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Glutroter Mond

Glutroter Mond

Titel: Glutroter Mond
Autoren: Narcia Kensing
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schmal und blass, der kleine rote Mund spitzt sich vorwurfsvoll unter einer Stupsnase.
    »Cade, wer sind die? Hast du Gefangene gemacht?« Die Kälte in ihrer Stimme lässt sie mir gleich unsympathisch erscheinen.
    Cade antwortet nicht sofort. Er fährt sich mit den Fingern durch das dichte schwarze Haar, eine Geste, die ich an ihm einst sehr gemocht habe ...
    »Ja, das sind Gefangene.« Mehr sagt er nicht. Sehr einfallsreich scheint er nicht zu sein.
    »Und was machen sie dann hier draußen? Bring sie wieder rein.«
    »Maureen, lass das meine Sorge sein. Geh zurück, ich komme bald nach.«
    Maureen? Aha. Das ist also die Dame, die er mir vorenthalten hat. Nun ja, Geschmack scheint er ja zu haben.
    Plötzlich raschelt es wieder in der Nähe, irgendwo ein paar Yards neben uns. Dasselbe Geräusch, das ich zuvor schon einmal gehört hatte. Zeitgleich wenden wir alle die Köpfe. Dann hatte ich es mir also doch nicht eingebildet.
    Jäh und unvermittelt springt Neal zur Seite und stößt einen gellenden Pfiff aus, als würde er nach jemandem rufen. Ich verstehe nicht, was das zu bedeuten hat. Auch Cade scheint im ersten Moment perplex zu sein, denn er rührt sich nicht.
    Ehe einer von uns reagieren kann, kracht ein ohrenbetäubender Knall durch die Luft. Ich taumele einen Schritt rückwärts und lande auf meinem Hinterteil. Etwa zeitgleich stößt Maureen einen Schrei aus, so jenseitig und unmenschlich, dass mir das Blut in den Adern gefriert.
    Cade springt sie an, und im ersten Moment denke ich, er wolle ihr an die Kehle gehen, doch er zerrt sie nur zu Boden.
    »Bleib unten!«
    Er richtet sich halb auf und stolpert in meine Richtung, doch er beachtet mich gar nicht, sondern geht an mir vorbei. Mit einem gewaltigen Satz, der so schnell ist, dass meine Augen ihn nur verschwommen wahrnehmen können, ist er bei Neal, der gerade dabei ist, sich mit langen Schritten von der Höhle zu entfernen. Cade holt ihn ein, packt ihn an der Schulter und zerrt ihn zurück. Er reißt ihn herum und greift an seine Kehle. Mir bleibt die Luft weg, ich kann nicht mehr atmen. Was geht hier vor sich?
    »Du Bastard hast uns verraten, du hast ihnen gesagt, wo sie uns finden!«, brüllt Cade. Langsam sickert die Bedeutung der Ereignisse in mein Bewusstsein, erst recht, als hinter einer amorphen Gesteinsformation eine Gruppe bewaffneter Männer und Frauen hervorstürmt. Neal wurde also absichtlich von den Obersten zurückgebracht. Er hat die ganze Zeit gewusst, dass sie angreifen würden.
    In dieser einen Sekunde der Erkenntnis bricht meine Welt zusammen. Ich fühle mich von allen betrogen, benutzt, angelogen und verraten. Nichts wird je wieder so sein, wie es einmal war. Nichts.
    Ich habe keine Zeit, mich in meinem Elend zu suhlen, denn erneut gellt ein Schuss. Cade heult auf, lässt von Neals Hals ab und taumelt zurück. Er sammelt seine Kräfte und bewegt sich so schnell, dass der nächste Schuss ins Leere geht. Ich lege mich derweil flach auf den Bauch, presse mich ans staubige Erdreich. Meine Hände sind feucht, meine Beine zittern. Maureen hält hingegen nichts auf ihrem sicheren Platz am Boden. Sie springt auf, Cade entgegen. Sie blutet an der Schulter.
    »Cade!«, kreischt sie derart flehend, dass es mir weh tut - in den Ohren und im Herz.
    Einen Moment lang stehen die beiden Acrai nebeneinander und sehen sich in die Augen. Ich wünsche mir in diesem Moment, die Obersten hätten Maureen tödlich getroffen.
    Von Cades Handgelenk tropft ebenfalls Blut. Sie haben ihn nur an der Hand erwischt. Es sind vier Männer und zwei Frauen. Nur zwei von ihnen halten Pistolen, riesige Dinger, größer, als die von Cade, die er im Auto gelassen hat. Sie zielen auf die beiden Acrai, während Neal unbeteiligt daneben steht. Seine Mundwinkel umspielt ein seltsames Lächeln. Als er mir kurz den Kopf zuwendet, wirft er mir einen entschuldigenden Blick zu. Das Mondlicht erhellt sein Gesicht.
    Die anderen vier Obersten sind ebenfalls nicht unbewaffnet. Einer hält ein riesiges Messer, dessen Klinge länger ist als mein Unterarm. Kleine Blitze zucken über das Metall, als stünde es unter Strom. Die anderen drei sind mit Schlagstöcken und den Wasserwerfern bewaffnet, die sie bei ihrem letzten Überfall schon benutzt haben. Der erste feuert einen kräftigen Strahl in Cades Richtung, aber dieser dreht sich blitzschnell um die eigene Achse und wird nicht getroffen. Maureen hingegen erwischt er mit voller Breitseite. Sie kreischt erneut und wirft sich auf den
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