. Eintausendfünfhundertsechsundsiebzig Stufen wollte ich nun doch nicht nehmen. Mir taten von dem einen Tag in New York schon jetzt die Füße weh. Und Gina ging es nicht besser. Es waren nur sechs Blocks, doch jetzt wurden die Häuser wirklich hoch. Manchmal schüttelte ich unwillkürlich den Kopf. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass diese gewaltigen Massen aus Stein und Stahl nicht von ihrem eigenen Gewicht zerquetscht wurden und in sich zusammenkrachten. Es war nicht nur beeindruckend, es war überwältigend, was diese kleinen Menschen mit ihren oft so beschränkten Hirnen doch zustande bringen konnten.
    Aus der Skyline sticht das Empire State Building heraus. Und zwar vor allem, weil es für mich der Inbegriff Manhattans ist. Es wirkt majestätisch und erhaben. Sein 1930er-Jahre-Stil macht auf mich mehr Eindruck als alle Glas- und Granitpaläste dieser Welt, auch wenn sie weit höher sind. Ich hatte immer davon geträumt, auf dem Empire State Building zu stehen, und jetzt war es gleich so weit. Nur, ich sah es nicht. Wenn man nämlich in Manhattan herumläuft, kann man viele prägnante Gebäude gar nicht sehen, ganz einfach, weil die Häuserschluchten keinen
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